efms Migration Report
September 2008 | | | | |
OECD: Deutschland
braucht mehr Zuwanderung Die Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) empfiehlt Deutschland, eine langfristige auf den
Arbeitskräftebedarf ausgerichtete Zuwanderungspolitik zu verfolgen. Aus zwei
kürzlich veröffentlichten Papieren der OECD ("International Migration
Outlook", "Bildung auf einen Blick") geht hervor, dass sich Deutschland
angesichts des bald rückläufigen Erwerbspersonenpotenzials eine restriktive
Migrationspolitik nicht länger leisten kann: Bis 2020 werde sich der Anteil der
Erwerbspersonen an der Gesamtbevölkerung trotz Zuwanderung um 2,5% verringern,
so die OECD. Gleichzeitig nehme die Zahl der nach Deutschland migrierenden Menschen ab:
Während im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr im gesamten OECD-Raum ein
Anstieg der Zuwanderung um durchschnittlich 5% zu verzeichnen gewesen sei, sei die Zahl
in Deutschland mit 216 000 im gleichen Zeitraum um 11% gesunken. Ein
Arbeitskräftemangel in Deutschland sei laut OECD daher kaum mehr aufzuhalten und
zunehmend problematisch. Der Arbeitskräftemangel könne sich vor allem im
Niedriglohsektor rächen. Defizite gebe es bereits heute, beispielsweise in der
Gastronomie oder Altenpflege. Aber auch in der internationalen Konkurrenz um
Fachkräfte falle Deutschland immer weiter zurück. Deutschland gelänge
es nur wenige Hochqualifizierte zu binden, gleichzeitig kehrten immer mehr Deutsche ihrer
Heimat den Rücken. FTD 10.09.08 // Die Welt 10.09.08 //
BZ 11.09.08 // Die Welt 11.09.08
EU: Entscheidung zur
Aufnahme irakischer Flüchtlinge abermals vertagt Bei einer Konferenz am
25.09.08 in Brüssel verschoben die Innen- und Justizminister der Europäischen
Union erneut die Entscheidung zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak auf Ende
November. Zunächst soll sich eine Delegation von Vertretern der EU und dem
Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) in den Auffanglagern der
Nachbarländer des Iraks Syrien und Jordanien über die Lage der Minderheiten
vor Ort informieren. Vertreter von Kirchen, Flüchtlingsorganisationen und Politik in
Deutschland appellierten an die Bundesregierung, unabhängig vom Beschluss der
EU-Minister eine Entscheidung zu treffen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble
(CDU) erklärte die Zurückhaltung damit, dass die Bemühung des Iraks,
Menschen zur Rückkehr zu bewegen, nicht konterkariert werden dürften.
Schäuble hatte sich zu Beginn des Jahres dafür eingesetzt, vor allem irakische
Christen europaweit aufzunehmen. Nach einem Besuch des irakischen
Ministerpräsidenten Dschawad al Maliki war er allerdings wieder
zurückgerudert. Bei der Konferenz wurden außerdem Inhalte eines Paktes zu
Einwanderung und Asyl beschlossen, der im November verabschiedet werden soll.
FAZ 22.09.08 // BZ 24.09.08 // Die Welt 24.09.08 // Pressemitteilung
Pro Asyl 25.09.08 // dpa 25.09.08 // FR 26.09.08 // KNA 26.09.08
Erster europäischer
Romagipfel Auf Einladung der Europäischen Kommission und der
französischen Ratspräsidentschaft fand im September 2008 in Brüssel der
erste europäische Romagipfel mit 500 Vertretern von EU-Institutionen, Regierungen,
zivilgesellschaftlichen Organisationen, der Volksgruppe der Roma sowie zahlreichen
Medienvertretern statt. Sie berieten über die Verbesserung der Lebensbedingungen der
10 bis 12 Mio. europäischen Roma (Zahlenangaben schwanken).
EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso konstatierte, die von "Armut,
sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung" gekennzeichneten Lebensumstände
der Roma seien im 21. Jahrhundert nicht hinzunehmen. EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla
erklärte die Initiative u.a. damit, dass die Roma die einzige Minderheit in Europa sei,
die kollektiv diskriminiert werde. Sie erlitten Nachteile beim Zugang zu Wohnungen,
Bildung, Arbeit und Gesundheit. Dabei seien die Finanzierungskonzepte und Instrumente zur
Integration ausreichend, an der Umsetzung hapere es. Romani Rose, Vorsitzender des
Zentralrats der Sinti und Roma in Deutschland, forderte härtere Maßnahmen der
EU gegen rassistische Angriffe auf Roma. Auch die generelle erkennungsdienstliche
Erfassung der Mitglieder dieser Volksgruppe mit Daten und Fingerabdrücken, wie sie
von Italien praktiziert und der EU toleriert werde, stieß auf heftige Kritik. Die seit
vielen Jahren praktizierte Integrationspolitik Finnlands fand während des Gipfels
dagegen eine positive Bewertung. Dort gebe es seit 100 Jahren eine Interessenvertretung der
Roma, die schulische Eingliederung der Kinder gelinge, regelmäßige
Konsultationen zwischen Vertretern der Roma und denen von Regierung und Kommunen
trügen ferner zu diesem Erfolg bei, so die finnische Romarepräsentantin
Miranda Vuolasrantas. Herbe Kritik ernteten die Organisatoren des EU-Gipfels für den
Umstand, dass sie es versäumt hatten, einen Übersetzer für das von vielen
als Muttersprache empfundene Romani zu organisieren. SZ
17.09.2008 // taz 18.09.2008 // Das Parlament 22.09.2008
Studie: Zahl
zurückgelassener Kinder von Arbeitsmigranten steigt Rund 100 000
polnische Kinder wurden laut einer Studie der Stiftung Europäisches Recht von ihren
Eltern in den Heimatorten zurückgelassen, während sie allein oder zu zweit einer
Arbeit im europäischen Ausland nachgingen. Diese "EU-Waisen" gelten
als wachsendes soziales Problem, weil vereinsamte und traumatisierte Kinder, deren Kontakt
zu den Eltern stark reduziert oder ganz eingeschlafen sei, fast in allen Kindergärten und
Schulen zu beobachten seien. Auch eine Zunahme der Jugendkriminalität sei
festzustellen. Viele Kinder seien Verwandten oder sich selbst überlassen. Besonders
enttäuschend sei, so der Vorsitzende der Stiftung Piotr Bajohr, die
Gleichgültigkeit der Politiker. Statt den Kindern zu helfen, laute die Standardausrede,
das Problem gebe es bei ihnen nicht. taz 24.09.2008
Einführung des
Einbürgerungstests Die Verordnung des Bundesinnenministeriums zum
Einbürgerungstest ist am 1. September in Kraft getreten. Darin müssen
Zuwanderer und Zuwanderinnen vor ihrer Einbürgerung Kenntnisse der deutschen
Rechts- und Gesellschaftsordnung nachweisen. Aus einem Fragenkatalog von 310 Fragen
wird ein Test mit 33 Fragen zusammengestellt, von denen im Multiple-Choice-Verfahren
innerhalb einer Stunde mindestens 17 richtig beantwortet werden müssen, um den Test
zu bestehen. Voraussetzung ist ein Sprachverständnis auf der ersten Stufe des
selbständigen Sprachverständnisses und der Anwendung. Federführend
bei der Umsetzung der Verordnung ist das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF). Das Amt beauftragte die Volkshochschulen bundesweit mit der
Durchführung der Vorbereitungskurse und Prüfungen. Die Auswahl der Fragen
und Auswertung der Tests behält das BAMF sich allerdings vor. Damit
verlängere sich das Verfahren zur Einbürgerung auf zwei bis drei Monate, sagen
die Kritiker. Auch die Formulierung der Fragen stieß auf Kritik. So meint der
SPD-Politiker Sebastian Edathy, viele Fragen seien missverständlich oder
überflüssig, der Test "qualitativ ausgesprochen dürftig". Der
Grüne Josef Winkler sagte, der Einbürgerungstest sei Ausdruck des Misstrauens
und des Willens zur Abschreckung". Allerdings werden auch die Vorteile eines
bundesweit einheitlichen Tests gesehen. Bundesregierung online
01.09.2008 // FR 0 6.09.2008 // Das Parlament 08.09.2008
Bundesregierung will
Meldepflicht an Schulen abschaffen Die große Koalition aus Union und SPD
plant die Pflicht von Schulbeamten, illegal in Deutschland lebende Kinder an die
Ausländerbehörden zu melden, aufzuheben. Schon lange fordern Kirchen und
Flüchtlingsorganisationen in Bezugnahme auf das in der UN-Kinderrechtskonvention
festgesetzte Recht auf Bildung, die Meldepflicht öffentlicher Institutionen
abzuschaffen. Möglich wurde die Initiative aufgrund eines Sinneswandels in der
Union, die einen solchen Schritt bislang ablehnte. Inzwischen habe sich jedoch laut
CDU-Abgeordneten Reinhard Grindel die Erkenntnis durchgesetzt, dass Kinder nicht
für die Entscheidung der Eltern und ihrer Lebensumstände verantwortlich
gemacht werden könnten. Die Aufhebung der Meldepflicht müsse jedoch auf
den Schulbesuch beschränkt bleiben und dürfe nicht auf Ärzte oder
Sozialarbeiter ausgeweitet werden. Zur Umsetzung fehlt jedoch noch die Zustimmung der
Länder. taz 24.09.08
Erste
Länderkonferenz der Integrationsbeauftragten/ -minister Am 30.09.08
kamen erstmals die Integrationsbeauftragten der Bundesländer in Hannover zu einer
Fachkonferenz zum Thema Integration zusammen. Die von nun an regelmäßig
stattfindende Zusammenkunft soll vor allem der Abstimmung integrationspolitischer
Maßnahmen dienen. Berlins Integrationssenatorin, Heidi Knake-Werner (Die Linke),
erklärte, Ziel sei es, in der Integrationspolitik eine größere Verbindlichkeit
auch mit dem Bund zu erreichen. Derzeit stehen vor allem die Themen
Einbürgerungspolitik und doppelte Staatsbürgerschaft im Zentrum der
Gespräche. taz online 30.09.08
Kontroverse über
Absage des Anti-Islamisierungskongresses Die kurzfristige Absage des auf dem
Kölner Heumarkt geplanten "Anti-Islamisierungskongresses" rief eine
Debatte über die Beschneidung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit hervor. Nach
Ausschreitungen gewaltbereiter Linksautonomer, hatte die Polizei den Kongress mit der
Begründung abgesagt, sie könne nicht für die Unversehrtheit der
Kongressteilnehmer und der etwa 5000 friedlichen Demonstranten garantieren. Zu der
Veranstaltung am 19. und 20.09.08 hatte die islamfeindliche
"Bürgerbewegung" Pro Köln Vertreter rechtspopulistischer Parteien
aus ganz Europa eingeladen. Darunter befanden sich Mitglieder der belgischen Vlaams
Belang, der österreichischen FPÖ, der italienischen Lega Nord sowie der
französischen Front National. Ziel der Veranstaltung war unter anderem, eine
Grundlage für die Gründung einer rechten europäischen Partei zu
schaffen. Pro Köln sprach von einem "polizeilichen Totalversagen" und
kündigte eine Klage vor dem Verwaltungsgericht an. Experten bewerteten die Absage
des Kongresses zum Teil sehr kritisch. Der Staatsrechtler Prof. Josef Isensee etwa meinte, das
Kundgebungsverbot bedeute eine Verletzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die
Polizei dürfe nicht als Zensor von Meinungen auftreten, sondern hätte
dafür zu sorgen, dass ein friedliches Nebeneinander der widerstreitenden
Meinungskundgebungen möglich bleibe und jeder zu seinem Recht komme. Politische
Kreise lobten fast einstimmig die Absage des Kongresses als "Sieg der
Zivilcourage", wie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident
Jürgen Rüttgers (CDU) sich ausdrückte. taz
19.09.08 // Die Welt 21.09.08 // Die Welt 23.09.08 // Die Zeit 25.09.08
Ringen um religiöse
Deutungshoheit- KRM rückt von Islamprofessor ab Der Koordinierungsrat
der Muslime (KRM) hat dem Centrum für religiöse Studien (CRS) an der
Universität Münster seine Unterstützung entzogen. Dort werden unter
anderem auch Lehrer für den islamischen Religionsunterricht ausgebildet. Mit der
Begründung, es bestünde eine Diskrepanz zwischen den Grundsätzen der
islamischen Lehre und den veröffentlichten Positionen des CRS-Leiters und
Islamwissenschaftler Sven Muhammad Kalisch erklärte der KRM ein Dachverband
islamischer Religionsverbände in Deutschland seine Mitarbeit im Beirat des CRS
für beendet. Darüber hinaus kündigte der KRM an, ein Studium am CRS
nicht mehr zu empfehlen. Konkret kritisierte der KRM die Zweifel des Akademikers an der
historischen Existenz des Propheten Mohammed sowie am Koran als direktes Wort Gottes
auf Erden. Kalisch, bemerkte dazu, eine große Herausforderung für den Islam in
der Gegenwart bestünde darin, sich mit modernen historisch-kritischen Methoden
auseinanderzusetzen. Es sei schade, dass sich die islamischen Verbände dieser
Herausforderung nicht stellen wollen. Seine Aufgabe sei es jedoch, Studierende zu kritischer
Reflexion und geistiger Unabhängigkeit zu befähigen, so Kalisch. Dennoch
stimmte er dem Vorschlag der Hochschulleitung zu, sich aus der Ausbildung von
Lehrkräften zurückzuziehen. Unterstützung erhält Kalisch von
mehr als 80 Wissenschaftlern, Autoren und Vertretern religiöser Gruppen: In einer
Solidaritätserklärung werfen sie dem KRM vor, sich von der
"ergebnisoffenen Wissenschaft" zu distanzieren und "eine historische
Chance verstreichen zu lassen, mit einem Hoffnungsträger die Zukunft des Islams und
der Gesellschaft in Deutschland mitzugestalten". FR 12.09.08 // Die Welt online
13.09.08 // Der Spiegel online 22.09.08 // Focus 22.09.08 // NZ 22.09.08 // FAZ
27.09.98
Zahl der
Einbürgerungen weiter rückläufig Im Jahr 2007 ist die Zahl der
Menschen, welche die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben, laut dem
Statistischen Bundesamt weiter zurückgegangen. Seit dem Höchststand im Jahr
2000 mit rund 186 700 Eingebürgerten ist die Zahl fast kontinuierlich gesunken und
lag im vergangenen Jahr bei 113 000. Die neuen Staatsbürger setzten sich vor allem
aus Türkischstämmigen (25%), Serben und Montenegrinern (9,3%), Polen
(4,8%), Ukrainern (3,9%) und Irakern (3,6%) zusammen. Der Anteil der Türken an der
Eingebürgerten ist in den letzten sieben Jahren deutlich von 44,4% auf 25% gesunken.
Die Bundesländer mit den meisten Einbürgerungen sind Nordrhein-Westfalen
gefolgt von Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. OVB
05.09.08 // Pressemitteilung Destatis 03.07.08
Asylstatistik Im September 2008 haben 1 965
Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Damit stieg die Zahl der Asylbewerber
sowohl gegenüber August 2008 um 18,4% (+306 Personen) als auch im Vergleich zum
Vorjahresmonat September 2007 um 10,9% (+194 Personen). Hauptherkunftsländer im
September waren der Irak (615), die Türkei (107), Vietnam (98), der Kosovo (97) und
Afghanistan (88). Das Bundesamt hat in diesem Monat über die Anträge von 1
743 Personen entschieden. Insgesamt 674 Personen (38,7%) wurden als Flüchtlinge
gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt. Davon erhielten 12
Personen (0,7%) eine Asylberechtigung nach Art. 16a des Grundgesetzes
sowie 662 Personen (38%) Flüchtlingsschutz nach § 3 des
Asylverfahrensgesetzes i.V.m. § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes. Abgelehnt
wurden die Anträge von 520 Personen (29,8%). Anderweitig erledigt (z.B. durch
Verfahrenseinstellungen wegen Rücknahme des Asylantrages) wurden die
Anträge von 495 Personen (28,4%). Pressemitteilung BMI
14.10.08
September 2008 | | | | |
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