efms Migration Report
Februar 2001 | | | | |
Bemühungen um harmonisiertes Asylrecht in der EU Die Innen- und Justizminister der EU-Staaten verhandeln in Stockholm über eine gemeinsame EU-Asylpolitik. Geplant ist die Entwicklung einheitlicher Regelungen bis zum Jahr 2004, die Einhaltung dieser Zeitplanung ist jedoch fraglich. Bundesinnenminister Schily wirbt für einen "Gesamtansatz" bei der Harmonisierung der Asyl- und Flüchtlingspolitik, aber er betont, dass dabei die spezifische Situation der einzelnen EU-Staaten berücksichtigt werden müsse: Da
Deutschland von "sicheren Drittstaaten" umgeben sei, beharre man auf "bewährten Konzepten wie dem 'sicheren Drittstaat' und dem ésicheren Herkunftsstaat'". Einige der geplanten Mindeststandards lehne Deutschland ab, so z.B. die Anerkennung nichtstaatlicher Verfolgung als Asylgrund und die Etablierung eines Quotensystems zur Lastenteilung. Weiteres zentrales Thema der Beratungen ist die Bekämpfung von illegaler Einwanderung und von Menschenschmuggel, wobei sich besonders Großbritannien, das im vergangenen Jahr einen starken Anstieg von Asylbewerbern verzeichnete, für striktere Maßnahmen
einsetzt. Von Großbritannien und Schweden kommt der Vorschlag, eine enge Zusammenarbeit mit den Balkanstaaten aufzubauen, da nach verschiedenen Angaben über die Hälfte der Einwanderer in die EU mit Hilfe von Schleuserorganisationen über das "Eingangstor westlicher Balkan" reisen. Die Strafen für Schleuser und Menschenhändler sollen EU-weit drastisch verschärft werden. dpa 8.2.01 // SZ 9.2.01 // FR 9.2.01 // FAZ 10.2.02 // NZ 10.2.01 // FR 10.2.01
Diskussion um Erweiterung der "Green Card" Bundeskanzler Schröder plädiert für eine Ausweitung der "Green Card"-Regelung auch auf weitere Wirtschaftsszweige neben der Computerbranche, wie es verschiedene Wirtschaftsverbände wegen "Fachkräftemangel" fordern. Ebenso bewertet Bundesinnenminister Schily die bisherigen Erfahrungen mit der "Green Card"-Regelung - über 5000 Informatikspezialisten sind nach Deutschland gekommen - als erfolgreich und befürwortet ein noch verbessertes umfassendes
Konzept zur Anwerbung ausländischer Fachkräfte. Der Präsident der Bundanstalt für Arbeit Jagoda spricht hingegen von "zusätzlichem Fachkräftebedarf", der aus den eigenen Ressourcen gedeckt werden müsse. Ebenso ist Bundeswirtschaftsminister Müller der Ansicht, die "Green Card" sei eine einmalige Aktion zur Behebung des Fachkräftemangels in der Computerbranche gewesen; grundsätzlich müsse jedoch das Problem fehlender Fachkräfte über die eigene Ausbildung gelöst werden. Gleichzeitig wird bei der Bundesregierung und der Opposition
der Ruf nach einem umfassenden Einwanderungsgesetz verstärkt, welches auch den Arbeitskräftebedarf der deutschen Wirtschaft berücksichtigen solle. SPD-Generalsekretär Müntefering kündigt eine Zuwanderungsregelung noch in diesem Jahr an: Nach der Vorlage der Ergebnisse der Zuwanderungskommission werde die Bundesregierung "sehr schnell" handeln können. dpa 1.2.01 // SZ 2.2.01 // dpa 4.2.01 // SZ 5.2.01 // Der Spiegel 12.2.01 // SZ 24.2.01
Änderung des Asylgrundrechts kein Thema mehr Die CDU rückt in der Debatte um die Abschaffung des Asylgrundrechts von ihrer bisherigen Position ab: In einem Papier des stellvertretenden CDU/CSU-Vorsitzenden Wolfgang Bosbach an die CDU-Einwanderungskommission heißt es, die bisher geforderte Umwandlung des Asylrechts in eine institutionelle Garantie solle nicht mehr zentrale Forderung bleiben, da ihre praktischen Auswirkungen geringer als vermutet sein würden. Auch Bundesinnenminister Schily (SPD) korrigiert
seine bisherige Position, die für Spannungen mit dem grünen Koalitionspartner gesorgt hatte: Er räumt nun ein, dass eine institutionelle Garantie die Zahl der Asylanträge nicht senken würde und verweist auf die Verpflichtungen durch die Genfer Flüchtlingskonvention. Eine Lösung der Asylfrage liege dagegen in Änderungen des Verfahrens, welche nach Vorlage der Vorschläge der Zuwanderungskommission konkrete Formen annehmen sollten. Die Vorsitzende der Zuwanderungskommission Rita Süssmuth (CDU) will bei der Frage der Verfahrensänderung den Fortgang
der EU-weiten Harmonisierung des Asylrechts abwarten. Ablehnung und Kritik von Regierungskoalition und Menschenrechtsorganisationen erntet ein Vorstoß zur Asylverfahrensänderung von CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz, der Asylbewerbern während des Verfahrens die politische Betätigung in Deutschland untersagen will, damit sie nicht während des Aufenthalts in Deutschland Gründe für eine Verfolgung im Herkunftsland schaffen können. FAZ 1.2.01 // FR 1.2.01 // FR 3.2.01 // Die Welt 27.2.01 // FR 28.2.01
Neue Abschiebehaftanstalt am Frankfurter Flughafen geplant Das Bundesinnenministerium und das Land Hessen verhandeln über die Einrichtung einer neuen Haftanstalt für rückkehrpflichtige abgelehnte Asylbewerber, die das "Flughafenverfahren" am Frankfurter Flughafen durchlaufen haben und nicht umgehend abgeschoben werden können. Mit dieser Maßnahme soll die in den letzten Jahren sehr in Verruf geratene, für die betroffenen Personen sehr belastende Praxis des Langzeitaufenthalts im Transitgebäude,
der sich häufig über Monate hinzieht, beendet werden. Nun soll innerhalb von 19 bis 30 Tagen entschieden werden, ob der Asylantragsteller einreisen darf oder das Land verlassen muss. Der Bau einer neuen Abschiebungshaftanstalt für diejenigen, die nicht ausreisen können, ist ein umstrittenes Projekt, da damit, so die Meinung von Asylanwälten, das "rechtsstaatlich sehr bedenkliche Sonderverfahren am Airport" sogar zementiert würde. Die Bundesausländerbeauftragte Marieluise Beck (B90/Die Grünen) schlägt vor, die betroffenen Personen in normale Unterkünfte unterzubringen
und ein "normales Rückkehrverfahren" zu beginnen. FR 7.2.01 // dpa 8.2.01 // FR 9.2.01
Bleiberecht für bosnische Flüchtlinge mit fester Arbeit Die Innenministerkonferenz einigt sich am 15.2.01 auf ein Bleiberecht für Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina. Folgende Voraussetzungen müssen sie erfüllen: Aufenthalt in Deutschland seit mindestens sechs Jahren, und einen festen Arbeitsplatz seit zwei Jahren, wobei der Arbeitgeber "dringend" auf sie angewiesen sein muss. Sie können bis Juni eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für sich und ihre Familien um weitere zwei Jahre beantragen.
Anschließend erhalten sie, sofern sie weiterhin ihren Lebensunterhalt bestreiten können, ein endgültiges Bleiberecht. Nach Angaben des Vorsitzenden des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz Püchel (SPD) betrifft die Neuregelung schätzungsweise 10.000 bis 20.000 Personen. FAZ 16.2.01 // SZ 16.2.01 // FR 16.2.01
Bundesverwaltungsgericht: Mehr Chancen für afghanische Flüchtlinge Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) beurteilt in zwei Urteilen die politische Verfolgung von Regimegegnern durch die Taliban in Afghanistan als asylrechtlich relevant. Es folgt damit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) vom August 2000, in dem die Existenz einer staatsähnlichen Herrschaftsmacht in Afghanistan ungeachtet ihrer Legitimität anerkannt wird und eine Neubewertung von "quasistaatlicher" Verfolgung gefordert wird. Der seit
des BVG-Spruchs andauernde Entscheidungsstopp zu den Asylanträgen von Afghanen soll nun aufgehoben werden. Die Bundesausländerbeauftragte Marieluise Beck (B90/Die Grünen) geht davon aus, dass ein Großteil der afghanischen Flüchtlinge - über 12.000 Asylverfahren sind anhängig - einen regulären Flüchtlingsstatus erhalten wird. Pressemitteilung Bundesverwaltungsgericht 20.2.01 // dpa 20.2.01 // FR 21.2.01 // Mitteilungen der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen 20.2.01
Bildungsministerium fördert Internationalisierung der deutschen Wissenschaft Die Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) will mit einem Budget von 170 Mio. Mark dem "Brain Drain" aus Deutschland entgegenwirken und die deutsche Wissenschaft internationaler gestalten. Sie möchte Spitzenforscher, Nachwuchswissenschaftler und Studenten aus dem Ausland holen und ausgewanderte deutsche Wissenschaftler zurückgewinnen. Veränderungen des Aufenthaltsrechts seien nötig, damit in Deutschland ausgebildete
Studenten nach ihrem Studium dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen könnten. Aus wirtschaftlichen und demographischen Gründen könne Deutschland auf die hier ausgebildeten Nachwuchskräfte nicht verzichten. Damit der Wissenschaftsstandort Deutschland an Attraktivität gewinnt, seien Anreize für Spitzenkräfte aus aller Welt nötig, und die deutschen Hochschulen müssten internationaler werden. Die Welt 28.2.01
Wandel in der Aussiedlerpolitik? Nach Angaben der Bundesregierung sind nur noch etwa 25% der nach Deutschland kommenden Aussiedler tatsächlich deutscher Abstammung, während die restlichen 75% Familienangehörige anderer ethnischer Herkunft sind. Laut Aussiedlerbeauftragtem Jochen Welt (SPD) sind von den 95.615 Personen, die im Jahr 2000 statistisch als Spätaussiedler registriert wurden, nur 25.000 "wirkliche" deutschstämmige Einwanderer. Da die nichtdeutschen Familienangehörigen häufig
nicht
die deutsche Sprache beherrschten, sei ihre Integration sehr erschwert. Welt kündigt an, es werde in Zukunft auch den mitreisenden Familienangehörigen ein Deutschtest abverlangt. Zunächst werden jedoch die Vorschläge der von Bundesinnenminister Schily einberufenen Zuwanderungskommission abgewartet, die sich u.a. mit möglichen Einschränkungen in den Zuzugsregelungen für Deutschstämmige aus Osteuropa befasst. FR 21.2.01
Aussiedlerstatistik Im Februar wurden 5.484 Spätaussiedler einschließlich ihrer Angehörigen in Deutschland neu registriert. Im Februar 2000 waren es 5.045 gewesen. Die Zahl der Neuanträge belief sich auf 7.586 (Februar 2000: 6.290). Pressemitteilung BMI 2.3.01
Asylstatistik Im Februar wurden 6.220 neue Asylanträge gestellt. Gegenüber dem Vormonat ist die Zahl um 18% gesunken; allerdings ist sie im Vergleich zum Februar des Vorjahres um 1,7% (103 Personen) leicht angestiegen. Die Zahl der insgesamt seit Anfang des Jahres 2001 gestellten Asylanträge ist im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 2000 um 8,5% höher. Bundesinnenminister Schily betont, dass sich der seit 1993 rückläufige Trend momentan nicht fortsetzt. Besonders hoch sind Neuzugänge
aus
dem Irak, während die Zahl der jugoslawischen Staatsbürger (überwiegend Kosovo-Albaner, dann Roma und Serben) abnimmt. Von den 6.503 im Februar entschiedenen Anträgen wurden 3,7% (239 Personen) anerkannt, 14,1% (920 Personen) erhielten Abschiebeschutz nach º51 AuslG. 55,9% (3.636 Anträge) wurden abgelehnt. Pressemitteilung des BMI 6.3.01 // NN 7.3.01
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