efms Migration Report
Juli 1997 | | | | |
Baden-Württemberg: Prämien für frühe Rückkehr nach Bosnien Baden-Württemberg hat zusätzliche Fördermittel für die freiwillige Rückkehr der über 48.000 im Bundesland lebenden Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina bereitgestellt. Wie Innenminister Thomas Schäuble mitteilte, ist die Aktion einmalig und bis zum 15. September befristet. Seinen Angaben zufolge werden die Rückkehrmittel zusätzlich zu den bereits von Bund und Land
finanzierten Hilfen gezahlt. Der Höchstbetrag je Familie beträgt 1.000 Mark und bei alleinerziehenden Elternteilen 750 Mark. Einzelpersonen erhalten zusätzlich 500 Mark, Ehepaare 750 Mark und Kinder 125 Mark. Die Rückkehrer erhalten das Geld bei ihrer Ankunft in Bosnien-Herzegowina. Die Zusatzmittel bekommt jedoch nur, wer deutlich früher ausreist, als er dazu rechtlich verpflichtet ist. dpa 30.06.97 // Welt 01.07.97 // SZ 01.07.97 // FAZ 01.07.97
Amnesty International beklagt Mißhandlungen seitens der deutschen Polizei Vierzig Fälle seien im vergangenen Jahr bekannt geworden, in denen deutsche Polizisten in "unverhältnismäßiger oder ungerechterweise Gewalt angewandt oder in ihrem Gewahrsam befindliche Personen vorsätzlich grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt" hätten. Dies geht aus dem Bericht "Neue Fälle - altes Muster. Polizeiliche Mißhandlungen in der Bundesrepublik Deutschland"
hervor, den Amnesty International am 3. Juli vorgestellt hat. Bei den Vorkommnissen handle es sich um keine isolierten Einzeltaten, sondern es sei ein "klares Muster von Übergriffen" zu erkennen. Bei den mutmaßlichen Mißhandlungsopfern handele es sich überwiegend um Ausländer. Allem Anschein nach lägen den Mißhandlungen rassistische Motive zugrunde, so Amnesty. FAZ 04.07.97
Bundesrat stimmt Änderung des Ausländerrechts zu Gegen die Stimmen der vier rot-grün regierten Länder stimmte der Bundesrat dem neuen Ausländergesetz zu, das vom Bundestag bereits Ende Juni verabschiedet worden war. FR 05.07.97 // Welt 06.07.97
Kirchen legen "Gemeinsames Wort" zur Ausländerpolitik vor Die beiden christlichen Kirchen fordern eine umfassende Reform des deutschen Ausländerrechts. In dem "Gemeinsamen Wort" zu Migration und Flucht fordern der Vorsitzende der Bischofskonferenz Lehmann und der Vorsitzende des evangelischen Kirchenrates Engelhardt ein politisches Gesamtkonzept, das der Tatsache Rechnung trägt, daß die Bundesrepublik "ein Einwanderungsland geworden ist". Insbesondere soll die rechtliche Integration hier lebender Ausländer
verbessert werden. Lehmann sagte, in Deutschland geborenen Ausländern solle eine doppelte Staatsangehörigkeit gewährt werden, wenn die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit, etwa aus psychologischen Gründen, unzumutbar sei. Ferner solle über Zuwanderungsquoten nachgedacht werden. Die Kirchen setzen sich auch für die Vereinheitlichung der Migrationspolitik auf europäischer Ebene ein. Ziel der Ausländerpolitik soll die Beseitigung der Ursachen von Flucht und Migration sein. Die Kirchen kritisieren, daß das bisherige Recht zu sehr auf Abwehr ausgerichtet sei
und Fremde als Gefahr sehe. Lehmann und Engelhardt halten auch das sogenannte Kirchenasyl in bestimmten Einzelfällen für legitim. Die beiden Bischöfe sehen zwar den prinzipiellen Konflikt und nehmen für die Kirchen nicht den rechtsfreien Raum in Anspruch. Doch liegt die Gefahr der Unterhöhlung des Rechtsstaats für sie vor allem in vorschnellen Abschiebungen. FR 05.07.97 // FAZ 05.07.97 // taz 05.07.97 // Welt 06.07.97 // NN 06.07.97 // Das Parlament 11.07.97
Die Grünen: Sexuelle Gewalt gegen Frauen als Asylgrund anerkennen Bündnis 90/Die Grünen wollen einen neuerlichen parlamentarischen Anlauf unternehmen, um Frauen Asyl zu gewähren, die in ihrer Heimat aus geschlechtsspezifischen Gründen verfolgt wurden. Die Bundestagsfraktion brachte eine Große Anfrage ein, in der kritisiert wird, daß ein entsprechender einstimmiger Entschließungsantrag des Bundestages vom Oktober 1990 nicht umgesetzt wurde. Den Grünen geht es nicht nur um die
Gewährung
von Schutz für Frauen vor rein staatlicher Verfolgung, sondern auch sexuelle Gewalt als Mittel der Kriegsführung wie in Bosnien sowie Vergewaltigung im Polizeigewahrsam oder drohende Genitalverstümmelung durch Familienangehörige müßten in Deutschland als Asylgründe anerkannt werden. dpa 09.07.97 // FR 10.07.97
Kein Kindergeld für Asylbewerber Das Bundessozialgericht in Kassel hat entschieden, daß Asylbewerber aufgrund ihres ungesicherten Aufenthaltsrechts kein Kindergeld für ihre Kinder beanspruchen können. Ein Anspruch auf Nachzahlung besteht ebenfalls nicht. SZ 11.07.97
Berlin: Asylbewerber dürfen nur noch in "Sammelmagazinen" einkaufen Seit Inkraftreten des neuen Asylbewerberleistungsgesetzes am 1. Juni erhalten die etwa 2.500 Asylbewerber und Flüchtlinge mit Duldungen in Berlin den um 20 Prozent verringerten Sozialhilfesatz nicht mehr wie bisher als Bargeld, sondern in Form von Gutscheinen für "Sachleistungen". Die Gutscheine können in zwei "Sammelmagazinen" eingelöst werden. Die Kritik am Berliner Sachleistungssystem richtet sich zum einen auf die langen Anfahrtswege
aus den Wohnheimen zum zuständigen Magazin, zum anderen darauf, daß das Angebot dort nicht sehr umfangreich und die Warenpreise oft höher sind als in anderen Supermärkten. taz 08.07.97 // FR 09.07.97 // FAZ 14.07.97 // SZ 16.07.97
CSU fordert Rückkehrrecht für Vertriebene Auf dem Schlesiertreffen in Nürnberg hat Bayerns Innenminister Beckstein die östlichen Nachbarländer Deutschlands aufgefordert, noch vor ihrem Beitritt zur EU rechtlich abgesicherte Rückkehrmöglichkeiten für Heimatvertriebene zu schaffen. Auch die Schlesier müßten von Polen diese Chance auf Rückkehr und Niederlassung in der angestammten Heimat erhalten, wenn sie dies wünschten, sagte der CSU-Politiker. SZ
14.07.97
Aufenthaltserlaubnis trotz Sozialhilfe Der Bezug von Sozialhilfe rechtfertigt nicht zwangsläufig die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Beschluß. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Aufenthaltserlaubnis trotz einer schon Jahre andauernden Sozialhilfe-Abhängigkeit des Betroffenen immer wieder verlängert wurde. In diesen Fällen verbiete es der Vertrauensschutz, ohne gewichtige Gründe die beantragte Verlängerung abzulehnen. dpa 16.07.97
Antifolterkomitee des Europarates rügt Polizeigewalt in Deutschland Das Antifoltekomitee des Europarates in Straßburg hat deutschen Polizeibeamten Gewaltanwendung bei Festnahmen vorgeworfen. Auch Ausländer in Abschiebegewahrsam hätten über Schläge, Fußtritte und Stockschläge geklagt. Der Ausschuß dringt insbesondere darauf, Abschiebehäftlinge getrennt von Untersuchungs- oder Strafgefangenen unterzubringen. dpa 17.07.97 // FAZ 18.07.97
Forderung der Grünen: Visumsverweigerung muß begründet werden Die deutschen Auslandsvertretungen sollen nach dem Willen der Grünen verpflichtet werden, die Ablehnung von Visa-Anträgen schriftlich zu begründen. Die Grünen halten die Regelung des Ausländerrechts, wonach ein Visum ohne Begründung und Rechtsmittelbelehrung versagt werden kann, für verfassungswidrig. FAZ 18.07.97 // SZ 18.07.97
Bayern kritisiert Wegfall der Grenzkontrollen Bayern hält die zwischen Deutschland, Italien und Österreich für den 1. April 1998 vereinbarte Abschaffung der Grenzkontrollen zwischen den drei Ländern für verfrüht. Der Bayerische Innenminister Beckstein räumte zwar ein, daß Österreich und Italien große Anstrengungen zum Schutz ihrer Außengrenzen unternommen hätten, doch gerade Italiens Küste lasse sich nur schwer vor illegalen Einwanderern schützen. Beckstein
meinte, daß ein längerer Übergang bis zum Wegfall der Grenzkontrollen wünschenswert gewesen wäre, um einen optimalen Ausbau der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen zu erreichen. FAZ 09.07.97 // NZZ 20.07.97 // SZ 21.07.97
Schröder fordert Abschiebung ausländischer Straftäter Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) hat die schnelle Abschiebung ausländischer Straftäter gefordert. Wer das Gastrecht mißbrauche, "für den gibt es nur eins: raus, und zwar schnell", so Schröder. Der SPD-Politiker identifizierte die organisierte Kriminalität als besonders problematisches Feld. "Beim organisierten Autodiebstahl sind Polen nun einmal besonders aktiv, das Geschäft der Prostitution wird
dominiert
von der Russen-Mafia, Drogenkriminelle kommen besonders häufig aus Südosteuropa und Schwarzafrika", begründete Schröder seine harte Linie gegen das organisierte Verbrechen. FAZ 21.07.97
Dietmar Schlee Koordinator für bosnische Flüchtlinge Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dietmar Schlee wird Koordinator für die Rückführung der bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge. Zum Aufgabengebiet Schlees gehören die Koordination der Rückkehr vor Ort und die Information der Flüchtlinge über die Möglichkeiten der freiwilligen Rückkehr. Schlee gehört seit 1994 dem Bundestag an und war vorher Innenminister in Baden-Württemberg. dpa
16.07.97 // FR 23.07.97
Kirchengeläut und Muezzin-Ruf rechtlich gleich Das christliche Glockengeläut und der islamische Gebetsaufruf per Lautsprecher seien gesetzlich gleich zu behandeln. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten, das die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, in Auftrag gegeben hatte. Die Gutachter stützen sich in ihrer Argumentation auf Artikel 4 des Grundgesetzes, in dem die Religionsfreiheit festgelegt ist. In diesem Sinne sei der Gebetsruf eine kultische Handlung. Er lade Gläubige
ebenso
wie die Kirchenglocken zu einer religiösen Veranstaltung ein, so das Gutachten. taz 23.07.97
Keine Arbeitserlaubnis für Osteuropäer mehr Die Bundesanstalt für Arbeit hat alle Arbeitsämter angewiesen, für Polen und Ungarn keine neuen Arbeitserlaubnisse mehr auszustellen. Entsprechende Dokumente für Bulgaren, Tschechen, Slowaken, Kroaten und Bürger anderer Länder mit sogenannten Arbeitnehmer-Kontingenten könnten nur noch ausgestellt werden, wenn die Arbeiten erkennbar bis 30. September abgeschlossen seien, sagte ein Sprecher der Bundesanstalt. Damit wurde die Konsequenz
aus einem Vorstoß der EU-Kommission gezogen. Diese hatte entschieden, daß Regierungsvereinbarungen zwischen Deutschland und einzelnen osteuropäischen Ländern über Arbeitnehmer-Kontingente gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. Nach EU-Ansicht liegt durch diese Praxis eine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs vor. Solche Vereinbarungen müßten konsequenterweise für alle EU-Staaten gelten. Nach Ansicht der Bundesanstalt hätte dies jedoch unabsehbare Folgen für den deutschen Arbeitsmarkt. Von der Weisung sind diejenigen Arbeitnehmer
nicht betroffen, die bereits eine Arbeitserlaubnis besitzen. NN 24.07.97 // SZ 24.07.97
Grüne fordern Antidiskriminierungsgesetz Bis Oktober will die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ihren Entwurf für ein Antidiskriminierungsgesetz in den Bundestag einbringen. Mit dem Gesetz sollen die Rechte von Minderheiten besser geschützt werden. So sollen Behinderte, Ausländer und Homosexuelle einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld haben, wenn sie benachteiligt werden. Das Gesetz soll den in der UN-Menschenrechtskonvention vereinbarten Minderheitenschutz verbessern. FR 25.07.97
CDU/CSU wollen Asylrecht verschärfen Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Erwin Marschewski, hat gefordert, das im Grundgesetzartikel 16a verankerte subjektive Grundrecht auf Asyl ("Politisch Verfolgte genießen Asyl") in eine "institutionelle Garantie" umzuwandeln. Im Gegensatz zum Grundrecht auf Asyl kann der Gesetzgeber bei der bloßen "institutionellen Garantie" Flüchtlingen Asyl gewähren, ist aber völlig frei in der Ausgestaltung der Bestimmungen. FR
26.07.97
Ausländerbeauftragte ruft Ausländer zum Deutschlernen auf Bei der Vorstellung der Broschüre "Deutsch lernen - (k)ein Problem" hat die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, die in Deutschland lebenden Ausländer aufgerufen, Deutsch zu lernen. Der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung hänge in großem Maße von den Deutschkenntnissen ab, denn wer die Sprache beherrsche, komme besser mit Vermietern, Arbeitgebern und Behörden zurecht. Es sei wichtig,
die eigene Kultur und Sprache zu pflegen, aber die neue Sprache zu beherrschen bedeute nicht, die eigene Kultur aufzugeben, so Schmalz-Jacobsen. dpa 29.07.97 // FAZ 30.07.97
Deutschland hat höchste Zuwanderungsrate Nach Angaben des Jahresberichts 1996 der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nimmt Deutschland jährlich die meisten Zuwanderer in Europa auf. So kamen 1995 800.000 Menschen nach Deutschland. Es liegt damit deutlich vor der Schweiz mit 88.000 Zuwanderern und den Niederlanden mit 67.000 Zuwanderern. Hauptgrund für die Zuwanderung bleibt der OECD zufolge der Familiennachzug. Welt 20.07.97
Zahl ausländischer Straftäter bleibt konstant Die Zahl ausländischer Tatverdächtiger ist 1996 gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben. In beiden Jahren waren 28,3 % der Tatverdächtigen Ausländer, teilte das Bundeskriminalamt mit. Ohne die ausländerspezifischen Delikte wie Verstöße gegen das Ausländer- und das Asylverfahrensgesetz betrug der Anteil ausländischer Tatverdächtiger 21,8 %. Besonders viele ausländische Tatverdächtige gab es 1996 beim
unerlaubten
Glücksspiel (69,3 %), Taschendiebstahl (65,5 %), organisierter Kriminalität (62,3 %), illegalem Handel und Schmuggel von Kokain (56,7 %) sowie Urkunden- (56,4 %) und Geldfälschung (52,2 %). Bundesinnenminister Manfred Kanther betonte, daß viele ausländische Straftäter nicht in Deutschland lebten, sondern extra zum Zwecke der Straftat nach Deutschland einreisten. FAZ 22.07.97
Anstieg der Fälle von Menschenhandel 1.094 Fälle von Menschenhandel sind vergangenes Jahr in Deutschland registriert worden. Dies teilte die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der PDS-Bundestagsgruppe hin mit. 1995 waren 919 Fälle von Menschenhandel registriert worden. Die Zahl der Opfer erhöhte sich dabei von 1.196 im Jahr 1995 auf 1.473 im vergangenen Jahr. Die Anzahl der weiblichen Opfer ist von 1.158 (1995) auf 1.445 (1996) gestiegen. Welt 22.07.97
Aussiedlerstatistik Die Zahl der Aussiedler ist im Juli weiter zurückgegangen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums kamen im Juli 12.483 Spätaussiedler nach Deutschland, im Vorjahresmonat waren es 15.074 gewesen. Der Rückgang erklärt sich laut Horst Waffenschmidt, dem Aussiedlerbeauftragten der Bundesregierung, damit, daß immer mehr Deutschstämmige aus Kasachstan nach Rußland umsiedeln. FR 02.08.97
Asylstatistik 8.839 Personen haben im Juli in Deutschland Asyl beantragt. Im Vergleich zum Juli 1996 ist die Zahl der Asylbewerber um 7,1 % zurückgegangen. Die Hauptherkunftsländer waren der Irak, die Türkei und die Bundesrepublik Jugoslawien. Das Bundesamt für die Anerkennung auländischer Flüchtlinge hat im Juli über die Anträge von 15.281 Personen entschieden. Als Asylberechtigte wurden 672 Personen (4,4 %) anerkannt. Presseinformation des BMI 07.08.97
Juli 1997 | | | | |
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