efms Migration Report
Oktober 2002 | | | | |
Europarat drängt auf einheitliche Regelung im Umgang mit illegaler Zuwanderung Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat das Ministerkomitee der 44 Staaten umfassenden Organisation aufgefordert, ein internationales Rechtsinstrument zum Umgang mit illegaler Zuwanderung auszuarbeiten. Sowohl der Menschenrechtskommisar des Europarates wie auch die Europäische Union sollen in die Arbeiten mit einbezogen werden. Die Versammlung will mit dieser Initiative erreichen, dass sich die europäischen Staaten auf einer gemeinsamen
Basis mit Ursachen der Migration und den Problemen von Schleuserkriminalität und Menschenschmuggel befassen. Besondere Bedeutung soll dabei sowohl den Menschenrechten wie auch der Zusammenarbeit zwischen den Herkunfts-, Transit- und Zielländern beigemessen werden. Die Versammlung zeigt sich überzeugt, dass nur so die berechtigten Interessen der Aufnahmeländer und zugleich die Einhaltung der Menschenrechte gesichert werden können. Aus Sicht der Parlamentarischen Versammlung mangelt es bislang an speziellen internationalen Rechtsinstrumenten zum Schutz der elementaren Rechte dieser Menschen; als Beispiele werden
die Rechte von Kindern und besonders gefährdeter Personen auf Fürsorge und das Recht auf medizinische Notfallversorgung genannt. Das Parlament 07.10.02 // NZZ 14.10.02
Europäisches Parlament spricht sich für liberales Asylrecht aus Das Europäische Parlament hat sich in einem Richtlinienentwurf über Mindestvoraussetzungen für die Anerkennung von Asylbewerber für ein liberaleres Asylrecht aus-gesprochen als die Innenminister der EU-Länder. So sollen nach Meinung der Mehrheit der Abgeordneten auch die Weigerung des Asylbewerbers, sich an einem Krieg im Herkunftsland zu beteiligen, oder so genannte "selbstgeschaffene Nachfluchtgründe", z.B. politische Exilaktivitäten im Aufnahmeland, als Asylgründe anerkannt
werden. Außerdem soll der Anspruch auf Familienasyl auch für die Kinder des Partners und für gleichgeschlechtliche Partner gelten. Das Europäische Parlament schlägt darüber hinaus vor, inländische Fluchtalternativen nur noch dann anzuerkennen, wenn der Heimatstaat selbst in der Lage und willens ist, Schutz zu gewähren. Personen, die terroristische Straftaten begangen haben oder gegen die ein europäischer Haftbefehl vorliegt, sollen vom Asyl grundsätzlich ausgeschlossen sein. Da das Europäische Parlament lediglich eine konsultierende Funktion hat, geht der Sprecher der Christdemokraten, von Boetticher, davon aus, dass die
weit reichenden Vorschläge im Ministerrat scheitern werden. FAZ 23.10.02 // NZZ 24.10.02
Bundesverfassungsgericht beginnt mit der Verhandlung des Zuwanderungsgesetzes Das Bundesverfassungsgericht hat seine Verhandlungen über die Normenkontrollklage begonnen, die im Juli 2002 von sechs unionsgeführte Bundesländer gegen das Zuwanderungsgesetz eingereicht worden war. Der Zweite Senat des obersten deutschen Gerichts hat dabei nicht über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzesinhaltes zu entscheiden, sondern darüber, ob das Gesetz rechtmäßig zu Stande gekommen ist. Um dies zu klären, müssen die Richter prüfen, wie das umstrittene
Votum des Landes Brandenburg bei der abschließenden Bundesratsabstimmung am 22. März 2002 zu werten ist. Während Vertreter der Unionsparteien die Stimmen Brandenburgs für ungültig und das Gesetz damit für gescheitert halten, sind die Regierungsparteien der gegenteiligen Auffassung. Die Rechtslage wird auch von juristischen Experten unterschiedlich eingeschätzt. Bei der ersten Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht kamen sowohl Staatsrechtler zu Wort, die dem Standpunkt der Unionsparteien vertreten, wie auch solche, die das Zustandekommen des Gesetzes für verfassungskonform halten. Daneben wurden Politiker,
wie Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU), der Ministerpräsidenten des Saarlandes Peter Müller (CDU) und Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) angehört. Das Gericht hat unterdessen angekündigt, sein Urteil noch in diesem Jahr und damit vor dem geplanten In-Kraft-Treten des Gesetzes am 01. Januar 2003, zu verkünden. FR 23.10.02 // Spiegel 23.10.02 // Welt 23.10.02 // FAZ 24.10.02 // FR 24.10.02 // SZ 24.10.02 // taz 24.10.02
Vorsitzender der Innenministerkonferenz fordert Verschiebung des Zuwanderungsgesetzes Unabhängig von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Kuno Böse (CDU) eine Verschiebung des Zuwanderungsgesetzes um sechs Monate gefordert. Bei einer fristgerechten Umsetzung des Gesetzes sei ein "erhebliches Chaos" in den Ausländerbehörden zu erwarten, so Böse. Vor allem unionsgeführte Länder rechnen mit erheblichen Problemen, wenn das Gesetz wie geplant am 01. Januar 2003 in Kraft treten
soll, da wesentliche Punkte, wie beispielsweise die Finanzierung der Integrationskurse oder die Umstellung der EDV-Technik für das neue Ausländerzentralregister, noch nicht ausreichend geklärt sind. Mutmaßungen, wonach auch innerhalb der SPD über die Verschiebung des Gesetzes nachgedacht wird, weist der niedersächsische Innenminister Heiner Bartling (SPD) zurück. Zwar rechnet man auch innerhalb der SPD-regierten Länder mit anfänglichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung, doch "Überlegungen oder gar Absprachen zwischen den Bundesländer, das In-Kraft-Treten zu verschieben", gebe es nicht, so Bartling. Die
Präsidentin des Deutsche Städtetag, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), hat unterdessen Bund und Länder dazu aufgerufen, möglich schnell für Rechtsklarheit zu sorgen. Viele Rechtsverordnungen, die für die Umsetzung des Gesetzes notwendig sind, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates; daher ist mit einer Verabschiedung frühestens Ende November zu rechnen. Focus 21.10.02 // Spiegel 21.10.02 // FAZ 23.10.02 // FR 24.10.02 // BZ 25.10.02
Bundesarbeitsgericht spricht Grundsatzurteil zum Kopftuchtragen bei der Arbeit In einem Grundsatzurteil hat das Bundesarbeitsgericht einer Muslimin aus Hessen das Recht zugesprochen, auch bei ihrer Arbeit als Verkäuferin in einem Kaufhaus ihr Kopftuch zu tragen. Damit werden die Entscheidungen aller vorausgegangen Instanzen aufgehoben, in denen die Entlassung der eingebürgerten Deutschen türkischer Herkunft aufgrund ihres Kopftuches für rechtmäßig erklärt wurde. Das generelle Recht der Arbeitgeber, Bekleidungsordnungen für ihre Mitarbeiter
aufzustellen, wird zwar nicht in Frage gestellt, doch das Grundrecht der Religionsfreiheit wiege schwerer als das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit, so der Vorsitzende Richter zur Urteilsbegründung. Die bloße Befürchtung des Arbeitgebers, Kunden könnten dem Kaufhaus wegen der Kopftuch tragenden Verkäuferin fernbleiben, reichte nach Auffassung des Gerichts für eine Kündigung nicht aus. (Az. BAG 2 AZR 472/02) Die Geschäftsführung des Kaufhauses, die eine Verfassungsbeschwerde in Erwägung zieht, hat dem Gerichtsurteil inzwischen Folge geleistet und die vor über drei Jahren entlassene muslimische Verkäuferin
wieder eingestellt. SZ 08.10.02 // SZ 11.10.02 // FR 18.10.02
Konzept der Ausreisezentren für abgelehnte Asylbewerber erhält Lob und Tadel Das erste bayerische Ausreisezentrum, in dem die Identität von vollziehbar ausreisepflichtigen Asylbewerbern geklärt werden soll, um deren Abschiebung zu ermöglichen, löst uneinheitliche Reaktionen aus. So zeigt sich das bayerische Innenministerium damit zufrieden, dass bereits eine Person ihre Identität offenbart und inzwischen Papiere bei ihrer Heimatvertretung beantragt hat. Die Landtags-Grünen, der bayerische Flüchtlingsrat sowie die Menschenrechtsorganisation res
publica fordern hingegen weiterhin die sofortige Schließung der Einrichtung. Von den 35 Ausländern, die bisher per "Umverteilungsbescheid" dazu aufgefordert wurden, die Ausreiseeinrichtung in Fürth zu beziehen, sind bis Mitte Oktober 14 Personen dieser Anordnung gefolgt; weitere 14 gelten als untergetaucht. Die übrigen sieben Ausländer haben Eilanträge gegen die Einweisung gestellt, von denen bereits zwei vom Ansbacher Verwaltungsgericht abgewiesen wurden. Inzwischen liegt auch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vor, in dem die Zwangsunterbringung eines asiatischen Flüchtlings in einem
niedersächsischen Ausreisezentrum für rechtswidrig erklärt wurde. Da sich die Behörden zuletzt nur noch sporadisch mit dem Ausländer, der über elf Monate in der Einrichtung verbrachte, beschäftigt haben, kam das Gericht zu dem Schluss, dass der weitere Verbleib des Mannes in dem Zentrum nur noch dazu dienen würde, Druck auf ihn auszuüben. Für solche Zwangsmaßnahmen fehle jedoch die Rechtsgrundlage, so die Richter. taz 30.09.02 // FR 04.10.02 // FR 05.10.02 // dpa 10.10.02 // Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministerium des Innern 15.10.02 // SZ 16.10.02 // NN 24.10.02
Diskussion um Rechtmäßigkeit des Al-Aqsa-Vereinsverbots Der Verein Al-Aqsa e.V., der im August 2002 vom Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) wegen Unterstützung der terroristischen Hamas-Organisation verboten wurde, hat gegen das Verbot Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Der Anwalt des Vereins führt als Begründung an, dass die Mehrzahl der Al-Aqsa-Mitglieder eingebürgerte Deutsche seien. Aus diesem Grund könne man nicht von einem Ausländerverein sprechen. Das
im Rahmen der Terrorismusbekämpfung Ende 2001 beschlossene Gesetz, auf dessen Basis der Bundesinneminister das Verbot ausgesprochen hat, sieht aber ein Vereinsverbot wegen Unterstützung einer im Ausland aktiven terroristischen Vereinigung lediglich dann vor, wenn es sich bei dem Verein um einen Ausländerverein handelt. Soweit die Angaben des Anwalts stimmen, so wird der zuständige Richter zitiert, spreche einiges für die Aufhebung der Verbotsverfügung. Allerdings wirft das Bundesinneministerium dem Al-Aqsa-Verein auch vor, gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu verstoßen. Dieser Tatbestand
würde sogar zum Verbot eines "Deutschen-Vereins" ausreichen. Auch einige der im September 2002 verbotenen Teilorganisationen des Kalifatsstaates argumentierten beim Bundesverwaltungsgericht, dass sie überwiegend deutsche Mitglieder hätten, da deren Organisationen aber eindeutig von dem türkischen Leiter Metin Kaplan geprägt ist, werden ihre Aussichten auf Erfolg als gering eingestuft. dpa 29.09.02 // taz 02.10.02
Asylstatistik Die Zahl der Personen, die im Oktober 2002 einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, liegt mit insgesamt 6.568 Personen knapp über der Zahl des Vormonats (6.286), jedoch um 25,1% unter dem Niveau des Vorjahresmonats (8.764 Personen). Von Januar bis Oktober dieses Jahres haben damit 60.808 Personen Asyl beantragt. Dies sind 18,6% oder 13.915 Personen weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die meisten der Asylbewerber kamen im Oktober aus der Türkei (867), dem Irak (841) und der Bundesrepublik Jugoslawien
(628), gefolgt von der Russischen Föderation (457) und dem Iran (249). Das Bundesinnenministerium weist darauf hin, dass die Zunahme von Asylbewerben aus der Russischen Föderation vorwiegend aus der gestiegenen Zahl der Personen aus Tschetschenien resultiert: Während im Vormonat noch 104 Asylbewerber aus Tschetschenien stammten, ist deren Zahl im Oktober auf 275 angestiegen. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat im Oktober 2002 über die Anträge von 9.739 Personen entschieden. Von diesen wurden 165 (1,7%) als Asylberechtigte anerkannt; Abschiebeschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG
erhielten 243 Personen (2,5%). Die Anträge von 6.634 Personen (68,1%) wurden abgelehnt. Auf sonstige Weise (z.B. durch Verfahrenseinstellung wegen Rücknahme des Asylantrages) haben sich die Anträge der übrigen 2.697 Personen (27,7%) erledigt. Pressemitteilung BMI 06.11.02 Oktober 2002 | | | | |
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