efms Migration Report
Mai 2004 | | | | |
Sondierungsgespräch mit Parteispitzen führt zu "politischer
Einigung" in Zuwanderungsstreit Nachdem Bündnis90/Die
Grünen die Verhandlungen mit der Opposition im Vermittlungsausschuss über
ein Zuwanderungsgesetz ohne Absprache mit der SPD zunächst für gescheitert
erklärt hatten, waren die Einigungsaussichten auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Auf
ihrem kurzfristig anberaumten Kleinen Parteitag machten die Grünen deutlich, dass
man insbesondere die von der Opposition geforderten sicherheitspolitischen
Verschärfungen im Ausweisungsrechts nicht akzeptieren werde. Dennoch einigte sich
der grüne Koalitionspartner mit der SPD darauf, dass Bundeskanzler Gerhard
Schröder (SPD) in einem ultimativen Sondierungsgespräch mit den
Vorsitzenden der Oppositionsparteien deren grundsätzliche Kompromissbereitschaft
ausloten solle. Bundesinnenmister Otto Schily (SPD) kam den Forderungen von CDU/CSU
in einigen Punkten entgegen: So müssten laut Schily so genannte
"Hassprediger" oder Menschenhändler umgehend ausgewiesen werden
können. Außerdem unterstützte Schily - anders als die Grünen - die
von der Union geforderte Überprüfung von Ausländern beim
Verfassungsschutz in Fällen, in denen ein Antrag auf einen festen Aufenthaltstatus
oder auf Einbürgerung gestellt wird. Die Frage, ob und unter welchen Bedingungen
ausreisepflichtige terrorismusverdächtige Ausländer in Sicherungshaft
genommen werden können, gehöre laut Schily zwar "auf die
Tagesordnung", sollte jedoch nicht im Kontext des Zuwanderungsgesetzes diskutiert
werden. Der Verhandlungsführer der CDU, Peter Müller, deutete unterdessen
an, die Union könne auf Regelungen zur Sicherungshaft im Rahmen dieses Gesetzes
verzichten, sofern andere Sicherheitsforderungen seiner Partei "ausreichend"
berücksichtigt würden. Die Kompromissvorschläge, die
Bundeskanzler Schröder den Parteivorsitzenden Guido Westerwelle (FDP), Angela
Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) in Einzelgesprächen vorgelegt hatte,
wurden von allen Beteiligten akzeptiert. Außerdem verständigte man sich darauf,
dass Detailfragen zur Ausgestaltung des Gesetzes vom Bundesinnenminister Otto Schily
(SPD) zusammen mit dem saarländischen Ministerpräsidenten Peter
Müller (CDU) und dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) im
Juni geklärt werden sollen.
Wenngleich der in den
Sondierungsgesprächen gefundene Kompromiss von den meisten Parteien
überwiegend positiv bewertet wurde, mahnte die Union zur Zurückhaltung: Ein
abschließendes Urteil sei erst möglich, wenn der fertige Gesetzestext vorliege.
Während die geplante Ausgestaltung des Zuwanderungsgesetzes auf Seiten der
Gewerkschaften und Wirtschaftverbände überwiegend Anerkennung fand,
führten die gefundenen Kompromisslinien bei Menschenrechts- und
Flüchtlingsorganisationen zu enttäuschten Reaktionen. Vertreter von amnesty
international und Pro Asyl kritisierten, dass nach der sich abzeichnenden Kompromisslinie
einerseits sicherheitspolitische Verschärfungen zu weit und andererseits Regelungen
im Asylrecht und Flüchtlingsschutz nicht weit genug gehen würden.
BZ 03.05.04 // Spiegel online 03.05.04 // FR 04.05.04 // FAZ
10.05.04 // FAZ 11.05.04 // NN 11.05.04 // Welt 11.05.04 // FAZ 18.05.04 // FR 18.05.04 //
Welt 18.05.04 // SZ 25.05.04 // SZ 26.05 .04 // FAZ 26.05.04 // taz 27.05.04 // Welt 27.05.04
// FAZ 28.05.04
Oberverwaltungsgericht:
Keine Gewährung von Abschiebungsschutz für Metin KaplanZwei
Gerichtsurteile haben die Abschiebung des Islamistenführers Metin Kaplan
wahrscheinlicher werden lassen. Das Verwaltungsgericht Köln bestätigte die
Ausweisungsverfügung, die die Kölner Ausländerbehörde im
Sommer letzten Jahres verhängt hatte, und wies damit die Widerspruchsklage Kaplans
zurück. Die Verfügung der Kölner Behörde sei
rechtmäßig gewesen, so die Richter, da Kaplan zu einer Freiheitsstrafe von vier
Jahren verurteilt worden sei und darüber hinaus die Gefahr bestehe, dass er in Zukunft
wieder straffällig werde. In Folge dieses Urteils verliert der selbsternannte "Kalif
von Köln" endgültig seine Aufenthaltserlaubnis und erhält statt
dessen lediglich eine Duldung. (Az: 12 L 1343/03) In einem zweiten
Urteil hob das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster das gerichtliche
Abschiebeverbot Kaplans auf, das das Kölner Verwaltungsgericht im August 2003 mit
der Begründung verhängt hatte, dass Kaplan in der Türkei ein
nicht-rechtsstaatliches Verfahren drohen würde. Die Bundesregierung hatte daraufhin
Rechtsmittel gegen das Abschiebeverbot eingelegt und bekam nun vom OVG Recht:
Schwerwiegende Hindernisse für eine Abschiebung liegen aus Sicht der Richter nicht
vor. Allerdings ließ das Gericht ausdrücklich Revision beim
Bundesverwaltungsgericht zu. Ob der Islamistenführer bereits während des noch
laufenden Revisionsverfahrens abgeschoben werden könnte, ist unter
Rechtswissenschaftlern jedoch umstritten. (Az.: 8 A 3852/03.A) Das
Verwaltungsgericht in Köln bewilligte unterdessen einen Eilantrag Kaplans, wonach
der dieser innerhalb der nächsten zwei Monaten nicht abgeschoben werden darf. Gegen
diese Entscheidung legte die Stadt Köln wiederum Beschwerde ein. Zugleich
verschärfte die Kölner Ausländerbehörde die Meldeauflagen
für Kaplan.
NZ 21.05.04 // taz 21.05.04 // Pressemitteilung BMI 26.05.04 // BZ
27.05.04 // NZZ online 27.05.04 // Welt 27.05.04 // wdr.de 27.05.04 // SZ 02.06.04 // BZ
02.06.04 // Welt 04.06.04
Europäischer
Gerichtshof fällt Urteil zur Ausweisung von kriminellen Unionsbürgern
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil zur Abschiebung eines
mehrfach verurteilten Griechen und eines ebenfalls mehrfach vorbestraften Italieners aus
Deutschland die bundesdeutsche Praxis der Ausweisung krimineller Unionsbürger
korrigiert. Der EuGH kritisiert in seinem Urteil die Regelungen des deutschen
Ausländerrechts, das die Ausweisung eines Ausländers in Fällen vorsieht,
in denen dieser zu einer Haftstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Eine
strafrechtliche Verurteilung allein reiche bei Unionsbürgern nicht aus, um eine
Ausweisung anzuordnen, so die Richter des höchsten europäischen Gerichts; es
bedürfe vielmehr einer tatsachengestützte Einzelfallprognose, die im
persönlichen Verhalten des Betroffenen eine "gegenwärtige
Gefährdung der öffentlichen Ordnung" erkennt. Eine Ausweisung zum
"Zwecke der Abschreckung" sei dagegen nicht legitim.
Außerdem mahnten die EuGH-Richter die Einhaltung verfahrensrechtlicher
Mindeststandards an, die eine "erschöpfende Prüfung" der Recht-
und Zweckmäßigkeit solcher behördlicher Abschiebe- oder
Ausweisungsbeschlüsse ermöglichen; eine rein materiell-rechtliche
Prüfung durch das zuständige Verwaltungsgericht ohne Berücksichtigung
der Zweckmäßigkeit der Ausweisung reiche hingegen nicht aus. (EuGH,
C-482/01; C-493/01)
Handelsblatt 05.05.04 // LexisNexis (Nr. 47507) 07.05.04
Richterrat empfiehlt
Kopftuchverbot für muslimische Referendarinnen auf der Richterbank Der
Kölner Richterrat hat sich als Interessenvertretung der Kölner Amtsrichter
dafür ausgesprochen, muslimischen Rechtsreferendarinnen das Tragen eines
Kopftuches auf der Richterbank zu untersagen, da dies mit dem
verfassungsmäßigen Gebot der weltanschaulich-religiösen
Neutralität der Gerichte unvereinbar sei. Im konkreten Fall hatte sich eine
junge Muslimin deutscher Staatsangehörigkeit während ihres Referendariats am
Kölner Amtsgericht geweigert, ihr Kopftuch während der Hauptverhandlung
abzunehmen, woraufhin sie von zwei Richtern von der Richterbank in den Zuschauerraum
verwiesen worden war. Dieser Entscheidung schloss sich nun der Richterrat in einer
öffentlichen Erklärung an. Referendare und Referendarinnen, die
weltanschauliche bzw. religiöse Symbole während der Verhandlung nicht
abnehmen wollen, sollten von den Richtern räumlich getrennt sitzen, um so ein
"Identifizierung mit dem Gericht" zu vermeiden. Da die Justizbehörden
jedoch das Ausbildungsmonopol für angehende Juristen besitzen, sollen Kopftuch
tragende Referendarinnen nicht vollständig von den Hauptverhandlungssitzungen
ausgeschlossen werden; die Teilnahme an den Beratungen der Schöffengerichts sollte
nach Ansicht des Richterrates daher nicht untersagt werden. Die Erklärung
des Richterrates ist rechtlich nicht verbindlich; das Gremium wies ausdrücklich darauf
hin, dass jeder Richter in eigener Verantwortung über die Zulassung von
Kopftüchern auf der Richterbank entscheidet.
FR 26.05.04 // taz 26.05.04
AsylstatistikIm
Mai 2004 wurden in Deutschland 2.609 Asylanträge gestellt, womit der abnehmende
Trend weiter anhält: Im Vergleich zum Vormonat sind die Zahlen damit um 13,5 %
(406 Personen) gesunken; gegenüber den Vorjahreszahlen (Mai 2003) ist gar ein
Rückgang um 30,6 % (1.149 Personen) zu registrieren. Rund 30 % der Personen, die
im Mai einen Asylantrag gestellt haben, kommen aus einem der drei wichtigsten
Herkunftstaaten Türkei (304), Serbien und Montenegro (304) oder der Russischen
Föderation (185); daneben zählen China (154), Vietnam (123) und Pakistan
(100) zu den Hauptherkunftsländern. Im Mai
2004 hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
über die Anträge von 4.726 Personen entschieden. 1,2 % (58 Personen) von
diesen wurden als Asylberechtigte anerkannt, weitere 1,6 % (74 Personen) erhielten
Abschiebeschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG. Die Ablehnungs-quote lage im Mai bei 65,0
% (3.070 Personen). Die übrigen Asylanträge (32,2 % oder 1.524 Personen)
wurden auf sonstige Weise erledigt (z.B Verfahrenseinstellung wegen Rücknahme des
Antrags). Pressemitteilung BMI 06.06.04
Mai 2004 | | | | |
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