efms Migration Report
April 1998 | | | | |
BND: Türkische Behörden sind in Schlepperaktivitäten verwickelt In einem vertraulichen Lagebericht an die Bundesregierung wirft der Bundesnachrichtendienst (BND) türkischen Behörden vor, den Menschenschmuggel in Richtung Deutschland zu tolerieren oder gar zu fördern. Der BND untermauert seine Vermutung mit dem Hinweis auf das sehr effiziente Sicherheits- und Überwachungssystem" in der Türkei. Demnach zeigten laut BND die zahlreichen, von Schlepper-Organisationen unterstützten
Migrationsbewegungen über die Türkei der vergangenen Jahre, daß diese Aktivitäten nicht mit allen dem Sicherheitsapparat zur Verfügung stehenden Mitteln unterbunden worden sind". Der BND vermutet in Berufung auf den türkischen Nachrichtendienst, daß insbesondere türkische Beamte, die die Grenzen und Häfen bewachen, bestochen würden und so umfangreiche Schlepperaktivitäten" begünstigten. Welt 01.04.98
Kanther und Beckstein fordern bundesweite Schleierfahndung Auf den Wegfall der Grenzkontrollen zwischen Deutschland, Österreich und Italien durch das Inkrafttreten des Schengener Abkommens zwischen diesen Ländern am 1. April haben Bundesinnenminister Manfred Kanther und Bayerns Innenminister Günther Beckstein mit der Forderung nach der Einführung der bundesweiten Schleierfahndung reagiert. Demnach soll es der Polizei erlaubt sein, im gesamten Bundesgebiet Personenkontrollen auch ohne konkreten Tatverdacht
durchzuführen. SZ 02.04.98
Nordrhein-Westfalen: Ausländer werden in Pilotprojekt der Polizei aufgenommen Nordrhein-Westfalens Innenminister Franz-Josef Kniola will demnächst verstärkt Ausländer aus Nicht-EU-Staaten in die Polizei aufnehmen, auch wenn diese nicht beabsichtigen, deutsche Staatsbürger zu werden. Sie sollen insbesondere in Stadtvierteln mit hohem Ausländeranteil den Kontakt zwischen Einwohnern und Sicherheitsbehörden verbessern. Bislang tragen 25 Ausländer die grüne Uniform. Ermöglicht
wird dies durch eine seit 1993 gültige Ausnahmeregelung im Landesbeamtengesetz. Allerdings sorgt ein bisher zwingend vorgeschriebener Sprachtest dafür, daß nur wenige Bewerber eingestellt werden können. 1997 waren es nur 25 von insgesamt 532 ausländischen Bewerbern. Kniola möchte nun den Sprachtest durch einen Culture fair"-Test ersetzen. Bei ihm würden vor allem die Auffassungs- und Kombinationsfähigkeit sowie die Intelligenz der Bewerber geprüft und die verbale Hürde möglichst klein gehalten. Die eingestellten Polizeianwärter müssen
dann erst während der Ausbildung korrektes und verständliches Deutsch lernen. Nach Ansicht Kniolas gehören zu einer multikulturellen Gesellschaft auch multikulturelle Ordnungshüter. Ferner hätten ausländische Beamte besseren Zugang zu ausländischen Bevölkerungsgruppen, da sie eher mit deren Mentalität und Lebensweisen vertraut seien. Welt 03.04.98
Berliner CDU will Ghettobildung von Ausländern vermeiden Nach Angaben des parlamentarischen Geschäftsführers der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhauses Roland Gewalt werden Maßnahmen geprüft, um die Ghettobildung in den Bezirken Tiergarten, Wedding und Kreuzberg zu verhindern. Aus diesem Grund werde überlegt, in diesen Bezirken Sozialwohnungen nur noch begrenzt an Ausländer zu vergeben. Auch über Quotenregelungen an Schulen werde nachgedacht. Ferner sollten neuankommende
Flüchtlinge und Asylbewerber mehr und mehr in anderen Bezirken untergebracht werden. Vom Tisch sind nach den Worten Gewalts hingegen Überlegungen, Ausländern den Zuzug in bestimmte Gebiete zu verbieten. FAZ 02.04.98 // SZ 08.04.98
Umfrage: Doppelte Staatsangehörigkeit auch in der Bevölkerung umstritten Eine repräsentative Umfrage des Emnid-Instituts ergab, daß die Frage der doppelten Staatsangehörigkeit auch in der Bevölkerung umstritten ist. 28 Prozent der Befragten sprachen sich für eine unbefristete doppelte Staatsangehörigkeit für die in Deutschland geborenen Kinder von Ausländern aus. 42 Prozent unterstützen eine zeitlich befristete doppelte Staatsangehörigkeit und 25 Prozent lehnen diese kategorisch
ab. Die meisten Befürworter der doppelten Staatsangehörigkeit finden sich unter den Anhängern der PDS und bei Bündnis 90/Die Grünen. Die entschiedensten Gegner der doppelten Staatsangehörigkeit sind unter den Wählern der Republikaner und der FDP zu finden. Auch bei der Frage, ob in Deutschland lebende Ausländer generell die gleichen Rechte haben sollten wie Deutsche, gehen die Meinungen auseinander. Je 47 Prozent stimmen für gleiche Rechte bzw. lehnen dies ab. In dieser Frage sprechen sich die Anhänger von PDS und Bündnis 90/Die Grünen am
ehesten für Rechtsgleichheit aus. Unter den SPD-Anhängern findet sich eine knappe Mehrheit für diese Forderung. Die CDU/CSU-Anhänger lehnen diese jedoch mehrheitlich ab. Auch eine knappe Mehrheit der FDP-Anhänger lehnt gleiche Rechte für Ausländer ab. 64 Prozent der Befragten sind der Ansicht, daß Ausländer unsere Kultur bereichern". Ebenfalls 64 Prozent sind nicht der Auffassung, daß Ausländer den Deutschen Arbeitsplätze wegnehmen. Welt 03.04.98
Bundesamt: Asylbewerber reisen immer häufiger in ihr Herkunftsland Nach Angaben des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge häufen sich die Fälle, in denen in Deutschland anerkannte Asylbewerber kurze Zeit nach ihrer Anerkennung für mehrere Wochen oder Monate in ihr Herkunftsland reisen, um danach wieder nach Deutschland zurückzukehren. Auffallend hoch sei hierbei die Zahl der Asylberechtigten aus dem Nordirak. Die Reisen erfolgten mit deutschen Flüchtlingsausweisen,
obwohl diese im Herkunftsland nicht gültig seien. Nach Ansicht des Bundesamtes widerspreche dieses Verhalten der behaupteten politischen Verfolgung, denn durch die Reise in das Herkunftsland wird mit aller Deutlichkeit offenbart, daß er dort gerade nicht verfolgt wird". In solchen Fällen würden die Asylgründe erneut geprüft und gegebenenfalls ein Widerrufsverfahren eingeleitet. Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge 02.04.98 // dpa 02.04.98 // dpa 07.04.98
Starke Zunahme der illegalen Einwanderung an deutsch-tschechischer Grenze Nach Angaben des Staatssekretärs im Bundesinnenministerium, Kurt Schelter, hat sich die Grenze zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland zum Schwerpunkt für Schleusungskriminalität und illegale Einreise entwickelt". Seinen Angaben zufolge ist 1997 die Zahl der illegal eingereisten Personen an dieser Grenze um ein Drittel auf mehr als 3.000 gestiegen. Die Zahl der Geschleusten habe sich im Vergleich zu 1996 auf 1.250 verdoppelt. Allerdings
sei die Zahl der festgenommenen Schleuser auf 200 gesunken. Es gibt hier immensen Handlungsbedarf", sagte Schelter. dpa 02.04.98 // SZ 07.04.98 // SZ 08.04.98
Schlee: 1998 sind bislang mehr als 15.000 bosnische Flüchtlinge zurückgekehrt Zwischen 15.000 und 18.000 bosnische Flüchtlinge sind in den ersten drei Monaten diesen Jahres in ihre Heimat zurückgekehrt. Dies sind nach Angaben des Bosnien-Beauftragten der Bundesregierung, Dietmar Schlee, etwa dreimal soviele Heimkehrer wie im gleichen Zeitraum 1997. Derzeit leben nun noch etwa 200.000 Flüchtlinge aus Bonsnien-Herzegowina in Deutschland. Schlee forderte weitere Hilfsprojekte, um eine Rückkehratmosphäre"
zu schaffen. Anfang Mai wird sich die Innenministerkonferenz mit den bosnischen Flüchtlingen beschäftigen, denn in den meisten Bundesländern läuft Ende April die ausländerrechtliche Duldung der Flüchtlinge aus. Welt 08.04.98 // taz 08.04.98
Abrechnungs- und Korruptionsaffäre in Oberhausener Flüchtlings- und Sozialbehörde Die Sozialbehörde von Oberhausen hat jahrelang dem Land Nordrhein-Westfalen manipulierte Angaben über die Zahl der in der Stadt lebenden Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien gemeldet und so insgesamt sieben Millionen Mark zuviel aus der Landeskasse für deren Unterbringung kassiert. Dies haben Untersuchungen des Prüfungsamtes des Regierungspräsidiums Düsseldorf ergeben.
Nach einer Entscheidung des Landesinnenministeriums muß die Stadt die zu unrecht kassierten Beträge in Raten zurückzahlen, und die zuständige Sozialdezernentin wurde vom Dienst suspendiert. Sie hatte seit 1996 von den Manipulationen gewußt und zur Verschleierung der falschen Angaben angeordnet, die an das Land zu meldenden Zahlen bis Ende 1997 auf den tatsächlichen Bestand zurückzuführen. Ferner ermittelt die Duisburger Staatsanwaltschaft gegen zwölf Mitarbeiter des Oberhausener Amtes für das Flüchtlingswesen, dessen Bereichsleiter bereits verhaftet wurde.
Ihnen wird vorgeworfen, auf die Namen von Flüchtlingen ausgestellte Barschecks einkassiert zu haben. Welt 14.04.98
Bayern will Eltern jugendlicher Straftäter ausweisen Die bayerische Staatsregierung will straffällig gewordene ausländische Jugendliche und deren Eltern verstärkt ausweisen. Um dies zu ermöglichen, bereitet die bayerische Staatsregierung eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Ausländergesetzes vor. Nach Ansicht des Staatssekretärs im bayerischen Innenministerium Hermann Regensburger sollten Ausweisungen dann vollzogen werden, wenn Eltern ihre Aufsichtspflicht grob vernachlässigten
oder ihre Kinder gezielt zu Straftaten anstifteten. Die bayerischen Pläne stießen bei FDP, SPD und den Grünen auf heftigen Widerstand. Otto Schily (SPD) nannte den Vorstoß aus Bayern aberwitzig und verfassungsrechtlich bedenklich". Ende April hat Münchens Kreisverwaltungsreferent Hans-Peter Uhl (CSU) einen ersten Ausweisungsbescheid erlassen. Demnach sollen ein 13jähriger Türke und seine Eltern bis zum 21. Juli Deutschland verlassen und nicht wieder einreisen dürfen. Der Junge hat bislang 61 Straftaten bis hin zu schwerer Körperverletzung begangen. Uhl wirft den Eltern
Untätigkeit vor und meint, daß sie ihre gesetzliche Aufsichtspflicht seit Jahren auf gröbliche Art verletzt" hätten. Welt 21.04.98 // SZ 30.04.98
Deutschland und Marokko vereinbaren Rückübernahmeabkommen Deutschland und Marokko haben sich über die Rückführung von Marokkanern ohne Bleiberecht in Deutschland nach Marokko geeinigt und ein entsprechendes Rückübernahmeabkommen unterzeichnet. Laut Bundesinnenministerium tritt das Abkommen am 1. Juni 1998 in Kraft. Es regelt das Rückführungsverfahren und die Ausstellung von Heimreisedokumenten für marokkanische Staatsangehörige, die über keine
Ausweispapiere verfügen. Bundesinnenminister Manfred Kanther geht davon aus, daß durch das Abkommen die Rückführungsmöglichkeiten der rund 9.700 Marokkaner ohne Bleiberecht in Deutschland verbessert werden. dpa 22.04.98
Auswärtiges Amt hat Einreisepraxis für homosexuelle Ausländer verschärft Das Auswärtige Amt hat eine Weisung erlassen, mit der die Einreisepraxis für homosexuelle Ausländer verschärft wird, die nach Deutschland einreisen wollen, um hier eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft zu führen. Seit September vergangenen Jahres dürfen die deutschen Botschaften und Konsulate nicht mehr selbständig Einreisepapiere für Homosexuelle ausstellen. Entsprechende Anträge
müssen zur Überprüfung an das Auswärtige Amt weitergeleitet werden. Erst nach einer Weisung des Auswärtigen Amtes dürfen die Botschaften und Konsulate dann ein Visum ausstellen. Das Auswärtige Amt widerspricht damit der Praxis in mehreren Bundesländern, wo homosexuelle Ausländer, die in Deutschland eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft führen wollen, Aufenthaltserlaubnisse erhalten können. taz 24.04.98
Oberbürgermeister engagiert sich für Rückkehr bosnischer Flüchtlinge Der Oberbürgermeister von Düren, Josef Vosen, sorgt mit großem Engagement dafür, daß 200 muslimische Flüchtlinge aus Bosnien in diesem Jahr in ihre Heimat zurückkehren können. Die Bemühungen des Sozialdemokraten dauern nun bereits seit 1995. Erst nach mehreren Reisen nach Bosnien-Herzegowina konnte Vosen eine Stadt ausfindig machen, die zur Aufnahme der Flüchtlinge bereit war.
Im Mai 1997 konnte er auch die EU und den Bund für die finanzielle Unterstützung seines Rückkehrprojekts gewinnen. Demnach werden vor Ort Wohnungen für die Flüchtlinge aus Düren gebaut. Nachdem Vosen im vergangenen Jahr geeignetes Bauland erwerben konnte, wurden die Bauarbeiten an den 62 Häusern für die 200 Flüchtlinge aus Düren in den letzten Wochen begonnen. Vosen rechnet damit, daß die Flüchtlinge im Spätsommer nach Bosnien zurückkehren können. Sie werden ferner mit jeweils 2.500 Mark Anfangsunterstützung
ausgestattet. The Wall Street Journal 22.04.98
BND: Rußland ist Haupttransitland für illegale Einwanderer Laut einem Bericht des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist Rußland das Haupttransitland für illegale Einwanderer nach Deutschland und Westeuropa. Das Schleusergewerbe könne sich in Rußland ungehindert ausbreiten, da die staatliche Bekämpfung der Korruption bislang keinen Erfolg habe. Nach Angaben des BND ist das Schleuserwesen zu einem wesentlichen" Geschäftsfeld der organisierten Krimininalität geworden. Der BND schätzt
den jährlichen Gesamtumsatz mit dem Menschenschmuggel auf über zehn Milliarden Mark. NZ 27.04.98
Reaktionen der Parteien auf DVU-Erfolg bei den Wahlen in Sachsen-Anhalt Die im Bundestag vertretenen Parteien haben sehr unterschiedlich auf den Einzug der rechtsextremen DVU in den neugewählten Landtag von Sachsen-Anhalt reagiert. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe in Bonn, Michael Glos, kündigte an, daß seine Partei darauf drängen werde, daß in das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU die Themen Mißbrauch des Asylrechts und Ausländerkriminalität aufgenommen würden.
Glos meinte, daß eine echte Volkspartei" auch die Themen aufgreifen müsse, die die Bevölkerung bewegten. Für Bündnis 90/Die Grünen forderte Cem Özdemir ein Kanzlerwort" zur Ausländerpolitik. Özdemir meinte, die demokratischen Parteien müßten deutlich machen, daß sie gemeinsam die sieben Millionen in Deutschland lebenden Ausländer mit Klauen und Zähnen verteidigen". FAZ 29.04.98 // SZ 30.04.98
Kritik an geplanten Leistungskürzungen für abgelehnte Asylbewerber Bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuß des Bundestages haben Experten der Wohlfahrtsverbände, der Kirchen, von Migrantengruppen und des Deutschen Städtetages gefordert, den vom Bundesrat eingebrachten und vom Bundeskabinett gebilligten Entwurf zur Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes abzulehnen. Hauptkritikpunkt bei der Anhörung war die Auffassung, daß es widersinnig sei, bestimmten Ausländern,
die nicht ausgewiesen werden können, einerseits Duldungen zu erteilen, ihnen aber andererseits nur Hilfe unterhalb des Sozialhilfeniveaus zukommen zu lassen. Die Wohlfahrtsverbände kritisierten ferner, daß die geplanten Leistungskürzungen die Menschenwürde der Betroffenen verletzten. Der Deutsche Städtetag kritisierte, daß der Entwurf nicht praktikabel" sei. Welt 28.04.98 // FR 30.04.98 // taz 30.04.98
Asylstatistik Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben im April 6.477 Personen in Deutschland Asyl beantragt. Damit ist die Zahl der Asylbewerber im Vergleich zum Vormonat um 10,2 Prozent gesunken. Gegenüber April 1997 hat sich die Zahl der Asylbewerber um 29,2 Prozent verringert. Hauptherkunftsländer waren die Bundesrepublik Jugoslawien mit 1.606, die Türkei mit 943 und der Irak mit 690 Antragstellern. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat im April über
12.352
Asylanträge entschieden. Die Anerkennungsquote lag bei 4,4 Prozent. Pressemitteilung des BMI 08.05.98
April 1998 | | | | |
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