efms Migration Report
Januar 2005 | | | | |
EU: Informelles Treffen
der Innen- und Justizminister zum "Haager Programm"
Die
EU-Innen- und Justizminister trafen sich vom 29. bis 30.01.05 zu einem zweitägigen
informellen Treffen in Luxemburg, um die im "Haager Programm"
umrissenen Vorhaben für die gemeinsame Innen- und Rechtspolitik der kommenden
fünf Jahre zu erörtern. Dabei wurde auch die "externe
Dimension" einer europäischen Asyl- und Zuwanderungspolitik thematisiert.
Die Minister einigten sich auf eine Stärkung des Schutzes für Flüchtlinge
in den Herkunftsregionen und in den Transitländern sowie auf Vorschlag des
UN-Flüchtlingskommissars Ruud Lubbers auf ein "Resettlement-Programm", d.h. eine Umsiedlung einer begrenzten Zahl von
anerkannten Flüchtlingen in Länder der Europäischen Union. Bis zum Juli
dieses Jahres soll die EU-Kommission Vorschläge zu einem Pilotprojekt für
regionale Schutzprogramme vorlegen. taz 27.01.05 //
Tagesschau.de 29.01.05 // FAZ 31.01.05 // SZ 31.01.05 // NN 31.01.05
Deutscher Bundestag: Erste Lesung des
Entwurfs für ein Antidiskriminierungsgesetz
Bei der ersten Lesung des Entwurfs der Regierungskoalition für ein
Antidiskriminierungsgesetz (ADG) am 21.01.05 ist es im Deutschen Bundestag zu heftigen
Kontroversen zwischen Koalition und Opposition gekommen. Ziel des Gesetzes ist es, "Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen
Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters
oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen" (§1 ADG)
und sowohl arbeits- als auch zivilrechtliche Aspekte zu regeln. Laut rot-grüner
Regierungskoalition sind Diskriminierungen in der Arbeitswelt, auf dem Wohnungsmarkt
und in anderen zivilrechtlichen Bereichen für Migrantinnen und Migranten noch
immer Alltagserfahrungen. Zudem ist die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle des
Bundes vorgesehen. Mit dem Gesetzentwurf des ADG setzt die Bundesregierung
EU-Richtlinien um und geht in einigen Punkten über die darin enthaltenen
Mindeststandards hinaus. Umstritten sind vor allem der Umfang der Merkmale von
Diskriminierung und die Beweislast bei juristischen Verfahren. Opposition wie auch
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt kritisieren das ADG als Angriff auf die
Privatautonomie und überflüssigen Eingriff in das Arbeitsrecht. Die
Regierungskoalition wie auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnen das
Gesetz dagegen als wichtigen Schritt zu einer "Kultur der Gleichbehandlung"
und erwarten keine Prozesswelle. taz 19.01.05 //
FR 19.01.05 // Interkultureller Rat Pressemitteilung 20.01.05 // Integrationsbeauftragte der
Bundesregierung Pressemitteilung 21.01.05 // Welt 22.01.05 // www.heute.de
23.01.05
Parlamentarischer Untersuchungsausschuss "Sicherheitsrisiko
Visapolitik"
Der
parlamentarische Untersuchungsausschuss "Sicherheitsrisiko Visapolitik" hat
am 20.01.05 in Berlin seine Arbeit aufgenommen. Die Union wirft
Bundesaußenminister Joschka Fischer vor, das von ihm geleitete Auswärtige
Amt (AA) habe trotz der Warnungen von Bundeskriminalamt, Bundesnachrichtendienst und
Bundesgrenzschutz hunderttausendfachen Visa-Missbrauch ermöglicht.
Gemäß dem sog. Volmer-Erlass sollten die Botschaften im Zweifel für die
Reisefreiheit entscheiden. SZ 15.01.05 //
Die Welt 17.01.05 // BZ 19.01.05 // FAZ 21.01.05 // SZ 29.01.05
Innenministerkonferenz:
Übergangsregel für jüdische Zuwanderer
Die Innenministerkonferenz hat am 29.12.04 mit Wirkung zum
01.01.05 eine Übergangsregelung für jüdische Zuwanderer aus den
Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion beschlossen. Der Beschluss sieht "zur Klärung der Rechtslage" eine vorbehaltlose Aufnahme
jüdischer Auswanderer nur noch dann vor, wenn diese bereits eine Zusage eines
Bundeslandes vorweisen können. SZ 05.01.05 // BMI Pressemitteilung 07.01.05
Zuwanderungsgesetz:
Integrationskurse
Das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg (BAMF) geht
für 2005 von 194.000 potentiellen Teilnehmern für Integrationskurse aus.
56.000 davon sind bereits in Deutschland lebende Ausländer, die anderen 138.000
einreisende Ausländer und Aussiedler. Rund 1.500 Bildungsträger, die Kurse
durchführen wollen, seien bisher gemeldet. Aus deren Reihen kommt Kritik an einem "Mehr an Bürokratie" und am Verzicht auf die gewohnte
Sozialberatung bei den Integrationskursen. Diese war von den Trägern bei den
Anhörungen zum Gesetz vergeblich gefordert worden. Der Deutsche
Volkshochschulverband (DVV) befürchtet, 60% der Teilnehmer würden
möglicherweise den Abschluss der Kurse nicht schaffen. In Berlin fehlen derzeit
270.000 Euro für den Deutschunterricht. Die Nachfrage der länger in Berlin
lebenden Migranten liegt dagegen 30% über dem Angebot. Welt am Sonntag 16.1.05 // Tagblatt 21.01.05 // Tagesspiegel 30.01.05
Ausbürgerungen bei doppelter Staatsbürgerschaft
Im Falle des Besitzes einer doppelten Staatsbürgerschaft kann
die deutsche Staatsangehörigkeit auch gegen den Willen des Betroffenen wieder
entzogen werden, wenn dieser dadurch nicht staatenlos wird. Diese Praxis wurde nach
Angaben des Frankfurter Ausländerrechtlers Reinhard Marx im vergangenen Jahr
allein in Hessen in "mindestens fünf Fällen" angewandt. Grund
für die Ausbürgerungen war der Vorwurf, die Neubürger hätten
ihre Zugehörigkeit zu Organisationen mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen
verschwiegen und sich die Einbürgerung daher mit falschen Angaben "erschlichen". Außerdem verlieren in Deutschland eingebürgerte
Türken, die heimlich wieder die türkische Staatsbürgerschaft erwerben,
automatisch wieder die deutsche. Darauf verweist die Bundesregierung und verteidigt sich so
gegen die in einem Antrag (15/4496) der CDU/CSU geäußerte Kritik, wonach
40.000 bis 50.000 türkische Bürger in Deutschland unter Mithilfe der
türkischen Behörden eine "rechtsmissbräuchliche"
doppelte Staatsangehörigkeit erlangt hätten. Nach Angaben der
parlamentarischen Innenstaatssekretärin Ute Vogt (SPD) wurde diese Praxis
mittlerweile durch ein Übereinkommen mit der Türkei
eingestellt. taz 04.01.05 // Der Spiegel
10.01.05 // Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen Pressemitteilung 14.01.05 // Das
Parlament 18.01.05 // SZ 22.01.05
Empfehlung des Bundesinnenministeriums für einen
dreimonatigen Abschiebestopp in die Flutkatastrophengebiete Asiens
Am 19.01.05 empfahl Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) den
Innenministern der Länder in einem Rundschreiben einen dreimonatigen
Abschiebestopp in die Flutkatastrophengebiete. Dies entspräche einer Anregung des
UNHCR und der Haltung anderer europäischer Staaten. Im Widerspruch dazu hatte das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch am 05.01.05 einem in
Bremen lebenden 35-jährigen Tamilen aus Sri Lanka mitgeteilt, ein Anspruch auf
Abschiebeschutz bestehe nur, wenn er sonst "gleichsam sehenden Auges dem
sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde". Dies sei
in Sri Lanka aber nicht der Fall, da sich die Flutfolgen "auf die Küstengebiete
im Norden, Osten und Süden Sri Lankas beschränkten" und er auf
andere Gebiete ausweichen könne. FR 13.01.05 // BMI Pressemitteilung 19.01.05 // Die Welt
21.01.05
Widerruf
der Asylanerkennung oder des sicheren Aufenthaltsstatus für
Iraner
Wie die Internationale Liga für
Menschenrechte am 26.01.05 in Berlin berichtete, hat das Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge (BAMF) in den vergangenen Monaten in über 30 Fällen
die Asylanerkennung oder den sicheren Aufenthaltsstatus für Iraner widerrufen. Die
Betroffenen hätten bei der Einreise angegeben, der Widerstandsgruppe der
Volksmujahedin ("Mujahedin-e-Khalq" - MEK) anzugehören.
Anlass sei die Eintragung der MEK in die EU-Liste terroristischer Gruppen im Jahr 2002. Die
Internationale Liga für Menschenrechte vermutet als Grund einen "skandalösen politischen Kuhhandel" zwischen EU-Ländern und
Iran in der Atomfrage. Pressemitteilung Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen 14.01.05 // BZ 26.01.05 //
FR 27.01.05
Härteres Vorgehen deutscher Behörden gegen
extremistische Ausländer
Auf
Grundlage des neuen Zuwanderungsgesetzes deutet sich ein härteres Vorgehen
deutscher Behörden gegen extremistische Ausländer an. Bei einer bundesweiten
Großrazzia am 12.01.05 wurden 22 mutmaßliche Islamisten, darunter fünf
Frauen, festgenommen. Unter Leitung des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA)
durchsuchten fast 800 Polizisten und drei Staatsanwälte 57 Moscheen und Wohnungen
vor allem in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, aber auch in Bayern,
Hessen und Berlin. Die Mitglieder eines "islamistisch-extremistischen
Netzwerkes" stehen in Verdacht, eine kriminelle Vereinigung gebildet und vom
Raum Ulm/Neu-Ulm aus Schleusungen und Vermögensdelikte wie Betrügereien
begangen sowie volksverhetzendes Gedankengut verbreitet und Personen für den "Heiligen Krieg" angeworben zu haben. Am 22.01.05 nahm die
Nürnberger Polizei den in der Türkei als Terroristen gesuchten Vizechef der
verbotenen Kurdenorganisation PKK-Kongragel, Remzi Kartal, fest. Am 23.01.05 wurden
zwei mutmaßliche Al-Qaida-Mitglieder in Mainz verhaftet. Ihnen wird die Planung
eines Versicherungsbetrugs sowie eines Selbstmordattentats im Irak vorgeworfen. Der Iraker
Ibrahim K. gilt derzeit als gefährlichster Al-Quaida-Aktivist
Deutschlands. taz 03.01.05 // Die Welt 05.01.05 //
NN 12.01.05 // Die Welt 13.01.05 // FAZ 13.01.05 // BZ 13.01.05 // SZ 14.01.05 // FR
24.01.05 // SZ 25.01.05 // NN 25.01.05 // welt.de 25.01.05 // Der Spiegel
31.01.05
Spitzengespräch zwischen EKD und
Muslimverbänden
Spitzenvertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und muslemischer
Verbände trafen sich am 11.01.05 zu einem zweistündigen Gespräch in
Berlin. Ziel war der Austausch unterschiedlicher Standpunkte und gegenseitiger Kritik. So
hat der EKD vor allem Fragen zu den Themen der Gleichberechtigung von Mann und Frau,
islamischen Terror und zum Verhältnis von Religion und Staat im Islam. Die
Muslimverbände nehmen dagegen Anstoß an der liberalen Haltung vieler
Protestanten zur Abtreibung, am Umgang mit Homosexualität, der "Säkularisierung" der westlichen Gesellschaft und der Bezeichnung des
Kopftuchs als Symbol der Unterdrückung der Frau. Das erste Treffen dieser Art soll
künftig einmal jährlich stattfinden. NN 11.01.05 // Die Welt 13.01.05
Professur für islamischen
Religionsunterricht an der Universität Erlangen-Nürnberg
Das bayerische Kultusministerium genehmigte die Einrichtung einer
Professur für islamischen Religionsunterricht an der Universität
Erlangen-Nürnberg. Die bundesweit einmalige Stelle ermöglicht etwa 30
Studenten die Ausbildung zum islamischen Religionslehrer für Grund-, Haupt- und
Realschulen. Damit wird die Voraussetzungen für eine Ausweitung des
Religionsunterrichts für Muslime in Bayern, wie sie bereits an einigen Schulen erprobt
wird, geschaffen. NZ 18.01.05 //
SZ 31.01.05
Bayern: Schließung der Ausreiseeinrichtungen für
Asylbewerber in Hormersdorf und Nürnberg
Das bayerische Innenministerium hat überraschend
entschieden, die Ausreiseeinrichtungen für Asylbewerber in Hormersdorf und
Nürnberg zu schließen. In diesen speziellen Unterkünften leben
Asylbewerber, die keine Papiere haben und deren Herkunft unbekannt ist. Sie sollen
künftig in regulären Asylbewerberheimen untergebracht werden, da sie nach
Angaben von Michael Münchow, Sachgebietsleiter für Mittelfranken, "zu viel Aufsehen" erregt hätten. NN 11.01.05 // NN 12.01.05 // NN 21.01.05
BGH-Urteil: Einschränkung des Sorgerechts bei
drohender Beschneidung von Töchtern möglich
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) urteilte am
27.01.05, dass Eltern das Recht auf die Bestimmung des Aufenthalts ihrer Tochter entzogen
werden kann, wenn das Mädchen in ein Land gebracht werden soll, wo ihm
Beschneidung droht. In einem solchen Fall sei ein Eingriff in das Sorgerecht der Eltern
geboten und verhältnismäßig, da die Beschneidung eines Mädchens
eine grausame, folgenschwere und durch nichts zu rechtfertigende Misshandlung darstelle,
die mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbaren sei. FR 28.01.05 // Die Welt 28.01.05
Integrationsbeauftragte Beck: Zuwanderung nach Deutschland nimmt
weiter ab
Wie die Integrationsbeauftragte
der Bundesregierung, Marieluise Beck, bei der Vorstellung der neuesten Migrationsstatistiken
am 17.01.05 in Berlin erklärte, nimmt die Zuwanderung nach Deutschland weiter ab.
2003 lag die Zahl der Zuzüge mit 769.000 erstmals unter 800.000. Dem standen
626.000 Wegzüge von Deutschen und Ausländern gegenüber. Der
rückläufige Trend werde sich fortsetzen, erwartet Beck. 2004 werde der so
genannte Wanderungssaldo schätzungsweise bei 70.000 bis 80.000 liegen. Dies
entspreche 0,1% der Bevölkerung. Damit habe die Zuwanderung den niedrigsten Stand
seit 1991 erreicht. Beck relativierte zudem die Zuzugszahlen, da die in der Statistik
mitgezählten Saisonarbeiter nicht dauerhaft in Deutschland bleiben. 2003 kamen
318.000 Saisonarbeiter (+3,6%) vor allem aus Polen. Die größte Gruppe der
Einwanderer 2003 (167.000) seien Deutsche gewesen. Dazu gehörten
Spätaussiedler, aber auch deutsche Rückwanderer. Insgesamt sei auch die Zahl
der Einwanderer, die dauerhaft in Deutschland bleiben wollten, zurückgegangen. Der
Ausländeranteil bleibt den Angaben nach mit 8,9% trotz dem Rückgang bei der
Zuwanderung konstant. Der Anteil der Ausländer in Deutschland blieb konstant bei
8,9%. Zwei Drittel von ihnen leben schon länger als 10 Jahre hier, ein Fünftel
sogar schon mehr als 30 Jahre. NZZ 19.01.05
// Kölner Stadtanzeiger 18.01.05 // SZ 19.01.05 // FAZ 21.01.05 // Das Parlament
24.01.05
Asylstatistik
Im Januar
haben 2.338 Personen in Deutschland Asyl beantragt. Damit sank die Zahl der Asylbewerber
erneut deutlich, und zwar gegenüber Dezember 2004 um 14,9% (-408 Personen) und
ging gegenüber dem Januar 2004 um 37,9% (-1.429 Personen) zurück. Die
Hauptherkunftsländer im Januar 2005 waren Serbien und Montenegro (357),
Türkei (271) und die Russische Föderation (178) vor Vietnam (109) und Irak
(97). Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat über die
Anträge von 3.437 Personen entschieden, von denen 36 Personen (1,0%) als
asylberechtigt anerkannt wurden. Weitere 117 Personen (3,4%) erhielten Abschiebeschutz
nach §60 Abs.1 des Aufenthaltsgesetzes. Abgelehnt wurden die Anträge von
2.116 Personen (61,6%). Auf sonstige Weise, z.B. durch Verfahrenseinstellung wegen
Rücknahme des Asylantrags, wurden die Anträge der übrigen 1.168
Personen (34,0%) erledigt. Pressemitteilung BMI 10.02.05
Januar 2005 | | | | |
|