efms Migration Report
Oktober 2008 | | | | |
UN: Zahl der
Klimaflüchtlinge wird zunehmen Die steigende Zahl von Menschen, die
aufgrund des Klimawandels ihre Heimat verlassen müssen, sowie die sozialen
Auswirkungen solcher Migration waren Thema der Konferenz "Umwelt, Migration und
soziale Verwundbarkeit" (EFMSV) der Vereinten Nationen (UN) vom 09. bis zum
11.10.08 in Bonn. Ziel der rund 400 teilnehmenden Wissenschaftler, Regierungsexperten und
Behördenvertreter war es, eine Bestandaufnahme der Umwelt-Migration vorzunehmen,
Ursachen zu analysieren und über politische Handlungsmöglichkeiten zu
beraten. Laut Schätzungen werde allein 2050 die Zahl von Umweltflüchtlingen
bei etwa 200 Mio. Menschen liegen. Prof. Janos Bogardi, Direktor des Instituts für
Umwelt und menschliche Sicherheit (UNU-EHS) der UN-Universität in Bonn
berichtete, alle Anzeichen deuteten daraufhin, dass die Menschheit vor einer neuen
großen globalen Herausforderung stehe. Die Klimawandel bedingte Migration
könne zudem weltweite Sicherheit gefährden. Auch die Zusammensetzung
dieser Flüchtlingsgruppe werde sich langfristig wandeln: Weniger junge,
arbeitsuchenden Migranten, sondern vielmehr ärmere und ältere Menschen
sowie Frauen, würden von den Folgen der Klimaentwicklung aus ihrer Heimat
vertrieben. dpa 09.10.08
Erstes
EU-Beratungszentrum für Migration in Afrika eröffnet Am 06.10.08
wurde in Bamako, der Hauptstadt Malis, das erste Zentrum für Information und
Migrationsmanagement (CIGEM) der Europäischen Union (EU) eröffnet.
CIGEM soll die malische Regierung bei der Etablierung einer eigenen Migrationspolitik
unterstützen. Konkret erfüllt es vier Aufgaben: Erforschung der Migration in
Mali und der Region, Information und Unterstützung sowohl potenzieller Emigranten
als auch freiwillige bzw. unfreiwillige Rückkehrer, Information über legale
Migrationsmöglichkeiten nach Europa und Sensibilisierung für Gefahren
irregulärer Migration sowie der Einbeziehung der malischen Diaspora in die
Entwicklung des Landes. Laut dem Selbstverständnis CIGEMs stellt die Einrichtung
eine Erweiterung der Strategie der Bekämpfung illegaler Migration in die EU dar: Statt
ausschließlich die Migranten an den EU-Grenzen abzuwehren, sollen durch
Entwicklungsförderung in den Herkunftsländern die Lebensbedingungen
verbessert und so die Gründe einer Migration reduziert werden. Kritik am CIGEM
äußerte unter anderem die Organisation abgeschobener Malier (AME).
AME-Präsident Ousmane Diarra sagte, das Zentrum diene vor allem der Kontrolle der
Migrationsbewegung sowie der Verhinderung, Abschreckung und Entmutigung.
Außerdem fürchte er, die neue EU-Politik der "ausgewählten
Migration" von Eliten führe zu einem neuen Phänomen, der
"Kleenex-Migration" ("saubere" Migration nach europäischen
Bedürfnissen). taz 07.10.08
EU: Leitlinien einer neuen
Migrationspolitik beschlossen Die Staats- und Regierungschefs der
Europäischen Union (EU) haben bei ihrem Gipfel am 16.10.08 in Brüssel nun
den "Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl" beschlossen. Der
Pakt stellt einen bedeutenden Schritt hin zur Harmonisierung des Umgangs der
EU-Mitgliedsstaaten mit illegalen Einwanderern dar. Übergeordnetes Ziel sei, die
ökonomisch erwünschte Zuwanderung von Hochqualifizierten in die EU zu
fördern und die illegale Einwanderung rigoroser zu bekämpfen. In dem
Dokument sind allgemeinen Leitlinien festgeschriebenen, die zwar rechtlich nicht bindend
sind, die Mitgliedsstaaten jedoch verpflichten, sich miteinander abzustimmen. Dabei
bestimmt jeder Mitgliedsstaat weiterhin selbst über Bedingungen und Umfang der
legalen Migration. Als einer der Kernpunkte des Paktes wurde die von den
EU-Mittelmeerstaaten seit langem geforderte Umverteilung von Asylsuchenden auch auf
andere EU-Mitgliedsstaaten beschlossen. Der Distributionsprozess soll auf einer
"freiwilligen und koordinierten Basis" erfolgen. Weitere Elemente des Paktes:
Allgemeine Legalisierungen irregulärer Migranten sind künftig ausgeschlossen;
bis 2012 sollen biometrische Visa verallgemeinert werden; die Grenzschutzagentur Frontex
wird gestärkt und ausgebaut und bis spätestens 2012 soll es EU-weit ein
einheitliches Asylverfahren geben. EU-Ratspräsident und Frankreichs Präsident
Nicolas Sarkozy kommentierte, mit dem Pakt habe Europa endlich eine richtige
Zuwanderungspolitik. Kritiker wie Pro Asyl oder die Europa-Abgeordnete Angelika Beer
fürchten, der Pakt führe zu noch mehr Abschottung und Abschiebung.
Pressemitteilung Pro Asyl 15.10.08 // FR 15.10.08 // FR 17.10.08 // taz
17.10.08
EuGH stärkt
Aufenthaltsrecht junger Türken Der Europäische Gerichtshof (EuGH)
hat am 25.09.08 entschieden, die Aufenthaltserlaubnis junger Türken in Deutschland
dürfe nicht an bestimmte Bedingungen geknüpft werden. Berliner
Behörden wollten die Aufenthaltserlaubnis eines 23 jährigen Türken, der
als Kind im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Deutschland kam, nicht
verlängern; der Betreffende hatte die Schule und mehrere Fortbildungen abgebrochen.
Die Luxemburger Richter begründeten ihre Entscheidung damit, das Aufenthaltsrecht
dürfe dem Kläger nicht entzogen werden. Sonst bliebe ihm der Zugang zum
Arbeitsmarkt verwährt, auf den er als Türke Anspruch habe. Dass der
Kläger im Alter von 23 Jahren noch immer keine Beschäftigung im Lohn- oder
Gehaltsverhältnis ausübe, stehe der Gewährung eines Aufenthaltsrechts
nicht entgegen. Die Türkischen Gemeinden in Deutschland begrüßten die
Entscheidung des EuGHs. Jetzt dürfe Berlin nicht mehr damit drohen, bei einem
Schulabbruch oder einer Straftat das Bleiberecht zu verweigern. Der Tagesspiegel online 08.10.08 // SZ 11.10.08 //
www.migrationsrecht.net
Politik wirbt für
Einbürgerung Angesichts der rückläufigen
Einbürgerungszahlen haben die Integrations- und Ausländerbeauftragten von
Bund, Ländern und Kommunen bei der diesjährigen Bundeskonferenz am 06.
und 07.10.08 in Dresden sowie schon bei der Länderkonferenz am 30.09.08 in
Hannover beschlossen, unter Ausländern verstärkt für die deutsche
Staatsbürgerschaft zu werben. Geplant sei neben einer von der
Bundesintegrationsbeauftragten Maria Böhmer (CDU) initiierten Plakatkampagne,
offensives Werben der öffentlichen Verwaltungen und
Einbürgerungsbehörden sowie das vermehrte Angebot von
Einbürgerungsfeiern. Eine Arbeitsgruppe soll darüber hinaus weitere
Vorschläge erarbeiten, wie eine Einbürgerung für Nicht-Deutsche
attraktiver gemacht werden könnte. Der Integrationsminister Nordrhein-Westfalens,
Armin Laschet (CDU), veranschaulichte, es solle künftig eine verstärkte
"Willkommenskultur" ausgestrahlt werden. dpa 30.09
// Pressemitteilung BMI 07.10.08 // Pressemitteilung Bundesregierung 10.10.08
//Kölnische Rundschau online 16.10.08 // Rheinische Post 17.10.08
Bau repräsentativer
Moscheen: Gründerzeit in Deutschland Die Zahl der neu gebauten Moscheen
in Deutschland wächst nach Angaben des Zentralinstituts Islam-Archiv in Soest stetig.
Derzeit existierten Bundesweit 206 Moscheen (die so genannten
"Hinterhofmoscheen" ausgenommen); weitere 120 Moscheen seien im Bau oder
in der Planung. Am 26.10.08 eröffnete etwa in Duisburg-Marxloh der bislang
größte islamische Sakralbau Deutschlands, die Merkez-Moschee sowie in
Berlin-Pankow am 16.10.08 der erste große Moscheeneubau Ostdeutschlands. Die mit
dem vermehrten Bau von repräsentativen Gotteshäusern einhergehende
wachsende Präsenz des Islams in Deutschland wird von vielschichtigen
gesellschaftlichen Reaktionen begleitet. Erfolgte der Moscheebau in Duisburg ohne
größeren Widerstand, kam es in anderen Städten wie Köln,
Frankfurt, Berlin oder München zu (meist kommunalen) politischen und zivilen
Protestbewegungen. Dabei gilt besonders die Angst vor einer "Islamisierung von
Stadtteilen" als Träger der Gegenbewegungen. In der integrationspolitischen
Debatte wird dagegen betont, die Verlagerung der Religionsausübung von so
genannten Hinterhofmoscheen in öffentlich sichtbare Gebetshäuser zeige, dass
die Muslime endlich in der Mitte der deutschen Gesellschaft angekommen seien. Christliche
Kirchen heben angesichts des symbolischen gesellschaftlichen Bedeutungsgewinns des
Islams zwar die Religionsfreiheit hervor, doch mahnen sie auch, religiöse Bauten
dürften in einer sich religiös pluralisierenden Gesellschaft nicht zum Ausdruck
von Machtansprüchen, Rivalität und eines aggressiven Gegeneinanders
missbraucht werden. Der Spiegel 5.10.08 // BZ 13.10.08 // KNA
13.10.08 // SZ 16.10.08 // Die Welt 17.10.08 // Die Welt 22.10.08 // Die Welt 27.10.08 // taz
29.10.08
Neuer
Sachverständigenrat für Migration und Integration Am 15.10.08
wurde der erste unabhängige Sachverständigenrat für Migration und
Integration von acht deutschen Stiftungen (Mercator-, Volkswagen-, Bertelsmann-,
Freudenberg-, Körber, Vodafone-, Hertie- und die Zeit-Stiftung) gegründet.
Zentrale Aufgaben des Expertenrats aus Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen sind
Bestandsaufnahmen, Entwicklungsanalysen, kritische Politikbegleitung und die Information
der Öffentlichkeit in den Bereichen Integration und Migration. Künftig soll
jährlich ein Bericht sowie ein Integrationsbarometer veröffentlicht werden,
wobei erstmals sowohl die Mehrheitsbevölkerung als auch die Einwanderer befragt
würden. Rüdiger Frohn von der Stiftung Mercator und Vorsitzender des
Kuratoriums des Sachverständigenrats betonte, bis dato habe Deutschland einer
systematischen und "unabhängigen kritischen Begleitung" der Politik zum
Thema Integration und Migration entbehrt. Diese Funktion erfülle künftig der
Sachverständigenrat. taz 16.10.08 // FR
16.10.08
Migrantenverbände
kritisieren Umsetzung des Nationalen Integrationsplans Anlässlich des
für den 06.11.08 einberufenen dritten Integrationsgipfels der Bundesregierung
bemängeln Migrantenverbände die Umsetzung des Nationalen Integrationsplans.
Der im Jahr 2006 beim ersten Integrationsgipfel verabschiedete Integrationsplan
enthält über 400 Maßnahmen und Selbstverpflichtungen zur besseren
Eingliederung Zugewanderter in die deutsche Gesellschaft. In einer Zwischenbilanz
erklärten 17 der insgesamt 30 am Gipfel teilnehmenden Migrantenverbände
(darunter z.B. der die Türkische Gemeinde Deutschlands, der Bund spanischer
Elternvereine sowie das CGIL-Bildungswerk), die Bedingungen der Integration in
Deutschland hätten sich verschlechtert statt verbessert. Aus dem Papier geht hervor,
dass vor allem in den Kernbereichen der Integrationspolitik, Bildung und Arbeit, negative
Entwicklungen zu verzeichnen seien. So habe sich etwa der Zugang von Kindern und
Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu weiterführender Bildung weiter
verschlechtert. Kritisiert wird zudem die Erschwerung des Ehegattennachzugs und der
Einbürgerung durch die mit dem Zuwanderungsgesetz 2007 eingeführten
obligatorischen Deutschkenntnisse von nachzugswilligen Ehegatten bzw. dem neuen
Einbürgerungstest. Die Bundesintegrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU)
wies die Kritik der Verbände zurück. Natürlich bleibe weiterhin viel zu
tun, doch seien bei der Integration im vergangenen Jahr große Fortschritte gemacht
worden. Es sei verwunderlich, dass Migrantenorganisationen die Umsetzung des
Integrationsplans kritisierten, zu der sie doch selbst wichtige Beiträge geleistet
hätten, so Böhmer. Pressemitteilung
Bundesregierung 27.10.08 // taz 27.10.08 // Der Spiegel online 29.10.08
Berlin: Drehkreuz
vietnamesischer Schleuser Laut dem Berliner Landeskriminalamtes (LKA) hat sich
Berlin zum Zentrum der Aktivitäten vietnamesischer Menschenschmuggler entwickelt.
Schätzungen zur Folge würden jährlich mehr als 1000 Vietnamesen
über die Hauptstadt nach Frankreich und von dort weiter nach England geschleust. Die
Rate steige fast monatlich. Einen Grund für den Anstieg sehen die Behörden in
der Herausbildung einer starken vietnamesischen Infrastruktur im Osten Berlins. Darin
könnten die Schleuser und ihre Klienten leicht untertauchen. Eine
deutsch-französische Ermittlungsgruppe (GEG) aus je zehn Experten soll nun dem
Menschenschmuggel eindämmen. Focus
16.10.08
BVerwG: Kein
unbefristetes Aufenthaltsrecht für pflegende Ausländer Für
Ausländer, die aufgrund der Pflege eines Familienmitgliedes ihren Lebensunterhalt
nicht selbst sichern können, besteht in Deutschland kein Anspruch auf eine dauerhafte
Niederlassungserlaubnis. Das teilte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig in
seinem Urteil vom 28.10.08 mit. Begründung: Nach der Gesetzeslage stelle die
Sicherung des eigenen Lebensunterhalts eine zwingende Voraussetzung für die
Erteilung der beantragten Erlaubnis zum unbefristeten Aufenthalt dar. Davon sei zwar
zugunsten von Ausländern abzuweichen, die wegen eigener Krankheit oder
Behinderung diese Voraussetzung nicht erfüllen können, nicht aber zugunsten
von Pflegeaufgaben. Pressmitteilung BVerwG 28.10.08 // FAZ
29.10.08
Asylstatistik
Im Oktober 2008 haben 1 947 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Damit sank
die Zahl der Asylbewerber gegenüber September 2008 um 0,9% (-18 Personen) und stieg im Vergleich zum Vorjahresmonat Oktober 2007 um 1,3% (+25 Personen).
Hauptherkunftsländer im Oktober waren der Irak (615), die Türkei (109),
Vietnam (95), der Iran (89) und Syrien (85). Das Bundesamt hat in diesem Monat über
die Anträge von 1 597 Personen entschieden. Insgesamt 555 Personen (34,8%) wurden
als Flüchtlinge gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt.
Davon erhielten 17 Personen (1,1%) eine Asylberechtigung nach Art. 16a des Grundgesetzes sowie 538 Personen (33,7%) Flüchtlingsschutz nach § 3
des Asylverfahrensgesetzes i.V.m. § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes.
Abgelehnt wurden die Anträge von 507 Personen (31,7%). Anderweitig erledigt (z.B.
durch Verfahrenseinstellungen wegen Rücknahme des Asylantrages) wurden die
Anträge von 499 Personen (31,2%). Pressemitteilung BMI
12.11.08
Oktober 2008 | | | | |
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