efms Migration Report
Juli 2006 | | | | |
Euro-afrikanische
Konferenz und EU-Innenminister diskutieren über illegale Migration Am
10. und 11.07.06 fand in Rabat (Marokko) eine Euro-Afrikanische Konferenz zum Thema
"Migration und Entwicklung" mit 21 europäischen und 24 afrikanischen
Ministern sowie dem Vizepräsident der EU-Kommission Franco Frattini, der
Kommissarin Ferrero-Waldner und dem UN-Flüchtlingskommissar statt. Zum ersten
Mal diskutierten Ursprungsländer, Transit-Staaten und Zielländer gemeinsam
über die Migrationsproblematik und mögliche Maßnahmen. Die
Konferenz verabschiedete einen 62 Punkte umfassenden Aktionsplan. Die afrikanischen
Staaten verpflichteten sich dabei gegen illegale Einwanderung und Menschenhandel
vorzugehen. Die EU-Mitgliedstaaten sagten den afrikanischen Ländern dafür
mehr Hilfe zur wirtschaftlichen Entwicklung, finanziellen und fachlichen
Unterstützung bei Flüchtlingsproblemen und zur Förderung einer
begrenzten und kontrollierten Zuwanderung zu. Bei einem Treffen des Ministerrats der
Europäischen Union für Justiz und Inneres eineinhalb Wochen später am
24.07.06 forderten die südlichen EU-Staaten erneut mehr Unterstützung im
Umgang mit afrikanischen Flüchtlingen. Mehrere Staaten, darunter Deutschland,
versprachen "europäische Solidarität". Pressemitteilung Auswärtiges Amt 08.07.06 // SZ 08.07.06 // FAZ
11.07.06 // Presseschau Spanische Botschaft (online) 12.07.06 // Europäisches
Parlament (online) 17.07.06 // tagesschau (online) 24.07.06 // FTD 25.07.06 // NZZ 25.07.06
// FR 25.07.06
Erster
"Integrationsgipfel" im Kanzleramt Am 14.07.06 empfing
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rund 70 Vertreter von Migrantenverbänden,
Gewerkschaften, Kommunen und Wissenschaftlern sowie mehrere Ministerpräsidenten
zu einem "Integrationsgipfel". Zum ersten Mal stellten Ausländer und
Deutsche unter Leitung des Kanzleramtes gemeinsam Ideen vor, wie eine alle politischen und
gesellschaftlichen Bereiche erfassende Integrationspolitik gestaltet werden könnte. Ziel
des Treffens war ein neuartiger Dialog mit Migranten und die Entwicklung eines
"Nationalen Integrationsplans". Sechs Arbeitsgruppen zu den Themen
"Integrationskurse", "Deutsche Sprache", "Bildung,
Ausbildung und Ausbildungsmarkt", "Situation von Frauen und
Mädchen", "Integrationsaktivitäten vor Ort" und
"Integrationsaktivitäten zur Stärkung der gemeinsamen
Bürgergesellschaft" wurden eingerichtet. Im Vorfeld des Gipfels hatte es viel
Kritik an den Themen und der Auswahl der insgesamt 86 Teilnehmer gegeben.
Interkultureller Rat und Pro Asyl hatten erklärt, die Integration werde zur alleinigen
Bringschuld der Migranten und Flüchtlinge reduziert und der Förderaspekt
durch die Mehrheitsgesellschaft komme zu kurz. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende
Renate Künast bemängelte, dass die islamischen Verbände mit Verweis
auf eine Islamkonferenz des Innenministers im Herbst nicht eingeladen wurden -anders als
Vertreter der christlichen Kirchen oder der jüdischen Gemeinde. Die Türkische
Gemeinde in Deutschland sprach sich nach dem Gipfel für einen Bundesbeirat
für Integration und Migration aus. Wenn die Bundesregierung das Thema Integration
ernsthaft angehen wolle, müsse es eine institutionalisierte Form dafür geben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich hingegen "außerordentlich
zufrieden" mit den erreichten Ergebnissen. Pressemitteilung
Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
12.07.06 // FR 12.07.06 // FAZ 12.07.06 // SZ 12.07.06 // FTD 13.07.06 // Die Welt 13.07.06
// FR 13.07.06 // Pressemitteilung Interkultureller Rat 13.07.06 // Pressemitteilung Regierung
(online) 14.07.06 // Handelsblatt 14.07.06 // FAZ 14.07.06 // Die Welt 14.07.06 // Berliner
Zeitung (online) 15.07.06 // Hamburger Abendblatt 15.07.06
BMI-Prüfbericht des
Zuwanderungsgesetzes In einem 250seitigen "Evaluierungsbericht zum
Zuwanderungsgesetz" kommt das Bundesministerium (BMI) zu dem Schluss, das seit
eineinhalb Jahren gültige Zuwanderungsgesetz habe sich insgesamt bewährt.
Während sich der Bericht Forderungen wie ein Bleiberecht für geduldete
Ausländer nicht zu Eigen macht, werden zahlreiche Vorschläge zur
Verschärfung des Ausländerrechts unterbreitet. Die Pläne des CDU
geführten BMI stoßen beim Koalitionspartner SPD, der Opposition, der
Katholischen und Evangelischen Kirche sowie Flüchtlings- und
Menschenrechtsorganisationen auf massive Kritik. "Die Bundesregierung hat die
Evaluierung genutzt, um restriktive Auslegungen des Zuwanderungsgesetzes zu
verfestigen", urteilte Amnesty International. Geplant ist u.a. die Heraufsetzung der
"für die Entstehung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts erforderlichen
Ehebestandszeit" von zwei auf drei Jahre zur Vorbeugung von Scheinehen. Angedacht
wird auch eine "grundsätzliche Streichung der Ankündigungspflicht
hinsichtlich der Abschiebung sowie die Verkürzung der Frist in
Widerrufsfällen", um ein "Abtauchen" Betroffener zu verhindern.
Bislang müssen Ausländer, deren Duldung abgelaufen ist, vier Wochen vor
einer Abschiebung informiert werden. Deutsche, die von Sozialhilfe leben, sollen zudem
keinen ausländischen Ehepartner mehr ins Land holen dürfen. Junge
Ausländer die sich im Asylverfahren nicht ausweisen können müssen
künftig möglicherweise selbst nachweisen, dass sie, wie behauptet, unter 14
Jahre alt und damit besonders geschützt sind. Bisher liegt die Beweislast bei den
Behörden. Ebenfalls erwogen wird die erleichterte Abschiebung von
ausländischen Hartz-IV-Empfängern. Grünen-Bundesvorsitzende Claudia
Roth kritisiert, ein solches Vorgehen besage nur eines: "Wer nicht mehr verwertbar ist,
den schmeißen wir raus." Mit diesen Plänen zeige Schäuble das
wahre Gesicht der Union: "Herrn Schäuble müsste das Kruzifix von der
Bürowand fallen". FR 14.07.06 // Welt am Sonntag
16.07.06 // Welt am Sonntag 16.07.06 // FR 17.06.07 // Die Welt (online) 17.07.06 // Der
Spiegel 17.07.06 // FR 21.07.06 // FR 26.07.06
Sinkende Antragszahlen
lösen Debatte über Einbürgerungshindernisse aus Im Jahr
2005 wurden in Deutschland so wenige Ausländer eingebürgert wie seit 1998
nicht mehr. Wie das statistische Bundesamt mitteilte, erhielten 117.240 und damit rund
10.000 (-7,6%) weniger als 2004 die deutsche Staatsbürgerschaft. Mit der
Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 war der
Höchststand mit 187.700 eingebürgerten Ausländern erreicht worden.
Seither sind die Zahlen rückläufig. Die größte Gruppe der
Neubürger stellten im vergangenen Jahr die Türken mit 28% (32.661
Einbürgerungen). An zweiter und dritter Stelle lagen die Herkunftsländer
Serbien und Montenegro mit 8.824 Einbürgerungen und Polen mit 6.869
Neubürgern. Während die Einbürgerungen von Personen aus der
Türkei (-27%), Iran (-30%) und Afghanistan (-23%) gegenüber dem Vorjahr
ungewöhnlich stark zurückgegangen sind, war das Interesse von Serben und
Montenegrinern (+150%) und Kasachen (+106%) an der deutschen Staatsangehörigkeit
besonders hoch. Das Statistische Bundesamt teilte mit, dass ähnliche Schwankungen
von bis zu 100% auch in der Vergangenheit üblich waren. Der Bundesvorsitzende der
türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, bezeichnete den drastischen
Rückgang als alarmierend. Immer mehr Menschen verzichteten auf die Chance zur
vollen politischen und gesellschaftlichen Teilhabe, da die Politik durch Sprachtests und
Einbürgerungskurse Einbürgerungswillige abschrecke. Die
SPD-Bundestagsfraktion will die Zahl der Deutschen daher um mehrere Millionen
erhöhen: "Ich wünsche mir eine Einbürgerungskampagne",
sagte der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy. taz 13.07.06 //
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt 20.07.06 // Stuttgarter Zeitung (online) 20.07.06 //
Spiegel (online) 20.07.06 // SZ 21.07.06 // FAZ 21.07.06
Punktesystem für
jüdische Einwanderer: Zentralrat stimmt zu Der Zentralrat der Juden in
Deutschland hat der Begrenzung der jüdischen Einwanderung nach Deutschland durch
ein Punktesystem zugestimmt. Die Eckpunkte der Reform hatten Bund und Länder
bereits auf der Innenministerkonferenz im Juni 2005 beschlossen. Darauf aufbauend
entwickelten die Innenminister gemeinsam mit Vertretern jüdischer Organisationen
einen Kriterienkatalog mit einer "Integrationsprognose", in der die Kandidaten
mindestens 50 von 105 möglichen Punkten erzielen müssen. Bewerber erhalten
Punkte in der Kategorie Alter, Deutschkenntnisse, Bildungsabschlüsse,
Berufserfahrung und der zu erwartenden Mitarbeit der Einwanderer in einer jüdischen
Organisation. NS-Verfolge sind von diesen Regelungen ausgenommen. FR 24.07.06 // SZ 25.07.06 // BZ 28.07.06
Gemeinsames Analyse-
und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) Am 17.07.06 wurde das
"Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration" (GASIM) in
Berlin vorgestellt. Fachliche Kompetenzen von Bundeskriminalamt, Bundespolizei,
Bundesnachrichtendienst, "Finanzkontrolle Schwarzarbeit", Verfassungsschutz
sowie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sollen für
eine ganzheitlichen Bekämpfung illegaler Migration gebündelt werden.
Amnesty International, Pro Asyl und der Interkulturelle Rat kritisierten, mit dem Zentrum
würden Flüchtlingsschutz und Migration kriminalisiert. Es sei legitim gegen
Menschenhändler vorzugehen, aber ein Skandal den Flüchtlingsbereich durch
die Integration des BAMF in das GASIM mit einzubeziehen. Pressemitteilung BMI 17.07.06 // SZ 18.07.06 // FR 19.07.06
Sinkende
Ausbildungszahlen für Jugendliche mit Migrationshintergrund -Berlin legt
Sonderprogramm "1000 Migranten" auf Die Chancen junger
Ausländer auf einen Ausbildungsplatz sind nach Einschätzung des Statistischen
Bundesamtes in den vergangenen Jahren stetig gesunken. Seit 1994 habe sich der Anteil
ausländischer Azubis fast halbiert. Von den 1,55 Millionen Lehrlingen 2005 hatten
67.600 (4,4%) einen ausländischen Pass. 2004 lag ihr Anteil noch bei 4,6%, 1994 noch
bei 8%. Die türkische Gemeinde in Deutschland forderte die Bundesregierung auf,
Unternehmen durch eine "Zehn-Prozent-Regelung" zu zwingen, mehr
Jugendliche mit Migrationshintergrund auszubilden. In Berlin legte der rot-rote Senat
angesichts 13.000 fehlender Lehrstellen ein Sonderprogramm zur Förderung
ausländischer Jugendlicher mit schwachen Deutschkenntnissen und schlechtem
Schulabschluss auf. 2006 und 2007 sollen bis zu 1.200 jugendliche Migranten unter 25 Jahren
in sechsmonatigen Kursen gezielt auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt vorbereitet werden.
Die Welt (online) 24.07.06 // BZ 25.07.06 // Die Welt 26.07.06 //
FR 27.07.06 // Die Welt 29.07.06
Berlin erlässt
Abschiebestopp Berlins Innensenator Ehrhart Körting stellt sich mit einem
vorläufigen Abschiebestopp für etwa 14.000 langjährig geduldete
Asylbewerber an die Spitze der Bundesländer, die bei der Innenministerkonferenz im
Herbst eine humanere Lösung beim Bleiberecht durchsetzen wollen. Die Regelung gilt
für sämtliche abgelehnte AsylbewerberInnen sowie langjährig geduldete
Flüchtlinge, die vor dem 01.06.00 eingereist sind und ein minderjähriges Kind
haben. Ausgenommen sind dagegen Flüchtlinge, die vorbestraft sind oder "durch
Identitätstäuschung ihren Aufenthalt erschlichten haben". Zudem
müssen die Betroffenen ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Die Weisung ist bis
Ende des Jahres befristet. "Wir gehen davon aus, dass die nächste
Innenministerkonferenz diese Regelung bestätigen wird", sagte der Sprecher der
Berliner Innenverwaltung. "Uns erscheint es unsinnig, jetzt noch Familien
abzuschieben, die wenige Wochen später unter das neue Bleiberecht fallen
würden." SZ 28.07.06 // Die Tageszeitung
28.07.06
Baden-Württemberg: Urteil entfacht erneute Diskussion über
Kopftuchverbot Am 07.07.06 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart einer zum
Islam übergetretenen Lehrerin aus Stuttgart das Tragen eines Kopftuches erlaubt, weil
in Baden-Württemberg Nonnen in Ordenstrachten unterrichten dürfen. Diese
Verwaltungspraxis verstoße gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes (Az.: 18 K
3562/05). Die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) begrüßte das Urteil. Das
Kopftuch sei wie die Nonnentracht eine Glaubensbekundung. Lehrerinnen islamischen
Glaubens mit Kopftuch sollten daher mit Ordensschwestern gleichgestellt werden.
Kultusminister Rau (CDU) erklärte dagegen, das Habit der Nonnen sei keine
Glaubensbekundung, sondern Ausdruck christlicher Traditionen. Die Landesregierung wolle
daher Beschwerde gegen das Urteil einlegen. Die Grünen im Landtag brachten ihren
Gesetzentwurf für eine Änderung des Schulgesetzes aus dem Jahr 2004 abermals
ein. Danach soll Lehrerinnen das Tragen des Kopftuchs durch die Schulgremien im Einzelfall
nur dann verboten werden, wenn der "Schulfriede gestört oder
gefährdet" ist. Das lehnt Rau ab: Wer die Schulen über das
Kopftuchverbot entscheiden lasse, der überfordere die Schulen und riskiere chaotische
Zustände. Pressemitteilung VG Stuttgart 07.07.06 // FAZ
08.07.06 // SZ 12.07.06 // FAZ 27.07.06
Asylstatistik Im
Juli 2006 haben 1.390 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Damit sank die
Zahl der Asylbewerber gegenüber Juni 2006 um 7,6% (-114 Personen) und ist im
Vergleich zum Vorjahresmonat Juli 2005 um 35,3% (-760 Personen) zurückgegangen.
Hauptherkunftsländer im Juli waren Serbien und Montenegro (225), Irak (140) sowie
Türkei (117) vor der Russischen Föderation (75) und Vietnam (73). Das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat über die Anträge von
2.373 Personen entschieden, von denen 11 Personen (0,5%) als asylberechtigt anerkannt
wurden. Weitere 94 Personen (3,9%) erhielten Abschiebungsschutz nach §60 Abs.1 des
Aufenthaltsgesetzes. Abgelehnt wurden die Anträge von 1.457 Personen (61,4%). Auf
sonstige Weise, z.B. durch Verfahrenseinstellung wegen Rücknahme des Asylantrags,
wurden die Anträge der übrigen 811 Personen (34,2%) erledigt. Pressemitteilung BMI 07.08.06
Juli 2006 | | | | |
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