efms Migration Report
Dezember 2003 | | | | |
Vermittlungsausschuss: Verhandlungen zum Zuwanderungsgesetz auf Januar 2004 vertagt Die vom Vermittlungsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe zur Kompromissfindung im Streit um das geplante Zuwanderungsgesetz hat ihre Gespräche auf Mitte Januar 2004 vertagt. Bis dahin sollen von Vertretern der Innenministerien von Bund und Ländern konkrete Gesetzentwürfe formuliert werden, die auch Alternativklauseln enthalten sollen. Sofern diese vorgelegten Gesetzesvorschläge von der 20-köpfigen Arbeitsgruppe als mögliche Basis für eine parteiübergreifende Einigung eingestuft werden, sollen die Konsensgespräche von einem verkleinerten Verhandlungsausschuss, bestehend aus nur noch je drei Vertretern der rot-grünen Koalition und der Unionsparteien sowie einem FDP-Vertreter, weitergeführt werden. Auf dieses weitere Vorgehen verständigte sich die Arbeitsgruppe, nachdem sie erstmals sämtliche strittige Punkte - Arbeitsmigration, humanitärer Flüchtlingsschutz und Integration - beraten und mögliche Kompromisschancen diskutiert hatte. Die größten Differenzen zwischen den Regierungsparteien und der Union bestehen weiterhin im Bereich der Arbeitsmigration, wobei sich der Streit insbesondere um die von Rot-Grün geplante Aufhebung des Anwerbestopps und die Zuwanderung von Arbeitskräften aus Drittstaaten nach einem Punktesystem ohne Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzes dreht. Annäherung zeichnete sich hingegen in Fragen der Beschränkung des Spätaussiedlerzuzugs und bei der Diskussion über das Nachzugsalter von Kindern ab. Auch beim humanitären Flüchtlingsschutz sind nach den Worten des Vize-Fraktionsvorsitzende der Union, Wolfgang Bosbach (CDU), Einigungschancen erkennbar. Insbesondere Vertreter der Grünen fordern in diesem Zusammenhang, dass auch Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten sollen. Die Unionsparteien akzeptieren zwar die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention, verwahren sich aber gegen jede Ausweitung des Flüchtlingsschutzes. Bosbach betonte, es gebe in Deutschland "keine Schutzlücken" im Bereich nichtstaatlicher Verfolgung, räumte jedoch bestehende "Statuslücken" bei solchen Flüchtlinge ein, denen kein Asylstatus zuerkannt wird, die aber "auf absehbare Zeit" nicht in ihr Heimatland zurückgeführt werden können. Ähnlich signalisierte auch der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU), ebenfalls Mitglieder der Arbeitsgruppe, Entgegenkommen in Fragen der sog. Kettenduldung von Flüchtlingen, für die Abschiebehindernisse vorliegen. Wenn eine Rückführung auf längere Sicht nicht in Frage kommt, sollten diese Personen nach ein bis zwei Jahren einen verbesserten Status erhalten, so Beckstein. Zu den Chancen auf eine Einigung im Zuwanderungsstreit im Verlauf der weiteren Verhandlungen ab Mitte Januar 2004 meinte Wolfgang Bosbach, der Verhandlungsstand sei so, dass "weitere Gespräche Sinn machen". Nach Angaben des innenpolitischen Sprechers der SPD, Dieter Wiefelspütz, habe man in allen wichtigen Punkten sowohl Annäherung also auch unterschiedliche Positionen feststellen können, insgesamt sei er "vorsichtig zuversichtlich". Auch der Innenexperte der FDP, Max Stadler, hält eine Einigung in allen strittigen Punkten für möglich. Besonders optimistisch äußerte sich Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) im Rahmen der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, indem er Bundesamtschef Albert Schmid "berechtigte Hoffnungen" auf eine Einigung im Zuwanderungsstreit im Laufe des Jahres 2004 machte. Weniger zuversichtlich zeigte sich hingegen der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, der den Ausgang der Verhandlungen als "weiterhin völlig offen" bezeichnete.
FTD 05.12.03 // SZ 05.12.03 // Welt 05.12.03 // FAZ 06.12.03 // FR 06.12.03 // Hamburger Abendblatt 06.12.03 // SZ 06.12.03 // FTD 08.12.03 // NZ 17.12.03
Diskussion um gesetzliches Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen hält an Während sich in Baden-Württemberg und Bayern die Entwürfe zum gesetzlichen Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen bereits im Gesetzgebungsverfahren befinden, haben führende Politiker aller Parteien im Kopftuchstreit Stellung bezogen. So sprach sich die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, Marieluise Beck (Grüne), zusammen mit rund 70 Frauen aus Politik, Kultur und Wissenschaft mit dem Aufruf "Religiöse Vielfalt statt Zwangsemanzipation" gegen ein gesetzliches Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen aus. Zu den Unterzeichnerinnen zählen u.a. die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU), die ehemalige Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU), die Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) und die Bundestagsabgeordnete Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). In dem gemeinsamen Appell heißt es, ein Kopftuchverbot würde viele Muslime in ihrer Einschätzung bestärken, sie seien gesellschaftlich ausgegrenzt; undemokratische islamistische Organisationen wüssten dies für ihre Interessen auszunutzen. Für ein gesetzliches Kopftuchverbot plädierte hingegen die Vizepräsidentin des Deutschen Bundes-tages, Antje Vollmer (Grüne). Das Kopftuch sei ein politisches Symbol der islamistischen Bewegung, so Vollmer; eine solche "politische Demonstration" habe an deutschen Schulen nichts zu suchen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprach sich für ein Kopftuchverbot für alle Personen aus, die "im staatlichen Auftrag" arbeiten. Gleichzeitig wandten sich sowohl Vollmer wie auch Schröder gegen ein gesetzliches Verbot von Kopftüchern für muslimische Schülerinnen, wie es derzeit in Frankreich vorbereitet wird. Auch Bundespräsident Johannes Rau hat sich im Kopftuchstreit zu Wort gemeldet. Dabei plädierte er für die "Gleichbehandlung aller Religion": Wenn das Kopftuch als "Glaubensbekenntnis" betrachtet werde, dann müssten dafür die gleichen Regelungen gelten wie für christliche Symbole. Heftig kritisiert wurden Raus Äußerungen von Vertretern der Unionsparteien und der katholischen Kirche. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) bezeichnete - ähnlich wie der Vizepräsident des EU-Parlaments, Ingo Friedrich (CSU), und der Vorsitzende der CDU-Wertekommission, Christoph Böhr (CDU) - das Kopftuch als politisches Symbol; außerdem, so Stoiber, dürfe Rau "unsere eigene Identität als christlich geprägtes Land" nicht in Frage stellen. Auch die Kardinäle Friedrich Wetter und Joseph Ratzinger kritisierten Raus Äußerungen: Während sich Ratzinger dabei in erster Linie gegen eine Verbannung christlicher Symbole aus der Öffentlichkeit aussprach, nannte Wetter das Kopftuch eine "militante Kampfansage" gegen die Werte der deutschen Verfassung.
taz 02.12.03 // Welt 02.12.03 // Spiegel online 19.12.03 // Interview Bundeskanzler (Bild am Sonntag) 21.12.03 // Welt 22.12.03 // taz 29.12.03 // FR 30.12.03 // SZ / sueddeutsche.de 30.12.03 // FR 31.12.03 // FR 02.01.04
Oberverwaltungsgericht in Münster hält Abschiebeverbot Kaplans für klärungsbedürftig Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat zwei Entscheidungen im Fall des Islamistenführers Metin Kaplan verkündet. Zum einen lehnte der 8. OVG-Strafsenat die Berufung Kaplans gegen den Widerruf von dessen Asylanerkennung ab und bestätigte damit das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln. In der Begründung heißt es, Kaplan stelle eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands dar und sei rechtskräftig zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt worden; an eine solche Verurteilung knüpfe sich automatisch eine Asylaberkennung. Des Weiteren hat der Strafsenat des OVG in Münster die Berufung der Bundesregierung gegen das erstinstanzliche Abschiebeverbot, das das Kölner Verwaltungsgericht Ende August 2003 ausgesprochen hatte, zugelassen. Das Kölner Gericht hatte damals die Abschiebung Kaplans in die Türkei mit der Begründung untersagt, dem Islamistenführer drohe dort ein nicht rechtsstaatlicher Strafprozess, in dem belastende Aussagen gegen Kaplan verwendet werden könnten, die unter Folter erzwungen wurden; eine Abschiebung wäre daher nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar. Die Richter des OVG befanden nun, dass in einem Berufungsverfahren zu klären sei, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gefahr eines Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention ein Abschiebehindernis begründen könne. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) begrüßte beide Entscheidungen des OVG, und zeigte sich zuversichtlich, dass das Berufungsverfahren den Weg zur Abschiebung Kaplans in die Türkei "im Sinne der Bundesregierung" frei geben wird. (Az.: 8 A 3766/03.A; 8 A 3852/03.A) Metin Kaplan gilt als Gründer der im Dezember 2001 vom Bundesinnenministerium verbotenen Islamistenorganisation "Kalifatsstaat". Auf der Basis von Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes, wonach der Kalifatsstaat weiterhin aktiv sein soll, wurden in diesem Monat bei einem Großeinsatz der Polizei in 13 Bundesländern Wohnungen und Geschäftsräume von angeblichen Anhängern der Islamistenorganisation durchsucht, wobei laut Bundesinnenministerium "umfangreiches Propaganda-material" sichergestellt wurde.
Pressemitteilung BMI 04.12.03 // FR 05.12.03 // Welt 05.12.03 // Pressemitteilung BMI 12.12.03 // SZ 12.12.03
Oberverwaltungsgericht weist Anspruch auf Einführung islamischen Religionsunterrichts in Nordrhein-Westfalen zurück Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat eine Berufungsklage des Zentralrats der Muslime in Deutschland und des Islamrats in zweiter Instanz zurückgewiesen, mit der die beiden muslimischen Organisationen einen Rechtsanspruch auf Islamunterricht an staatlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen einklagen wollten. Das OVG Münster erklärt zur Urteilsbegründung, ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach noch aus dem ebenfalls im Grundgesetz verankerten Gebot der religiösen und konfessionellen Neutralität. Beide Rechtsgrundlagen seien, so die Richter, nicht erfüllt, da es sich bei den klagenden Verbänden nicht um Religionsgemeinschaften handeln würde. Religionsgemeinschaften müssten "natürliche Personen" als Mitglieder haben, was auf die beiden klagenden Dachverbände, die ihrerseits aus islamischen Organisationen bestehen, nicht zuträfe. Außerdem fehle beiden Organisationen das für ein Religionsgemeinschaft kennzeichnende "Merkmal der allseitigen Aufgabenerfüllung", da etwa die wichtige Aufgabe der praktischen Religionsausübung auf niedrigerer Ebene wahrgenommen werde. (Az.: 19 A 997/02)
Pressemitteilung des Justizportals des Landes Nordrhein-Westfalen 02.12.03 // FR 03.12.03 // taz 03.12.03
Spätaussiedlerzahlen gehen auch im Jahr 2003 weiter zurück Die Zahl der nach der Einreise registrierten Spätaussiedler und ihrer mitgereisten Familienangehörigen ist im Vergleich zum Vorjahr erneut deutlich gesunken und liegt 2003 nur noch bei 72.885. Dies entspricht einem Rückgang von etwa 20 % oder 18.531 Personen gegenüber dem Vorjahr. Auch die Veränderung in der Zusammensetzung dieser Zuwanderungsgruppe setzt sich 2003 fort: Lediglich 20,26 % der als Spätaussiedler eingereisten Personen gelten nach § 4 Bundesvertriebenengesetz noch selbst als deutschstämmig; die übrigen knapp 80 % sind mitgereiste Familienangehörige, die - im Unterschied zu den Deutschstämmigen - vor der Einreise keinen Deutschtest ablegen müssen und die zumeist über keine bzw. nur sehr geringe deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Im Jahr 2002 lag der Anteil der Deutschstämmigen bei 22 %, ein Jahr zuvor noch bei 24 %. Neben dem Rückgang der Spätaussiedlerzahlen ist auch die Zahl der neu eingereichten Aufnahme-anträge von Spätaussiedlern weiter rückläufig. Im Jahr 2003 haben nur noch 46.443 Personen einen solchen Antrag gestellt, was einen Rückgang von etwa 32 % gegenüber dem Vorjahr entspricht und darauf hindeutet, dass die Zuzugszahlen von Spätaussiedlern auch in Zukunft eine abnehmende Tendenz aufweisen werden. Der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Jochen Welt (SPD), wertete die rückläufigen Zuzugszahlen als Erfolg der deutschen Aussiedlerpolitik, die nach seinen Worten durch "effiziente" Hilfen und Fördermaßnahmen den Bleibewillen der betreffenden Personen in ihren Heimatländern deutlich gestärkt habe. Gleichzeitig wies Welt jedoch auch auf die sich verschärfenden Integrationsprobleme insbesondere bei jugendlichen Aussiedlern in Deutschland hin, die als mitreisende Familienangehörige meist über nur geringe Deutschkenntnisse verfügen. In diesem Zusammenhang betonte Welt erneut die Bedeutung des geplanten Zuwanderungsgesetzes, in dem u.a. vorgesehen ist, dass auch mitreisende Familienangehörige vor ihrer Einreise nach Deutschland "ausreichende deutsche Sprachkenntnisse" nachweisen müssen.
Pressemitteilung BMI 30.12.03 // FR 31.12.03 // KAM-Info 21.01.04
Asylbilanz 2003: Asylbewerberzahlen auf niedrigstem Stand seit 1984 Die Asylbewerberzahlen haben im Jahr 2003 mit insgesamt 50.563 Personen ihren niedrigsten Stand seit 1984 erreicht. Dies entspricht einem deutlichen Rückgang von 28, 9 % (20.564 Personen) gegenüber den Vorjahreszahlen. Diese rückläufige Entwicklung zeigt sich auch bei der Liste der Hauptherkunftsländer: So lässt sich bei neun der zehn wichtigsten Herkunftsländer ein Rückgang der Asylbewerberzahlen feststellen; dieser fällt am deutlichsten bei den afghanischen (- 46,9%) und den irakischen (- 62,4%) Asylbewerbern aus. Lediglich die Zahl der Asylbewerber aus China ist 2003 im Vergleich zu Vorjahr gestiegen (+ 37,3 %). Die meisten Asylbewerber kam 2003 aus der Türkei (6.301), Serbien und Montenegro (4.909), dem Irak (3.850), der Russischen Föderation (3.383) und China (2.387). Des Weiteren finden sich Vietnam (2.096), der Iran (2.049) sowie Indien (1.736), Afghanistan (1.473) und Aserbaidschan (1.291) unter den zehn Hauptherkunftsländer. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat im Jahr 2003 über die Anträge von 93.885 Personen entschieden. Davon wurden 1.534 Personen (1,6 %) als Asylberechtigte anerkannt und 1.602 (1,7 %) erhielten Abschiebeschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG. Abgelehnt wurden die Asylgesuche von 64.569 Personen (68,8 %). Die Anträge der übrigen 26.180 Personen (27,9 %) wurden auf sonstige Weise erledigt (z.B. durch Rücknahme des Asylantrags oder Ausreise).
Pressemitteilung BMI 16.01.04
Asylstatistik Die Asylbewerberzahlen für Dezember 2003 weisen einen weiterhin rückläufigen Trend auf. So haben in diesem Monat 3.416 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt, was einem Rückgang von 10,5 % (- 414 Personen) gegenüber November 2003 und von 27,2 % (- 1.278 Personen) im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht. Die Hauptherkunftsländer im Dezember 2003 waren - wie schon im Monat zuvor - die Türkei (453), Serbien und Montenegro (375) sowie die Russische Föderation (225), Aserbaidschan (136) und Indien (133). Das Nürnberger Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat im Dezember 2003 über die Asylanträge von 7.463 Personen befunden, von denen 102 Personen (1,4 %) als Asylberechtigte anerkannt wurden; weitere 103 Personen (1,4 %) erhielten Abschiebschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG ("kleines Asyl"). Abgelehnt wurden die Anträge von 5.022 Personen (67,3 %). Die übrigen Asylgesuche (29,9 %) wurden auf sonstige Weise erledigt (z.B. durch Rücknahme des Asylantrags).
Pressemitteilung BMI 16.01.04
Dezember 2003 | | | | |
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