efms Migration Report
Oktober 2003 | | | | |
EU- Innenminister diskutieren Vorschläge zur EU-weiten Einwanderungsquotierung
Bei einem
informellen Treffen der EU-Innenminister in Rom standen Möglichkeiten der
Bekämpfung illegaler Einwanderung nach Europa im Mittelpunkt der Diskussion. Der italienische Innenminister Giuseppe Pisanu plädierte dafür, die
Herkunftsländer von Flüchtlingen durch Angebote von legaler Einwanderung zu
einer verstärkten Bekämpfung illegaler Migration zu bewegen; dazu sollten mit
den Herkunftsländer entsprechen Quotenregelungen ausgehandelt werden. Die
EU-Innenminister verständigten sich darauf, die EU-Kommission mit der Erarbeitung
einer Studie über mögliche Auswirkungen eines solchen Quotensystems zu
beauftragen; die Studie soll bis Mai 2004 fertig gestellt sein Auch der für Innenpolitik
und Justiz zuständige EU-Kommissar Antonio Vitorino und der
Kommissionspräsident Romano Prodi unterstützen eine solche Quotenregelung, da
diese bei den Verhandlungen mit den Herkunftsländer über die Bekämpfung
der illegalen Migration hilfreich sein könnte, so Vitorino. Bundesinnenminister Otto
Schily (SPD) wie auch der italienische Innenminister betonten jedoch, dass jedes
EU-Mitgliedsland auch zukünftig selbst bestimmen können muss, wie viele
Einwanderer aufgenommen werden. Quotenvereinbarungen können nach den Worten
Schilys daher nur Obergrenzen darstelle. Der italienische Ministerpräsident und
derzeitige EU-Ratspräsident Silvio Berlusconi, sprach sich unterdessen in einer Rede vor
dem Europaparlament dafür aus, einerseits die Bekämpfung illegaler Migration
durch eine verstärkte europäische Zusammenarbeit bei den Grenzkontrollen zu
intensivieren, andererseits die Möglichkeiten der legalen Zuwanderung durch
Einwanderungsquoten zu verbessern.
FR 13.09.03 // 02.10.03 // dpa 22.10.03 // NZZ 23.10.03 // SZ 23.10.03 //
Handelsblatt 24.10.03
EU-Innenminister wollen
Asylverfahren mit einheitlicher Liste "sicherer Herkunftsländer"
beschleunigen
Die EU-Innenminister haben sich bei ihrem offiziellen Treffen in
Brüssel darauf verständigt, die Europäische Kommission mit der
Erarbeitung einer Liste mit so genannten "sicheren Herkunftsländern" zu
beauftragen, mit deren Hilfe Asylverfahren beschleunigt werden sollen. Zwar könnte
über die Asylgesuche von Personen aus diesen als sicher eingestuften Ländern
schneller entschieden werden, zugleich betonte der italienische Innenminister Giuseppe Pisanu,
dass auch zukünftig jeder Asylantrag individuell bearbeitet werden soll. Bei dieser
EU-weit gültigen Liste soll es sich um eine "Mindestliste" handeln, die von
den einzelnen Mitgliedsstaaten in nationaler Verantwortung noch erweitert werden
können. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) begrüßte die
Einführung eines solchen Konzepts in die europäische Asylpolitik. Derzeit
verwenden neben Deutschland bereits Großbritannien, Finnland und Dänemark
entsprechende Länderlisten. Ohne Einigung endete die Diskussion der
EU-Innenminister über die Einführung einer EU-weit einheitlichen Liste von
sicheren Drittstaaten, in die Asylbewerber zurückgeschickt werden können.
Insbesondere Schweden und Finnland äußerten Bedenken, dass Flüchtlinge
so in Transitländer abgeschoben werden könnten, in denen ihnen kein
angemessenes Asylverfahren bevorstehen und eine weitere Abschiebung in das Herkunftsland
drohen würde. Ähnliche Befürchtungen äußerten auch das
Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und der europäische
Dachverband von 78 Flüchtlingsorganisationen, ECRE.
dpa 01.10.03 // FAZ 02.10.03 // FR online 04.10.03 // taz
05.10.03
Erste Verhandlungen im
Vermittlungsausschuss zum Zuwanderungsgesetz
Die 20-köpfige
Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses, die unter dem Vorsitz des saarländischen
Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) bis Ende des Jahres
Kompromissmöglichkeiten im Streit um ein zukünftiges Zuwanderungsgesetz
ausarbeiten soll, hat in ihrer ersten Verhandlungsrunde über besonders strittigen Themen
wie die humanitäre Flüchtlingspolitik und Abschieberegelungen diskutiert.
Im Vorfeld der Verhandlungen unterstrich Müller erneut die Position der
Unionsparteien: Humanitäre Zuwanderung müsse demnach strikt auf den
Anwendungsbereich der Genfer Flüchtlingskonvention begrenzt sein. Außerdem
dürften Härtefallregelungen keine weiteren Zuwanderungsanreize schaffen und den
Vollzug des Ausländerrechts nicht beeinträchtigen; diesen Anforderungen
genügten die aktuellen Regelungen nicht, so der bayerische Innenminister Günther
Beckstein (CSU). Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck
(Grüne) appellierte unterdessen an die Mitglieder des Vermittlungsausschusses,
Bleiberechtsregelungen für die etwa 220.000 geduldeten Ausländer in Deutschland
zu schaffen. Auch die Ausländer- und Integrationsbeauftragten der Länder
sprachen sich auf ihrer Herbstkonferenz in Stuttgart in einem Mehrheitsbeschluss dafür
aus, dass jahrelange Duldung zu einem sicheren Aufenthaltsstaus führen solle, sofern bei
den betroffenen Personen eine Eingliederung in die Gesellschaft möglich erscheine.
Konkrete Verhandlungsergebnisse der Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses wurden
zunächst nicht bekannt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der
Grünen, Volker Beck, nannte die Gespräche "sehr schwierig"; die
Vertreter der Regierungsparteien und der Opposition lägen "sehr weit
auseinander". Wenngleich alle Mitglieder der Arbeitsgruppe die sachliche
Atmosphäre der Verhandlungen lobten, herrscht doch weiterhin Skepsis über die
Aussichten auf eine Einigung zwischen Koalition, FDP und den Unionsparteien.
dpa 10.10.03 // dpa 24.10.03 // Stuttgarter Zeitung 24.10.03 // SZ 24.10.03
// Welt 24.10.03 // FR 25.10.03 // FAZ 27.10.03 // Welt 27.10.03
Keine bundeseinheitliche
Regelung zum Streit um Kopftuch muslimischer Lehrerinnen
In der Frage, ob
muslimische Lehrerinnen im Schulunterricht ein Kopftuch tragen dürfen, zeichnen sich
nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im September keine bundeseinheitliche
Regelung ab. Weder auf der Kulturministerkonferenz (KMK) in Darmstadt noch auf der
Herbstkonferenz der Ausländer- und Integrationsbeauftragten der Länder in
Stuttgart konnten man sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen. So
kündigten die unionsregierten Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen,
Niedersachsen und das Saarland ebenso wie die SPD-regierten Länder Berlin und
Brandenburg entsprechende Gesetzesänderungen an. Die baden-württembergische
Kultusministerin Annette Schavan (CDU) legte bereits eine Novelle des Schulgesetzes zum
Kopftuchverbot vor und begründete diesen Schritt damit, dass das Kopftuch nicht nur
religiöses Symbol der Muslime sei, sondern auch ein "politisches Zeichen und
Symbol kultureller Abgrenzung". In Hessen kündigte der CDU-Fraktionschef Franz
Josef Jung ferner landesrechtliche Regelungen an, wonach das Kopftuchverbot für
Musliminnen auf den gesamten öffentlichen Dienst ausgeweitet werden soll.
Ähnliches wird auch im Saarland und in Berlin diskutiert. Die anderen
Bundesländer sehen - abgesehen von Bremen, wo man sich noch nicht über das
weitere Vorgehen verständigt hat - aktuell keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf
beim Streit um das Kopftuch muslimischer Lehrerinnen. So zeigte sich die
rheinlandpfälzische Kultusministerin Doris Ahnen (SPD) davon überzeugt, dass
für die Einhaltung des Neutralitätsgebots des Lehrpersonals an öffentlichen
Schulen die bereits bestehenden Interventionsmöglichkeiten, etwa in Form des
Disziplinarverfahrens, ausreichten. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung,
Marieluise Beck (Grüne) sprach sich gegen ein gesetzliches Kopftuchverbot im
Unterricht aus. Neben der uneinheitlichen Haltung zum Kopftuchverbot besteht auch
in der Frage, wie man mit anderen religiösen Symbolen in Schulen umgehen soll, keine
einheitliche Linie zwischen den Bundesländern. Während Berlin und Bremen die
Trennung von Staat und Religion durch ein Verbot aller auffälligen religiösen
Symbole in der Schule, intensivieren wollen, sprachen sich andere Bundesländer, wie
etwa Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen, gegen eine gesetzliche
Gleichbehandlung von christlichen und islamischen Symbolen aus. Schavan betonte, dass die
"äußere Bekundung christlicher (...) Kulturwerte" dem
Erziehungsauftrag der badenwürttembergischen Landesverfassung entspreche.
Spiegel online 03.10.03 // FAZ 05.10.03 // KMK-Pressemitteilung
10.10.03 // SZ 13.10.03 // dpa 16.10.03 // FR 16.10.03 // Spiegel 20.10.03 // Stuttgarter Zeitung
24.10.03 // FR 29.10.03
Niedersachsen strebt konsequentere Abschiebepraxis an
Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hat angekündigt, Abschiebungen von ausreisepflichten Ausländern in Zukunft konsequenter vollziehen zu lassen. Dazu soll in Niedersachsen ein Erlass gestrichen werden, der die Behörden seit 1995 verpflichtet, betroffene Ausländer über eine bevorstehende Abschiebung zu informieren. Da aber diese Informationen nach den Worten Schünemanns oft genutzt würden, um vor dem Abschiebetermin in die Illegalität abzutauchen oder ein ärztliches Attest über ein krankheitsbedingtes Abschiebehindernis beizubringen, sollen zukünftig Abschiebungen wieder ohne Vorankündigung durchgeführt werden können.
Außerdem will der niedersächsische Innenminister bei der bevorstehenden Innenministerkonferenz der Länder erreichen, dass ausreisepflichtige Ausländer, die ihre Abschiebung durch Protest oder körperlichen Widerstand verzögern, nach der Abschiebung mit einem unbefristeten Wiedereinreiseverbot belegt werden. Darüber hinaus unterstützt Niedersachsen eine Gesetzesinitiative aus Bayern, wonach “demonstrative Aktionen Dritter gegen Flugabschiebungen” (z.B. durch Flüchtlingsorganisationen) als Straftatbestand im Ausländergesetz verankert werden soll.
Vertreter von SPD und den Grünen im niedersächsischen Landtag lehnten die Pläne Schünemanns ebenso ab wie der niedersächsische Flüchtlingsrat.
dpa 27.10.03 // FR 28.10.03 // taz 28.10.03
Asylstatistik
Im
Oktober 2003 haben 4.343 Personen in Deutschland Asyl beantragt. Damit registrierte das
Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ein
Rückgang der Asylgesuche von 1,7 % (- 75 Personen) gegenüber dem Vormonat
und von 33,9 % (-2.225 Personen) gegenüber Oktober letzten Jahres. In den ersten zehn
Monaten dieses Jahres haben damit 43.331 Menschen in Deutschland einen Asylantrag gestellt;
im Vergleichszeitraum des Vorjahres lag die Zahl bei noch 60.808. Die
Hauptherkunftsländer im Oktober 2003 waren die Türkei (555), Serbien und
Montenegro (467) und die Russische Föderation (318), gefolgt von Vietnam (187) und
Iran (186). Das Bundesamt hat im vergangenen Monat über die Anträge
von 7.356 Personen entschieden, von denen 127 (1,7 %) als Asylberechtigte anerkannt wurden;
weitere 83 Personen (1,1 %) erhielten Abschiebeschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG.
Abgelehnt wurden die Anträge von 5.000 Personen ( 68,0 %), von denen bei 116
Abschiebehindernisse im Sinne von § 53 AuslG festgestellt wurden. Die Anträge
der übrigen 2.146 Personen (29,2 %) wurden auf sonstige Weise erledigt.
Pressemitteilung BMI 06.11.03
Oktober
2003 | | |
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