efms Migration Report
August 1998 | | | | |
USA kritisieren deutsche Rückführungen nach Bosnien Die US-Regierung übte öffentlich scharfe Kritik an den "erzwungenen Massenabschiebungen" von bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen aus Deutschland, da dadurch der dortige Friedensprozess gestört werde. Auch der UNHCR äußerte Sorge über die Destabilisierung in der Region. Die deutsche Regierung verwahrt sich gegen die Vorwürfe. Bundesinnenminister Manfred Kanther betont, daß angesichts einer Zahl von 1.200
Abgeschobenen,
von denen die meisten Straftäter sind, nicht von Massenabschiebung die Rede sein könne. Im übrigen handle der Großteil der Rückkehrer freiwillig. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Flüchtlingsrückführung Dietmar Schlee weist auf die Aufbauhilfe hin, die Deutschland in Bosnien leiste, und verlangt erneut eine Koordination der Flüchtlingspolitik innerhalb der EU. FAZ 06.08.98 // taz 06.08.98 // SZ 07.08.98
Organisierte Schleuserkriminalität ist wachsende Herausforderung für Grenzschützer Immer mehr Einschleusungen von Ausländern über die Ostgrenzen nach Deutschland werden von den Behörden aufgedeckt. Nach Informationen des Bundesinnenministeriums wurden im ersten Halbjahr 1998.127 Schleuser und 2.160 Personen registriert, die bei 97 großen Schleuseraktionen illegal ins Land gebracht wurden. Im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres habe sich die Zahl fast verdoppelt. Der organisierte
Menschenschmuggel hat sich zu einem ähnlich einträglichen Geschäft wie Rauschgifthandel entwickelt. Als Reaktion auf die wachsende Herausforderung durch Schlepperorganisationen hat sich das Personal des Bundesgrenzschutzes (BGS) vervielfacht. Im Jahr 1992 gab es 2.500 Grenzschutzbeamten; in Kürze werden es laut Ankündigungen von Bundesinnenminister Manfred Kanther 11.000 sein. taz 03.08.98 // Welt 08.08.98 // FAZ 15.08.98 // FR 17.08.98
Flüchtlingswelle aus dem Kosovo befürchtet Nach Angaben von Pro Asyl sind 200.000 Kosovo-Albaner auf der Flucht. Bundesentwicklungsminister Carl-Dieter Spranger (CSU) sieht Deutschland nicht in der Lage, die zu erwartenden Flüchtlingsströme aus dem Kosovo aufzunehmen, da die Belastungsgrenze mit den insgesamt rund 450.000 Flüchtlingen aus Ex-Jugoslawien erreicht sei. Besorgniserregend sei zudem die hohe Kriminalitätsrate der bereits im Land lebenden Kosovo-Albaner. Bayerns Innenminster Günter
Beckstein (CSU) fordert die Einrichtung von Auffanglagern in Italien und Albanien. Eine Anerkennung der Kosovo-Flüchtlinge als Bürgerkriegsflüchtlinge lehnt er ab, denn Deutschland könne nicht wieder alleine die Hauptlast tragen. Der Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung Dietmar Schlee fordert deshalb erneut eine europäische Lösung mit Aufnahmequoten. Der Berliner Innensenator Jörg Schönbohm ist der Meinung, die Rückführung von bosnischen Flüchtlingen müsse vorangetrieben werden, um der neuen Flüchtlingswelle Rechnung zu
tragen. Der Bundesverfassungschutz kündigt eine verstärkte Überprüfung der in Deutschland eingetragenen Vereine von Kosovo-Albanern an, da dort vermutlich neben humanitärer Hilfe auch Waffensammlungen für den Kosovo organisiert würden. FR 05.08.98 // Welt 07.08.98 // NZ 15.08.98 // dpa 17.08.98
Vorerst keine Ausweisung für "Mehmet" und seine Eltern Der kriminelle türkische Jugendliche "Mehmet" und seine Eltern dürfen vorerst in Deutschland bleiben. Die Beschwerde wegen der geplanten Ausweisung des Jungen mit seinen Eltern wurde vom bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen, da "erhebliche rechtliche Bedenken" geäußert werden. Eine entgültige Entscheidung wird im September erwartet. FAZ 12.08.998 // SZ 12.08.98
Bundesverfassungsgericht: Familientrennung während Asylverfahrens zumutbar Angehörige einer Familie, die in verschiedenen europäischen Ländern Asyl beantragen, haben für die Dauer des Verfahrens keinen Anspruch auf Familienzusammenführung. Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Fall eines Kurden entschieden, der in Spanien Asyl beantragt hatte, während seine Frau und sein Kind Asylanträge in Deutschland gestellt haben. FAZ 13.08.98 // SZ 13.08.98
Berichte über Folter nach Abschiebungen in die Türkei Nach Angaben von Amnesty International und dem türkischen Menschenrechtsverein IHD mehren sich Berichte über Folterungen und Mißhandlungen von Personen, die aus Deutschland in die Türkei ausgewiesen oder abgeschoben wurden. Bonn vertraut jedoch weiterhin auf die Zusagen der türkischen Regierung, daß abgeschobenen Türken eine rechtsstaatliche Behandlung zuteil werde. Da die Berichte des Auswärtigen Amts eine wesentliche
Grundlage für Entscheidungen des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) sind, fordern Menschenrechtsorganisationen seit langem, daß solche Fälle in die Berichte aufgenommen werden, damit die Behörden vorsichtiger mit der Abschiebung von Personen in die Türkei umgehen. FAZ 18.08.98 // FR 25.08.98
Autovermieter und Bevölkerung zum Kampf gegen Schleuser mobilisiert Polizei und Bundesgrenzschutz wollen in grenznahen Gebieten zu Polen und Tschechien mit einer Flugblattaktion "Vorsicht Schleuser" die Bevölkerung gegen Schleuser mobilisieren. Sie wenden sich desweiteren gezielt an Autovermieter, da Menschenhändler zunehmend Transporter mieten, um Personengruppen illegal über die Grenzen zu bringen. dpa 20.08.98 // FR 21.08.98
Zunehmendes Interesse an deutscher Staatsbürgerschaft Bei einer repräsentativen Umfrage der Offenbacher Forschungsgesellschaft Marplan äußerten 57% der 2.028 befragten in Deutschland lebenden Ausländer Interesse an einem deutschen Paß. Im vergangenen Jahr waren es 54,4 %. Der Anteil derer, die keinen deutschen Paß wollen, sank von 45,3% im Jahr 1997 auf 41,8%. Besonders junge Türken wollen die Einbürgerung: 30% der türkischen Befragten ist "sehr interessiert", weitere 36,1%
"etwas interessiert" an der deutschen Staatsbürgerschaft. Dabei gehören 43,5% der "sehr interessierten" Türken der Altersgruppe bis 25 Jahre an. Dagegen zeigen EU-Ausländer geringeres Interesse: Knapp 61% der Spanier, 56,7% der Italiener und 56,2% der Griechen wollen keinen deutschen Paß. NZ 20.08.98
Union: Reformvorschläge für Ausländerpolitik Der Rechtspolitiker und stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Rupert Scholz fordert in einem Positionspapier bessere Integrationsmöglichkeiten für Ausländer, u.a. durch leichteren Erwerb der Staatsangehörigkeit, bei gleichzeitiger Begrenzung der Zuzugsmöglichkeiten. Maßgeblich für den weiteren Zuzug von Ausländern sollen die Interessen Deutschlands sein. Von Jahresquoten hält Scholz nichts, solange weiterhin
eine
starke illegale Zuwanderung durch den Verbleib abgelehnter Asylbewerber stattfinde. Das Grundrecht auf Asyl solle, in Anlehnung an andere europäische Länder, in eine institutionelle Garantie umgewandelt werden, um den Mißbrauch einzudämmen. Diese Reformvorschläge stoßen beim Koalitionspartner FDP und bei den Grünen auf Widerspruch, da damit das Asylrecht de facto abgeschafft würde. Nach Meinung des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Otto Schily zielt die Ausländerpolitik der Union lediglich auf Abgrenzung, nicht auf Integration ab. Der Grünen-Abgeordnete
Cem Özdemir hält die Vorschläge für ein "Sammelsurium" integrations- und familienfeindlicher Verschärfungen des Ausländer- und Asylrechts. FAZ 18.08.98 // SZ 19.08.98 // dpa 19.08.98 // FR 20.08.98
Kritik an türkischer Einmischung in deutschen Wahlkampf Nachdem die türkische "Republikanische Volkspartei" CHP die Wähler türkischer Herkunft zur Stimmabgabe für die SPD aufforderte und Ministerpräsident Yilmaz den eingebürgerten Türken empfahl, nicht für die CDU zu stimmen, äußert die Union Empörung über die Einmischung der türkischen Politiker in den deutschen Wahlkampf. Auch der Generalsekretär der "Liberalen Deutsch-Türkischen
Vereinigung" Mehmet Daimagüler beschwerte sich, da die eingebürgerten Türken deutsche Staatsbürger seien und sich nicht als "fünfte Kolonne Ankaras" mißbrauchen ließen. Er forderte das Auswärtige Amt zum Eingreifen gegen die politische Einflußnahme auf die türkischstämmigen Deutschen auf, deren Wählerpotential von inzwischen 220.000 Personen weiterhin rasch zunimmt. dpa 20.08.98 // FAZ 21.08.98
Amtszeit von Cornelia Schmalz-Jacobsen beendet Nach siebenjähriger Amtszeit als Ausländerbeauftragte der Bundesregierung scheidet die FDP-Politikerin Cornelia Schmalz-Jacobsen aus dem Amt. In ihrem Memorandum, in dem sie Bilanz über ihre Tätigkeit zieht, spricht sie sich ausdrücklich für eine rechtliche Regelung der Zuwanderung aus. Deutschland benötige ein schlüssiges Konzept einer systematischen Integrationspolitik; Ausländer-, Aussiedler-, Asyl- und Integrationspolitik sollten ihrer
Meinung nach in einem zentralen Bundesamt für Migration zusammengefaßt werden und auf europäischer Ebene behandelt werden. FR 27.08.98 // SZ 27.08.98 // NN 27.08.98
BAFl-Mitarbeiter recherchieren in Herkunftsländern von Asylbewebern Seit Beginn des Jahres sind Bedienstete des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) an deutschen Auslandsvertretungen tätig, um in den Herkunftsländern von Flüchtlingen asylrelevante Fragen zu überprüfen und bessere Kenntnisse über die Situation in den Länder zu erhalten. BAFl-Mitarbeiter wurden zunächst nach Sri Lanka, Pakistan, nach Kongo und in die Türkei entsandt,
später auch nach Armenien, Georgien, Bundesrepublik Jugoslawien, Togo und Nigeria. Auf Anfrage des BAFl überprüfen die Mitarbeiter vor Ort entscheidungsrelevante Einzelheiten, die Asylbewerber zur Begründung ihrer Anträge angeben. Pressemitteilung des BAFl 31.08.98
Bayern: Weniger Zuwanderung Zum ersten Mal seit 1988 sind im vergangenen Jahr mehr Ausländer aus Bayern ausgereist als zugezogen: Insgesamt zogen 134.000 Ausländer fort von Bayern, darunter 17.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien. Die Gesamtzahl der in Bayern lebenden Ausländer ist um 1,7% zurückgegangen. Bayerns Innenminister Günther Beckstein betrachtet dies als Erfolg seiner harten Ausländerpolitik. Den Neuzuzug von 110.000 Menschen ausländischer Herkunft hält
er immer noch für zu hoch, da das Land mit deren Integration überfordert sei. Bei bestimmten Berufsgruppen wie Wissenschaftlern, Studenten, Künstlern und Geschäftsleuten will Bayern sich aber auch in Zukunft weltoffen zeigen. SZ 22.08.98
Mehr Fälle von Frauenhandel aufgedeckt Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums werden immer mehr Frauen aus Osteuropa von Menschenhändlern mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und dort zur Prostitution gezwungen. Die Zahl der aufgedeckten Fälle hat sich seit 1993 auf 1.091 verdoppelt; die Dunkelziffer wird viel höher geschätzt. Etwa 39% der Frauen stammt aus den GUS-Staaten, 18% aus Polen und 12% aus der ehemaligen Tschechoslowakei. taz 26.08.98
Statistik: Fremdenfeindliche Straftaten Das Bundeskriminalamt (BKA) hat im ersten Halbjahr 1998 insgesamt 937 fremden- und ausländerfeindliche Straftaten registriert, bei denen 203 Personen verletzt wurden. In Mecklenburg-Vorpommern wurden 406 Angriffe auf Ausländer gezählt; gemessen an der Bevölkerungsdichte stand dieses Bundesland an der Spitze. FR 26.08.98 // FAZ 26.08.98
Aussiedlerstatistik Trotz der Krise in Rußland ist sowohl die Zahl der nach Deutschland auswandernden Spätaussiedler als auch die Zahl der neuen Anträge rückläufig. Im August kamen 8.961 Deutschstämmige aus Rußland, im Juli waren es 9.119; im August 1997 betrug ihre Zahl 10.671. Seit Beginn des Jahres wurden insgesamt 64.728 Neuzuzüge gezählt; das sind fast 30.000 weniger als im gleichen Zeitraum 1997. SZ 02.09.98 // taz 02.09.98
Asylstatistik Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben im August insgesamt 8.378 Menschen Asyl beantragt, 158 Personen weniger als im August 1997. Nach wie vor stammen die meisten Asylbewerber aus der Bundesrepublik Jugoslawien (3.457), aus der Türkei (903) und dem Irak (495). Im August wurden 420 Anträge anerkannt; 436 Personen erhielten Abschiebeschutz; 6975 wurden abgelehnt. dpa 03.09.98
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