efms Migration Report
Dezember 2006 | | | | |
EU-Gipfel: Verständigung auf eine umfassende europäische Migrationspolitik
Beim EU-Gipfel am 15.12.06 in Brüssel einigten sich die Regierungschefs der
EU-Mitgliedsstaaten auf eine weitläufige Migrationspolitik auf Unions-Ebene.
Außer der Sicherung der Grenzen und dem Kampf gegen illegale Migranten soll die
EU erstmals auch die legale Einwanderung steuern. Die Regierungschefs übernahmen
damit die Eckpunkte des von Deutschland und Frankreich vorgeschlagenen Konzeptes der
"Zirkulären Migration". Die EU soll danach die Befugnis erhalten
über legale Zuwanderung nach Europa mit Drittstaaten zu verhandeln. Dadurch soll
vor allem die Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer bei der Rücknahme
illegal eingereister Migranten verstärkt werden. Die Migrationspolitik soll nach dem
Willen der Regierungschefs eng mit der Außenpolitik und der Entwicklungshilfe
verzahnt werden. Weitere Themen des Gipfels waren: die Vereinheitlichung nationaler
Asylregeln, die mit der Bildung von Expertenteams für Asylfragen und
möglicherweise einer europäische Asyl-Agenturen weiter vorangetrieben
werden soll sowie der Ausbau der europäischen Grenzschutzagentur Frontex in
Warschau. Frontex soll zusammen mit den Staaten Südeuropas ein ständiges
Netz von Küstenpatrouillen aufbauen. Kritik am Konzept der "Zirkulären
Migration" kommt in Deutschland von Seiten der CDU/CSU, die an der
Durchsetzbarkeit der Rückkehr von Arbeitskräften in ihre Heimatländer
zweifelt. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, warnte,
Theorie und Praxis würden weit auseinander klaffen. Wem es während des
Aufenthalts gefalle, würde versuchen zu bleiben. Manfred Weber, innenpolitischer
Sprecher der CSU im Europäischen Parlament, fürchtet zudem eine
schleichende Kompetenzverschiebung hin zur EU-Ebene. Das Bundesinnenministerium
betont dagegen, die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt bleibe auf jeden Fall in nationaler
Kompetenz. Idee des befristeten Arbeitsaufenthaltes sei es auch, illegale Migration zu
bekämpfen. SZ 17.12.06 // Die Welt 22.12.06
Spanien: weitere
Legalisierung einer großen Zahl illegaler Einwanderer wahrscheinlich In
Spanien können im kommenden Jahr eventuell zwischen 400 000 und 600 000 illegal
in Spanien lebende Ausländer auf rechtlichem Wege ein Bleiberecht erlangen. Das
könnte durch die bisher kaum genutzte Regelung der "gesellschaftlichen
Verwurzelung" möglich werden. Danach können illegale Immigranten ein
Bleiberecht erhalten, wenn sie bereits drei Jahre im Land leben, einen Arbeitsplatz vorweisen
können, Familienangehörige im Land haben und nicht vorbestraft sind.
Spanische Anwälte wiesen darauf hin, dass es mindestens 400 000 Zuwanderer gibt,
die diese Kriterien erfüllen. Im vorigen Jahr waren bereits 600 000 illegale Zuwanderer
legalisiert worden, was zu heftiger Kritik von Seiten anderer EU-Staaten führte, die
dadurch einen Anreiz für potenzielle illegale Immigranten sehen. Auf Druck der
EU-Partner versicherte die Regierung Zapatero, sie würde keine Massenlegalisierung
mehr durchführen. Als alternativer Weg zur Massenlegalisierung versucht die
spanische Regierung seit einem Jahr ihren Arbeitskräftebedarf mit offiziellen
Kontingenten zu decken. 2006 konnten bis Ende September so etwa 150 000 Personen zur
Arbeit einreisen, für 2007 ist ein Kontingent von 180 000 vorgesehen. Der Standard online 09.12.06 // NZZ 29.12.06
Gutachten für BMI:
Integrationskurse für Ausländer sind stark Verbesserungswürdig
In einem Gutachten, welches das Bundesinnenministerium in Auftrag gegeben hatte,
werden die Integrationskurse, die ein bedeutendes Element des Zuwanderungsgesetzes von
2005 darstellen, mit einem knappen "Ausreichend" evaluiert. Als zentrales
Ergebnis geht aus dem Gutachten hervor, die bisherige Umsetzung sei zwar
grundsätzlich zielführend und funktionsfähig, jedoch müssten in
zentralen Handlungsfeldern teilweise grundlegende Verbesserung hinsichtlich der Effizienz
vorgenommen werden. Folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Integrationskurse
werden vorgeschlagen: Erstens, die Einführung von verpflichtenden Abschlusstests
und Einstufungstests, um die Zusammensetzung der Kurse je nach Niveau besser zu steuern.
Zweitens, ein "flexibles Stundenkontingent", statt wie bisher feste 600 Stunden,
welche nach Vorkenntnissen und Lernfortschritten der Teilnehmer differenziert werden.
Drittens, ein Ausbau der Kinderbetreuung, da 40% der Abbrüche fehlender
Kinderbetreuung geschuldet sei und viertens, die Einführung von Verpflichtungs- und
Sanktionsmechanismen, um die Erreichbarkeit von Migranten zu steigern und die Teilnahme
zu sichern. Bis zum 1.07.07 muss das Bundesinnenministerium, auf Grundlage des
Gutachtens, dem Bundestag einen Erfahrungsbericht über die Durchführung und
Finanzierung der Integrationskurse vorlegen. Der Tagesspiegel
online 19.12.06
DFB: Neue
Integrationsbeauftragte Gül Keskinler heißt die neue
Integrationsbeauftragte beim Deutschen Fußballbund (DFB), die ab sofort in beratender
Funktion dem DFB-Vorstand angehört. Sie soll die Integrationsarbeit in den 21
DFB-Länderverbänden ehrenamtlich koordinieren. In einem Verband von 6,5
Millionen Mitgliedern und 26 000 Vereinen stünde ihr, einer gebürtigen
Istanbulerin, die 1970 nach Deutschland kam, eine schwere, aber schöne Aufgabe
bevor. Es müssten zunächst Leitgedanken der Integration auf den verschiedenen
Ebenen der Organisationsstruktur des Verbandes umgesetzt werden. FR 06.12.06
Schäuble lud
Muslimvertreter zur Aufführung der Oper "Idomeneo" Am
18.12.06 fand an der Deutschen Oper in Berlin die Wiederaufführung von Mozarts
Oper "Idomeneo" statt, zu der Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble
(CDU) die gesamte Islamkonferenz geladen hatte. Schäuble wollte mit der Einladung
der Muslimvertreter beweisen, dass auch Muslime Rede- und Kunstfreiheit zu schätzen
wissen. Die Repräsentanten des Zentralrates der Muslime und des Islamrates hatten
kurz vor dem Besuch ihren Boykott angekündigt. Aiman Mazyek,
Generalsekretär des Zentralrat der Muslime, erklärte, er fühle sich
politisch instrumentalisiert und begründete seine Absage damit, dass er als Vertreter
einer Religionsgemeinschaft weder Kunstkritiker sei noch zuständig für
Geschmacksfragen. Ein Vertreter des Islamrates, Ali Kizilkaya, befand, die Einladung
Schäubles sei ein wenig populistisch. Er erschien letztlich doch ins Opernhaus, nahm
aber nicht an der Aufführung teil. Stattdessen suchte er den Dialog mit der Presse.
Schäuble erklärte dazu, er sei es zufrieden, wenn jemand durch seine
Anwesenheit dafür eintrete, dass die Oper aufgeführt werden könne. An
der Oper teil nahm z.B. Bekir Alboga, Vertreter des größten Moscheeverbandes
der türkeinahen Ditib. Auch zahlreiche deutsche Politiker wie die
Integrationsbeauftragte des Bundes, Maria Böhmer (CDU) und Kulturstaatsminister
Bernd Neumann (CDU) waren erschienen. Die Zeit
20.12.06
Zentralrat der Juden
fordert erneut NPD-Verbot Angesichts der Wahlerfolge der NPD und die hohe
Zahl rechtextremistischer Straftaten werden wieder Forderungen zum Verbot der NPD laut.
Besonders der Zentralrat der Juden belebt die Diskussion des Parteiverbots. Im September
hatte die NPD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 7,3% erzielt. In Berlin ist
die NPD in mehreren Bezirksparlamenten vertreten. In Sachsen sitzen seit zwei Jahren
NPD-Abgeordnete im Dresdener Landtag. Vizepräsident des Zentralrats der Juden,
Dieter Graumann forderte das NPD-Verbot gehöre ab sofort wieder auf die politische
Agenda, Politik und Gesellschaft müssten entschlossen gegen Rechtextremismus
vorgehen. Der Innenminister von Sachsenanhalt, Holger Hövelmann (SPD),
plädiert ebenfalls für ein NPD Verbot, er sei überzeugt es handle sich um
eine verfassungsfeindliche Partei und verwies dabei auf die Verbreiterung der Parteibasis
durch neonazistische Kameradschaften. Thüringens Ministerpräsident Dieter
Althaus (CDU) steht einem Verbot skeptisch gegenüber, er bevorzuge die klar
politische Auseinandersetzung mit Extremisten. Volker Beck, Grünen-Politiker, warnte
sogar vor einem NPD-Verbot, das Problem des Rechtsextremismus würde dadurch
nicht gelöst werden, die Anhängerschaft würde sich neue
Organisationsformen suchen. BZ 28.12.06
Asylsuchende aus Sri
Lanka werden abgelehnt Asylanträge von Flüchtlingen aus dem
Bürgerkrieg zerrütteten Sri Lanka werden fast ausnahmslos vom Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als "offensichtlich
unbegründet" abgelehnt. Seit August wurden fast alle zwanzig Anträge
von Tamilen mit dieser Begründung abgelehnt. Der aktuelle Lagebericht des
Auswärtigen Amtes vom 11.12.06 spricht jedoch von einem "faktischem
Kriegszustand" in Sri Lanka, seit Ende Juli 2006. Die Flüchtlingsorganisation
Pro Asyl und medico international fordern vom BAMF einen sofortigen Verzicht der
Entscheidungspraxis. Als "offensichtlich unbegründet" dürfte ein
Asylantrag nur dann gelten, wenn eindeutige und widerspruchsfreie Auskünfte es
belegen. Medico intenational 21.12.06
NRW: Anteil von
Migranten im Polizeidienst soll erhöht werden Die Polizei in
Nordrhein-Westfalen (NRW) möchte mehr Personen mit Migrationhintergrund
einstellen. Bereits seit 1993 ist es in NRW möglich, Bürger anderer
Nationalitäten als Polizisten einzustellen. Jedoch sank die Zahl der eingestellten
Migranten von 75 im Jahr 2002 auf 38, von insgesamt 500 Neueinstellungen, im Jahr 2006.
In ganz NRW sind nur 120 Kommissare, von insgesamt 39 000, ausländischer
Herkunft. Dabei sei der Polizeiberuf in Migrantenfamilien durchaus beliebt, sagt Heinrich
Loh, Leiter der NRW-Polizeibewerbung in Münster. Leider sei aber die Durchfallquote
der ausländischen Polizeianwärter beim Einstellungstest zu hoch.
NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) sagte, mehr Personen mit Migrationshintergrund im
Polizeidienst würden zur Stärkung des gegenseitigen Verständnisses und
Akzeptanz beitragen. Integrationsministern von NRW, Armin Laschet (CDU), verwies
darauf, dass bereits jeder vierte Bürger einen Migrationshintergrund aufweise und sich
das bei der Polizei widerspiegeln müsse. Westdeutsche
Allgemeine online 07.12.06
Sachsen: Immer mehr
Schüler mit Migrationshintergrund streben Abitur an Laut dem
sächsischen Staatsministerium für Kultus ist der Anteil der Migranten an
sächsischen Gymnasien in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist.
Währen er im Schuljahr 2002/2003 bei 13% lag, stieg er 2005/2006 auf 18%. Im Jahr
2000 wurde ein Integrationskonzept eingeführt, welches unter Anderem eine besondere
Schullaufbahnberatung, den Einsatz von Betreuungslehrern und Vorbereitungsklassen
beinhaltete. Sachsens Kultusminister Steffen Flath sagte, die Tendenz zeige, dass sie auf dem
rechten Weg wären. Doch die Integration der Migranten müsste in den
kommenden Jahren noch weiter entwickelt werden. Bildungsklick
online 11.12.06
Berlin-Kreuzberg: Erstes
türkisches Pflegeheim eröffnet Am 15.12.06 wurde in
Berlin-Kreuzberg das erste türkische Pflegeheim Deutschlands eröffnet. Das
Gemeinschaftsprojekt der türkischen Gemeinde Berlin und der Marseille-Kliniken
trägt den kulturellen und religiösen Gewohnheiten türkischer Senioren
Rechnung: Mit einem Gebetsraum, türkischsprachigen Pflegern, türkischem
Essen, orientalischer Inneneinrichtung und kultursensibler Umgang mit den Bewohnern soll
auf deren Bedürfnisse eingegangen werden. Die Zahl türkischer Senioren in
Deutschland spricht für weiteren Bedarf an solchen Pflegeeinrichtungen. Celal Altun,
Generalsekretär der Türkischen Gemeinden gibt an, es lebten inzwischen an die
350 000 türkische Senioren in Deutschland. In Berlin seien 11 000 Türken
älter als 65 Jahre, in wenigen Jahren werden es doppelt so viele sein, so Altun. In
Bezug auf eine mögliche Abschottung sagte Altun, es ginge darum, sich im letzten
Lebensabschnitt wohl zu fühlen, warum solle man ausgerechnet mit
Pflegebedürftigen über Integration sprechen. FR
11.12.06 // Handelsblatt 13.12.06 // BZ 14.12.06
VGH Baden
Württemberg: Die Übernahme einer Vaterrolle schützt nicht vor
Abschiebung Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof (VGH)
hat am 18.12.06 seine Entscheidung veröffentlich, wonach eine Übernahme der
Vaterrolle für ein Kind der Lebensgefährtin einen in Deutschland lebenden
Ausländer nicht vor Abschiebung schützt. Ein albanischer Mann aus
Serbien-Montenegro hatte sich auf den, durch das Grundgesetz garantierten, Schutz der
Familie berufen. Das oberste Verwaltungsgericht wies die Argumentation damit
zurück, dass das Grundgesetz bei der Familie an eine rechtliche oder biologische
Vaterschaft anknüpfe, die bloße Übernahme der Vaterrolle genüge
nicht. Pressemitteilung VGH Baden Württemberg 18.12.06
// FR 19.12.06
OVG Rheinland-Pfalz:
Christen aus dem Irak haben keinen Anspruch auf Asyl Am 6.12.06 gab das
rheinland-pfälzische Oberverwaltungsgericht (OVG) bekannt, Christen aus dem Irak
hätten keinen Anspruch auf Asyl. Sie seien keiner gezielten religiösen
Verfolgung ausgesetzt, was zur Beibehaltung der Flüchtlingseigenschaft nötig
sei. Vielmehr seien Christen und Moslems gleichermaßen Opfer der dort herrschenden
Gewalt, die in einer bürgerkriegsähnlichen Situation unterschiedslos jeden
treffen könne. Die Gesellschaft für bedroht Völker (GfbV) berichtet
dagegen, sowohl Assyro-Chaldäer als auch Manäer seien im Irak bedroht.
Täglich würden Anschläge auf sie und ihre Kirchen verübt. In
einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die GfbV darum bitten,
im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft, sich für ein Bleiberecht für die
rund 20 000 in Deutschland lebenden Christen aus dem Irak einzusetzen. Pressemitteilung OVG Rheinland-Pfalz 6.12.06 // taz online 07.12.06 //
Frankfurter Rundschau 07.12.06
Asylstatistik Im
Dezember 2006 haben 1 516 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Damit sank
die Zahl der Asylbewerber gegenüber November 2006 um 13,3% (-233 Personen) und
ist im Vergleich zum Vorjahresmonat Dezember 2005 um 27,7% (-581 Personen)
zurückgegangen. Hauptherkunftsländer im Dezember waren der Irak (193),
Serbien (137), der Türkei (130), der Russische Föderation (71), Vietnam (60).
Das Bundesamt hat in diesem Monat über die Anträge von 2 526 Personen
entschieden. Als Asylberechtigte anerkannt wurden 17 Personen (0,7 %).
Abschiebungsschutz nach §60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes erhielten 161 Personen
(6,4 %). Abgelehnt wurden die Anträge von 1 486 Personen (58,8 %). Anderweitig
erledigt (z.B. durch Verfahrenseinstellungen wegen Rücknahme des Asylantrages)
wurden die Anträge von 862 Personen (34,1 %). Pressemitteilung BMI 09.01.07
Dezember
2006 | | | | |
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