efms Migration Report
August 2006 | | | | |
EU: Kritik an fehlenden
Hilfen für Spanien zur Bewältigung der Flüchtlingsströme
Bei einem Treffen mit der spanischen Vize-Ministerpräsidentin Maria Teresa
Fernandez de la Vega am 30.08.06 in Brüssel räumte Innen- und
Justizkommissar Franco Frattini ein, die EU stelle zu wenig Schiffe und Hubschrauber zur
Verfügung, um Spanien bei der Bewältigung der afrikanischen
Flüchtlingsströme auf die Kanarischen Inseln effektiv zu helfen.
Unterstützt von vier EU-Ländern (Finnland, Italien, Portugal und Spanien) hatte
die Grenzagentur Frontex die Aktion mit dem Codenamen "Hera-II" erst Mitte
August begonnen. Die EU-Patrouillen sind bisher auf die Küsten Mauretaniens und der
Kanaren beschränkt, werden aufgrund der am 21.08.06 durch die senegalesische
Regierung gegebenen Zustimmung jedoch bald auch auf die senegalesischen Gewässer
ausgeweitet. Bisher verstärkte sich der Flüchtlingsstrom trotz Aufnahme der
gemeinsamen Patrouillen vor Nordwestafrika eher noch - über 1.600 von den bereits
seit Anfang des Jahres circa 18.000 afrikanischen Migranten kamen allein in der letzten
Augustwoche auf die Kanarischen Inseln. Frattini bekräftigte, die illegale Migration sei
nicht das Problem eines einzigen, sondern aller europäischen Länder. Er zeigte
Verständnis für die Frustration der Spanier und beklagte, etliche
EU-Länder sträubten sich gegen eine gemeinsame Einwanderungspolitik. Da die
Kommission über keine weiteren finanziellen Mittel mehr verfüge, gab er die
Bitte Spaniens nach mehr Unterstützung an die EU-Mitgliedstaaten weiter. Er
versprach, die Flüchtlingsproblematik bei der Konferenz der EU-Innenminister Ende
September im finnischen Tampere erneut anzusprechen. NZZ
05.08.06 // NN 12.08.06 // taz 27.08.06 // FAZ 30.08.06 // NZZ 31.08.06 // SZ 31.08.06
Beschwerde vor dem
UN-Komitee zur Beseitigung von Rassismus (CERD) Der Zentralrat deutscher
Sinti und Roma hat bei der CERD Beschwerde aufgrund von Entscheidungen der
brandenburgischen Justiz eingelegt. Wie der Zentralrat mitteilte, ist dies die erste Beschwerde
gegen Deutschland gemäß Art. 14 der "Internationalen Konvention zur
Beseitigung von rassistischer Diskriminierung". Grund: Die Staatsanwaltschaft
Neuruppin hatte Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen einen bayerischen
Kriminalpolizisten, der in einem Leserbrief in der Zeitschrift des Bundes Deutscher
Kriminalbeamter (BDK) Sinti und Roma als "Trickdiebe, Betrüger und
Sozialschmarotzer" bezeichnet hatte, eingestellt. Diese Entscheidung wurde von der
Brandenburger Generalstaatsanwaltschaft und dem Oberlandesgericht Brandenburg
bestätigt. Matthias Platzeck (SPD), brandenburgischer Ministerpräsident, stellte
sich hinter den Zentralrat und verurteilte die "beschämenden
Äußerungen" des Polizisten. Er wolle sich erneut für
schärfere Gesetze bei rassistischen Gewaltstraftaten einsetzen. Der Zentralrat will mit
seiner Klage vor dem UN-Komitee erreichen, dass rassistisch motivierte Straftaten
künftig eher als Verbrechen eingestuft und härter bestraft werden. SZ 29.08.06 // FR 30.08.06
Gescheiterte
Terroranschläge in Regionalzügen schädigen Islam-Dialog
Am 31.07.06 wurden in zwei Regionalzügen von Aachen nach Hamm und von
Mönchengladbach nach Koblenz "Kofferbomben" deponiert, die wegen
technischer Mängel nicht detonierten. Verdächtigt werden die Libanesen Jihad
H. und Youssef Mohamed E.H. Auslöser für die islamistisch motivierten
Attentate sind laut Bundeskriminalamt (BKA) u.a. die als Angriff der westlichen Welt auf
den Islam interpretierten Veröffentlichungen der Mohammed-Karikaturen in deutschen
Zeitungen. Aufgrund der ausländischen Herkunft der Verdächtigen
äußerten einige Politiker der Großen Koalition die Idee,
Fingerabdruckkontrollen für einreisende Bürger aus Staaten mit erhöhter
Terrorgefahr einzuführen. Deutsche Sicherheitsbehörden könnten so
schon bei der Beantragung eines Visums Bedenken gegen eine Einreiseerlaubnis
überprüfen. Zudem forderten Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble
(CDU) und der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Dieter
Wiefelspütz, die in Deutschland lebenden Muslime zu einem deutlicheren Bekenntnis
gegen den Terror auf. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland wies die Vorwürfe
zurück. Extremistische Tendenzen in Moscheen seien auch bisher schon an die
Behörden gemeldet worden. Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime,
Mayzek, kritisierte, pauschale Verdächtigungen gegen Muslime stärkten
islamischen Hardlinern den Rücken und verstärkten die Gefahr einer Spaltung
der Gesellschaft. Dies schade den Dialog-Bemühungen des Zentralrats gewaltig. Auch
der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya, klagte über "einen mehr oder
weniger offen vorgebrachten Generalverdacht gegen Muslime". Der Vorsitzende der
Türkischen Gemeinde Kenan Kolat, appellierte an die Politiker, Augenmaß zu
behalten. Terroranschläge würden von der türkischen Gesellschaft
geächtet. Pressemitteilung BKA 18.08.06 //
Pressemitteilung BMI 18.08.06 // Die Zeit 24.08.06 // Netzzeitung (online) 24.08.06 // FR
25.08.06 // FR 26.08.06 // tagesschau (online) 28.08.06 // FR 31.08.06
Geplantes Bleiberecht
Geduldeter führt zu Streit und zu vermehrten Abschiebungen In der Debatte
um ein Bleiberecht für Ausländer, die seit Jahren ohne gesicherten Status in
Deutschland leben, zeichnet sich vorerst keine Einigung ab. Während
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Altfallregelung für die
fast 200.000 hiervon betroffenen Familien anstrebt, kündigte Bayerns Innenminister
Günther Beckstein (CSU) an, mit ihm werde es eine Einigung hierüber nur
"in ganz engen Grenzen, wenn überhaupt" geben. Wer bleiben wolle,
müsse schon überdurchschnittlich gut integriert sein. Beckstein fordert
außerdem, dass Asylbewerber oder Flüchtlinge, die sich über lange
juristische Klagewege ihren bisherigen Aufenthalt in Deutschland gesichert hatten, kein
Bleiberecht bekommen dürften. SPD-Innenminister wie auch CDU-Politiker Wolfgang
Bosbach widersprechen dem: Wer alle legalen rechtlichen Möglichkeiten
ausschöpfe, dürfe keine Nachteile haben. Die Diskussion um ein Bleiberecht
führt laut der Organisation Pro Asyl derzeit zu vermehrten Abschiebungen: Menschen
würden von den Ausländerbehörden in einer Art
"Torschlusspanik" bedenkenloser in Krisen- und Kriegsregionen
zurückgeschickt. Es sei zynisch, ausgerechnet diejenigen abzuschieben, die in drei
Monaten wahrscheinlich ein Bleiberecht erhielten. In den Ausländerbehörden in
Frankfurt und Offenbach sorgten die vermehrten Abschiebungen sogar in den eigenen Reihen
für Kritik. NN 07.08.06 // SZ 07.08.06 // SZ 08.08.06 // Die
Welt 08.08.06 // FR 09.08.06 // BZ 11.08.06 // FR 24.08.05
Große Koalition will
Integrationskurse für Zuwanderer ausbauen Vertreter von Union und SPD
verständigten sich im Rahmen einer Reform des Zuwanderungsgesetzes auf einen
Ausbau der Kursdauer von derzeit 630 Stunden auf etwa 900 Stunden. Grund: Da weniger als
ein Drittel der Teilnehmer die anschließenden Tests bestünden, würde das
angestrebte Sprachniveau nur von einer geringen Anzahl von Zuwanderern erreicht. Eine
Ausweitung sei möglicherweise jedoch nur für Jugendliche und Frauen
finanzierbar. Die FDP wie auch der Bundesverband Deutscher Privatschulen e.V. (VDP)
bemängeln, die Integrationskurse müssten mindestens auf 1.200 Stunden
erhöht werden. Die Koalition erwägt zudem, das Entgelt für den
Unterricht zu erhöhen. Zahlreiche Kursträger wie etwa die Volkshochschulen
hatten darüber geklagt, dass die bisherige Honorierung nicht ausreiche. Der
migrationspolitische Sprecher der Grünen, Josef Winkler, kritisierte die jetzt bekannt
gewordenen Vorschläge ständen im Widerspruch zu dem Haushaltsplan des
Jahres 2006: Dort waren die Mittel für die Integrationskurse um ein Drittel auf 141
Millionen Euro gesenkt worden. Die Grünen (online)
08.08.06 // FDP Fraktion (online) 08.08.06 // SZ 08.08.06 // FR 09.08.06 // Die Welt
09.08.06 // Bundesverband Deutscher Privatschulen 09.08.06
Zuwanderung
Hochqualifizierter soll auf Drängen der Wirtschaft erleichtert werden
Um
mehr Spitzenkräfte nach Deutschland zu locken fordern DIHK-Präsident
Ludwig Georg Braun und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ein Punktesystem nach
australischem und kanadischem Vorbild. Zuwanderung könnte so nach bestimmten
Qualifikationen wie Ausbildung, Berufserfahrung und Sprachkenntnissen gesteuert werden.
"Wer die besten Köpfe der Welt haben will, darf sie nicht aussperren",
betont Hundt. Es sei ein gewaltiger Irrglaube anzunehmen, die Abschottung des
Arbeitsmarktes gegen ausländische Fachkräfte führe zu mehr
Beschäftigung von Inländern. Die Zahl von gerade einmal knapp 140
eingewanderten Spitzenkräften im ersten Quartal dieses Jahres belege, dass
Deutschland längst nicht mehr attraktiv genug sei. Im Jahr 2005 erhielten laut
Bundesarbeitsministerium nur rund 900 Spezialisten eine Niederlassungserlaubnis. Ein Jahr
zuvor waren noch an die 2.300 IT-Fachleute eingereist. Auch Nordrhein-Westfalens
Integrationsminister Armin Laschet (CDU) fordert eine diesbezügliche Reform des
Zuwanderungsgesetzes. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wie auch der
innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, signalisieren nun eine
erleichterte Zuwanderung junger Hochqualifizierter bis etwa 30 Jahre. Die bisherige
Regelung, nach der Hochqualifizierte mindestens 85.000 Euro im Jahr verdienen
müssen soll um ein Drittel auf etwa 64.000 Euro gesenkt werden. Ein von Braun und
Hundt gefordertes Auswahlsystem nach Punkten lehnen Unionspolitiker wie der bayerische
Innenminister Günther Beckstein (CSU) dagegen ab. Auch will die große
Koalition keine Gesetzesänderungen zu Gunsten selbstständiger
Spitzenkräfte, welche bisher eine Million Euro investieren und zehn
Arbeitsplätze schaffen müssen, vornehmen. Dies stößt in weiten
Teilen der Wirtschaft auf Unverständnis. Der Spiegel
(online) 03.08.06 // BZ 04.08.06 // NN 04.08.06 // SZ 05.08.06 // tagesschau (online)
05.08.06 // Handelsblatt 07.08.06 // NN 12.08.06
BMI erlässt
Entscheidungsstopp und verfügt Abschiebestopp für Libanesen
Wegen der Kämpfe im Nahen Osten hat Bundesinnenminister Wolfgang
Schäuble (CDU) den für Abschiebungen zuständigen
Bundesländern einen vorläufigen Abschiebestopp für die derzeit etwa
5.500 geduldeten Libanesen in Deutschland empfohlen. Für das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) verfügte Schäuble zudem einen
vorübergehenden Entscheidungsstopp von bis zu sechs Monaten über
Asylanträge von Libanesen. Angesichts der Situation im Libanon sei es besonders
schwierig, die zur Entscheidung über Asylanträge nötige
Aufklärung der persönlichen Lage zu ermöglichen. SZ 05.08.06
BA und NRW
fördern Ausbildungsplätze für Migrantenjugendliche Die
Bundesagentur für Arbeit (BA) will noch in diesem Ausbildungsjahr 5.000
zusätzliche außerbetriebliche Ausbildungsplätze für
ausländische Jugendliche ohne Lehrstelle schaffen. Weitere 2.500 Plätze sollen
Anfang 2007 folgen. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 165 Millionen Euro für drei
Jahre. Ausbildungssuchende mit Migrationshintergrund hätten es besonders schwer,
einen Ausbildungsplatz zu finden, begründete der BA-Vorstandsvorsitzende
Frank-Jürgen Weise den Vorstoß. Das Sofortprogramm sieht die praktische
Ausbildung in Betrieben sowie die Vermittlung von Fachwissen und eine
sozialpädagogische Betreuung durch Berufsbildungszentren vor. Auch in
Nordrhein-Westfalen werden Migrantenjugendliche im Rahmen des Aktionsplans
"14plus" der Landesregierung in ihren Ausbildungschancen gefördert. An
drei Schulen in Ahlen und Münster durchlaufen Schüler ab 14 Jahren
Bewerbungspraktika und erhalten eine individuelle Berufs- und Talentberatung. Von dem
Förderungsgeld in Höhe von 400.000 Euro werden auch zusätzliche
Sozialarbeiter und Sozialpädagogen eingestellt. Laut Integrationsminister Armin
Laschet (CDU) sollen die Erfahrungen des Pilotprojekts nach 17 Monaten
flächendeckend auf alle Haupt- und Gesamtschulen des Landes übertragen
werden. WDR (online) 15.08.06 // FR 16.08.06 //
Zweiwochendienst (online) 16.08.06
Berlin: Moscheebau und
Kulturzentrum verboten In dem seit 2003 andauernden Streit zwischen dem
muslimischen Verein Inssan und dem Bezirk Neukölln verfügte die
zuständige Baustadträtin und Vize-Bürgermeisterin, Stefanie Vogelsang
(CDU), dass der Verein aufgrund baurechtlicher Bedenken keine Sondergenehmigung zum
Errichten einer Moschee oder eines Kulturzentrums erhält. Zudem warf sie dem
Grundstückseigentümer des 4.700 Quadratmeter großen Geländes,
Ibrahim El-Zayad, vor, Verbindungen zur islamistischen Muslimbruderschaft zu pflegen.
Eine Genehmigung hätte der Integration von Migranten deswegen auch
kontraproduktiv entgegengestanden. Die ehemalige Ausländerbeauftragte Berlins,
Barbara John (CDU), zeigte sich über das Vorgehen von Vogelsang empört:
Inssan setze sich aus "ernsthaften jungen Leuten" zusammen und würde
für einen europäischen Islam eintreten. Ebenfalls kritisch reagierte die
katholische Kirche. Der Wunsch der Muslime nach sichtbaren Stätten des Gebets sei
nachvollziehbar und ein gutes Zeichen. BZ 02.08.06 // BZ
03.08.06
Bayern richtet
Härtefallkommission ein Als eines der letzen Bundesländer setzt
Bayern am 01.09.06 zunächst probeweise für ein Jahr eine
Härtefallkommission für ausreisepflichtige Ausländer ein. Die neun von
Innenminister Günther Beckstein (CSU) ernannten stimmberechtigten Mitglieder
gehören der evangelischen und der katholischen Kirche, der
Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie den kommunalen
Spitzenverbände an. Ihre Beschlüsse, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit
notwendig ist und gegen die es keine Rechtsmittel gibt, sind für das Innenministerium
allerdings nicht bindend. Die Kommission kann nicht von Außenstehenden oder
betroffenen Ausländern selbst angerufen werden und wird sich nur mit von dem
Petitionsausschuss des Landtages oder Mitgliedern des Gremiums selbst vorgeschlagenen
Härtefällen befassen. Härtefall-Verfahren besitzen keine aufschiebende
Wirkung auf die Ausreisepflicht eines abgelehnten Asylbewerbers. Beckstein ließ
keinen Zweifel daran, dass die Kommission keinen Wandel der bayerischen
Ausländerpolitik einleiten wird: "Wenn sich die Härtefälle zu
hunderten häufen, wird der Innenminister dem (Votum, efms) nicht mehr
folgen." SZ 10.08.06 // NN 11.08.06 // SZ
11.08.06
Asylstatistik Im
August 2006 haben 1.899 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Damit stieg die
Zahl der Asylbewerber gegenüber Juli 2006 um 36,6% (+509 Personen) und ist im
Vergleich zum Vorjahresmonat August 2005 um 21,6% (-524 Personen)
zurückgegangen. Hauptherkunftsländer im August waren wie schon im Juli
Serbien und Montenegro (258), Irak (224) sowie Türkei (173) vor der Russischen
Föderation (93) und Vietnam (88). Das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge hat über die Anträge von 2.422 Personen entschieden, von
denen 14 Personen (0,6%) als asylberechtigt anerkannt wurden. Weitere 75 Personen (3,1%)
erhielten Abschiebungsschutz nach §60 Abs.1 des Aufenthaltsgesetzes. Abgelehnt
wurden die Anträge von 1.461 Personen (60,3%). Auf sonstige Weise, z.B. durch
Verfahrenseinstellung wegen Rücknahme des Asylantrags, wurden die Anträge
der übrigen 872 Personen (36,0%) erledigt. Pressemitteilung BMI 07.09.06
August
2006 | | | | |
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