efms Migration Report
Juli 2005 | | | | |
EU: Engere
Zusammenarbeit der G-5 bei der Bekämpfung illegaler Einwanderung
Die Innenminister der EU-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien,
Spanien und Italien einigten sich am 05.07.05 in Evian (Frankreich) auf gemeinsam
organisierte Ausweisungen. Wie der französische Innenminister Nicolas Sarkozy
mitteilte, sollen illegale Einwanderer in den 5 Ländern zusammengeführt und
gemeinsame Rückflüge in deren Heimatländern organisiert werden.
"In unsere Länder kommen nur die, die Papiere haben. Die anderen verletzen
unsere Gesetze und werden zurückgeführt", erklärte er. Ein
"schnelles, wirksames und pädagogisches" Vorgehen sei geplant. Auch
beschlossen wurde die Einführung gemeinsamer biometrischer Angaben wie
Fingerabdrücke, um Personalausweise fälschungssicher zu machen sowie die
Einrichtung einer gemeinsamen Grenzpolizei. Drei Wochen später, am 28.7.05,
schoben Frankreich und Großbritannien zusammen 40 illegal eingereiste Afghanen aus
Paris in ihre Heimat ab. Sarkozy kündigte weitere Flüge in Kooperation mit
Spanien und Deutschland an. FTD online 04.07.05 // tagesschau
online 05.07.05 // SZ 06.07.05 // International Harald Tribune 06.07.05 // taz online 07.07.05
// FR 28.07.05
Terroranschläge:
Diskussion über angemessene Gegenwehr in Deutschland
Nach den Anschlägen in London am 07.07.05 und Scharm el Scheich am 19.07.05
ist zwischen den politischen Parteien in Deutschland eine Debatte über die
Notwendigkeit weiterer Sicherheitsmaßnahmen entbrannt. Regierung und Opposition
teilen zwar die Auffassung, dass es zurzeit keine Hinweise für eine erhöhte
Gefahrenlage in Deutschland gäbe. Über die Notwendigkeit politischer
Reaktionen aufgrund der Attentate divergieren die Meinungen zwischen den Parteien
teilweise jedoch erheblich. So stößt die Forderung der Union nach raschen
weiteren Anti-Terror-Gesetzen, einer gemeinsamen Anti-Terror-Datei aller Sicherheitsdienste
und einer flächendeckenden Videoüberwachung wie in England auf Ablehnung
bei SPD, Grünen und der FDP. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) fordert
dagegen mehr Befugnisse für das Bundeskriminalamt (BKA). In einzelnen
Städten wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. So kontrolliert die
Polizei in München verstärkt Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr
"aus so genannten Problemstaaten", die in das
"Gefährder"-Schema (männlich, jung, ausländisch) passen.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, forderte seine
Glaubensbrüder indessen auf, radikale Tendenzen in Moscheen zu melden; die
Bereitschaft mit den Behörden zusammenzuarbeiten sei in den vergangenen Jahren
gewachsen. BZ 08.07.05 // SZ 09.07.05 // Das Parlament 11.07.05
// Die Welt 13.07.05 // BZ 14.07.05 // NN 15.07.05 // Welt am Sonntag 17.07.05 // Spiegel
(online) 25.07.05 // BZ 26.05.05 // NZ 26.07.05 // Rheinische Post online 26.07.05 // SZ
28.07.05
Visa-Untersuchungsausschuss: Befragung des Zeugen Schily
Am 15.07.05 übte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) vor dem
Visa-Untersuchungsausschuss deutliche Kritik am Auswärtigen Amt (AA) und
räumte zugleich Fehler seines eigenen Hauses ein. "Rückblickend ist zu
bedauern, dass sich das Auswärtige Amt von den Warnungen meines Hauses
hinsichtlich der Missverständlichkeit des Volmer-Erlasses nicht beeindrucken hat
lassen", sagte er. Im Innenministerium habe es nur Fehler auf der "untersten
Arbeitsebene" gegeben. Die Welt 16.07.05
Visakontrollen für
Chinesen
Nach den Erfahrungen mit der massenhaften Erschleichung von Deutschland-Visa in der
Ukraine will das Auswärtige Amt ähnlichen Problemen in China durch
schärfere Kontrollen entgegentreten. Seit September 2004 können Chinesen, die
in die EU reisen, über das Reisebüro im Rahmen des ADS-Verfahrens (ADS =
approved destination status) vereinfacht ein Visum bekommen. Schon wenige Monate
später gab es Berichte über die Betrugsanfälligkeit des Systems.
Daraufhin entzogen Vertreter der EU-Staaten einigen der dafür akkreditierten
Reisebüros zeitweise oder dauerhaft die Anerkennung. Seit Februar 2005 werden die
Dokumente in Peking durch einen Bundespolizeispezialisten zusätzlich geprüft.
Anfang Juli traten weitere Kontrollen in Kraft: Ein Drittel der Visumbewerber muss nun
persönlich in einer Botschaft oder einem Konsulat erscheinen, bevor das
Reisedokument ausgestellt werden kann. Zudem übermittelt das Auswärtige
Amt die Namen der eingereisten Chinesen an die Bundespolizei; diese kontrolliert dann, ob
die Besucher auch tatsächlich wieder ausgereist sind. Verfahren Die Welt 15.07.05 // Der Spiegel 18.07.05
Bayern:
Zurückstellung von Migrantenkindern mit Sprachschwierigkeiten
Das bayrische Kabinett beschloss am 12.07.05 einen Sprachtest für
ausländische Kinder eineinhalb Jahre vor der Einschulung. Bei schlechter
"Sprachstandsdiagnose" müssen die Betroffenen im letzten
Kindergartenjahr von September bis Juli einen "Vorkurs" besuchen, der vier
Stunden pro Woche (insgesamt 160 Stunden) Deutschunterricht umfasst. Die bereits im
Herbst 2004 vom Ministerrat beschlossenen 40-stündigen Sprachkurse zwischen
Einschreibung und Schulbeginn werden damit ausgeweitet. Eine "erweiterte
Schulpflicht", wonach die Kinder zum Besuch dieser Kurse verpflichtet werden, auch
wenn sie dann erst ein Jahr später in die Schule kommen, soll ab dem Schuljahr
2006/07 gelten. SPD und Grüne in Bayern wenden sich gegen eine
Zurückstellung von Kindern im schulfähigen Alter; Migrantenkinder sollten
stattdessen beginnend in Kindertagesstätten und später in der Schule individuell
sprachlich besser gefördert werden. Der Präsident des Bayerischen Lehrerinnen-
und Lehrerverbandes (BLLV), Albin Dannhäuser, bemängelt, 160 Stunden
Deutschunterricht reichten nicht aus, damit die Kinder dem Unterricht folgen
könnten. SZ 13.07.05 // BZ 13.07.05 // SZ 14.07.05 // Die
Welt 27.07.05
Fachverbände
fordern Programme für ausländische Studierende
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft, die Gesellschaft der Chemiker, die Gesellschaft
Deutscher Naturforscher und Ärzte und der Verbund biowissenschaftlicher und
biomedizinischer Gesellschaften beanstanden in einer gemeinsamen Erklärung, die
finanzielle Lage vieler Ausländer an den Hochschulen sei "desolat",
Stipendien aus dem Heimatland gebe es kaum und die von deutschen Institutionen
bereitgestellten Mittel reichten nicht aus. Wolle man den Hochschulstandort Deutschland
sichern und weiter ausbauen, bedürfe es eines "umfassenden, streng
leistungsorientierten Stipendiensystems". Nach Angaben des Deutschen
Studentenwerks leben in Deutschland zurzeit etwa 246.000 ausländische Studierende;
rund 40% hätten Probleme ihr Studium zu finanzieren. FR
05.07.05
Bayern: Ausweisung von
Hasspredigern
Im Zusammenhang mit der Ausweisung des Hasspredigers Mohamed E., bis vor kurzem
Imam im Islamischen Zentrum Nürnbergs, erklärte der bayerische Innenminister
Günther Beckstein (CSU), die Abschiebung zeige, dass Bayern konsequent gegen
islamistische Extremisten vorgehe und deren Aufenthalt in Deutschland zügig beende.
Der 51 Jahre alte Ägypter soll als Mitglied der extremistischen Muslimbruderschaft
zum Heiligen Krieg (Dschihad) gegen Ungläubige aufgerufen haben; er wurde am
25.07.05 von München aus in sein Heimatland ausgeflogen. Nach Beckstein war dies
die 14. Aufenthaltsbeendigung unter der Koordination der gemeinsamen Landesarbeitsgruppe
"BIRGiT" (Beschleunigte Identifizierung und Rückführung von
Gefährdern aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus und Extremismus) seit
November 2004. Bislang seien 20 weitere Ausweisungsbescheide ergangen, die islamistische
Extremisten und Hassprediger verpflichten, Deutschland zu verlassen; 19 weitere Bescheide
seien in Vorbereitung. NZ 19.07.05 // Pressemitteilung Bayrisches
Staatsministerium Nr. 329/05 26.07.05 // SZ 27.07.05
Bayern: Kritik an
Abschiebung
Die umstrittene Abschiebung einer sechsköpfigen Familie aus dem Kosovo,
Angehörige der Minderheit der Ashkali, nach Slowenien ist am 01.07.05 im zweiten
Anlauf vollzogen worden; ein erster Versuch scheiterte an der Weigerung des Piloten. Laut
der Bezirksregierung von Mittelfranken kann die Familie ihren Asylantrag in dem
EU-Mitgliedstaat Slowenien weiter verfolgen. Flüchtlingsrat und Kirchenvertreter
hatten zuvor vergeblich versucht, die Abschiebung zu verhindern: Ein Eilantrag vor dem
Petitionsausschuss des bayrischen Landtages scheiterte. Nach Angaben des
Flüchtlingsrates leidet die Frau an posttraumatischen Belastungsstörungen und
habe deshalb bereits zwei Selbstmordversuche unternommen. Der Rat kritisiert die
"unmenschliche" Art und Weise der Abschiebung, bei der der Frau ein Arm
gebrochen worden sei. Innenminister Beckstein müsse solche "Exzesse der
Rücksichtslosigkeit" vermeiden und Rücksicht auf Krankheit und Kinder
nehmen. SZ 01.07.05 // NN 02.07.05 // SZ 04.07.05 // SZ 05.07.05
// NZ 05.07.05 // SZ 27.07.05
EuGH: Stärkung des
Bleiberechts türkischer Arbeitnehmer
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschloss am 07.07.05 in zwei
Grundsatzurteilen, dass türkische Staatsbürger, die ein Aufenthaltrecht auf
Grund des Assoziierungsabkommens der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG) mit der Türkei von 1963 erworben haben, nicht ausgewiesen werden
dürfen, wenn sie straffällig geworden und zu einer Haftstrafe verurteilt wurden.
Ein Ausweisungsbeschluss des Landes Baden-Württemberg wie auch eine von den
österreichischen Behörden ausgesprochene Ausweisung sind damit rechtswidrig
und müssen zurückgenommen werden (Az.C.-373/03 und Az.C.-383/03). Die
beiden betroffenen Männer waren jahrelang in Arbeitsverhältnissen, bevor sie
Straftaten begingen. Der EuGH folgt mit dem Urteil seiner bisherigen Rechtsprechung einer
faktischen Gleichbehandlung türkischer Arbeitnehmer mit Arbeitnehmern aus
EU-Staaten. FR 08.07.05 // EuGH Mitteilung 07.07.05
EuGH: Zugangsregelung
zu österreichischen Universitäten für Ausländer
gemeinschaftsrechtswidrig
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 07.07.05
dürfen österreichische Universitäten von Bewerbern aus dem EU-Ausland
nicht mehr einen Studienplatznachweis ihres Heimatlandes zur Einschreibung in
Österreich verlangen. Die bisher geltende Regelung benachteilige ausländische
gegenüber österreichischen Studierenden und bewirke "eine mittelbare
Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit" (Az.C-147/03).
Die Richter gaben damit einer Klage der EU-Kommission Recht, die das Urteil
begrüßte. Pressemitteilung EuGH 64/05 07.07.05 //
BZ 08.07.05
BVerfG: Nationale
Bestimmungen zum Europäischen Haftbefehl sind nichtig
Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) erklärte das Gesetz
über den Europäischen Haftbefehl am 18.07.05 für nichtig, weil es die
Bestimmungen des Grundgesetzes und der Rechtsweggarantie verletze. Bei Taten "mit
maßgeblichem Inlandsbezug" sei allgemein keine Auslieferung zulässig.
Der Deutsch-Syrer Mamoun Darkazanli, dessen Auslieferung Spanien wegen Verdachts der
Unterstützung des Terrornetzwerks al-Qaida verlangt hatte, kam nach seiner
erfolgreichen Beschwerde frei. Generell darf dem Urteil zufolge der Rechtsweg bei der
behördlichen Bewilligung einer Auslieferung nicht mehr ausgeschlossen sein. Ferner
gehe es nicht an, dass wichtige Auslieferungsunterlagen vom ersuchten Staat nur mitgeliefert
werden "sollen". Dies sei ein Muss (Az: 2 BvR 2236/04). Die EU-Kommission
fordert nun von Deutschland bald möglichst ein neues Gesetz zur nationalen
Umsetzung des Rahmenbeschlusses vom Juni 2002. BVerfG
Pressemitteilung Nr.64/2005 18.07.05 // NZ 19.07.05 // SZ 19.07.05 // SZ
20.07.05
BGH: NS-Parolen
ähnelnde Sprüche sind nicht strafbar
Die Verwendung der in rechtsextremen Kreisen verbreiteten Parole "Ruhm und
Ehre der Waffen-SS" ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom
28.07.05 nicht strafbar. Die Parole sei ein Fantasieprodukt, das mit den Originalparolen von
NS-Organisationen nicht verwechselt werden könne, begründete der Dritte
Strafsenat sein Urteil (Az.: 3 StR 60/05). "Das Ergebnis mag man als misslich
empfinden", sagte der Vorsitzende Richter des Senats, Klaus Tolksdorf. "Aber
Missbehagen und das nachvollziehbare Bedürfnis nach Strafbarkeit können zu
keiner anderen Auslegung der Gesetze führen". Der Senat sprach damit drei
Männer der in Karlsruhe seit 1993 agierenden rechtsextremen Gruppe
"Karlsruher Kameradschaft" frei, die vom Landgericht Karlsruhe wegen der
Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu
Bewährungsstrafen und Geldstrafen verurteilt worden waren. Pressemitteilung BGH Nr.111/2005 28.07.05 // Die Welt 29.07.05
Asylstatistik
Im Juli 2005 haben 2.150 Personen in Deutschland Asyl beantragt. Damit sank die Zahl
der Asylbewerber gegenüber Juni um 6,0% (-137 Personen) und ging gegenüber
dem Vorjahresmonat Juli 2004 um 26% (-757 Personen) zurück. Die
Hauptherkunftsländer im Juli waren Serbien und Montenegro (443), Türkei
(228) und Irak (148) vor der Russischen Föderation (102) und Vietnam (102). Das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat über die Anträge von
3.884 Personen entschieden, von denen 34 Personen (0,9%) als asylberechtigt anerkannt
wurden. Weitere 166 Personen (4,3%) erhielten Abschiebeschutz nach §60 Abs.1 des
Aufenthaltsgesetzes. Abgelehnt wurden die Anträge von 2.331 Personen (60,0%). Auf
sonstige Weise, z.B. durch Verfahrenseinstellung wegen Rücknahme des Asylantrags,
wurden die Anträge der übrigen 1.353 Personen (34,8%) erledigt. Pressemitteilung BMI 11.08.05
Juli
2005 | | | | |
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