efms Migration Report
August 1996 | | | | |
Bayern: Einbürgerung erst nach Sprachtest Nach der Vorstellung des bayerischen Innenministeriums soll die Einbürgerung von Ausländern an eine Prüfung der deutschen Sprachkenntnisse gekoppelt werden. Im Gegenzug erklärt sich Bayerns Innenminister Beckstein zu einer Erleichterung der Einbürgerung bereit: Anspruch auf Einbürgerung soll künftig bereits nach 10 Jahren statt wie bisher nach 15 Jahren bestehen. In der bisherigen Praxis müssen Ausländer einen Sprachtest nur bei der
Ermessenseinbürgerung, nicht aber bei der Anspruchseinbürgerung ablegen. Der Innenminister betrachtet ausreichende Sprachkenntnisse als eine der wichtigsten Integrationsvoraussetzungen. SZ 31.07.96 // Focus 19.08.96
SPD-Vorschlag: Zuwanderungsgesetz mit Quotenregelung Die SPD legt, nach FDP und Bündnis 90/Die Grünen, ein konkretes Zuwanderungskonzept vor: Der jährliche Zuzug von Ausländern soll mit festen Quoten auf 300.000 Personen, vor allem Aussiedler und Asylbewerber, begrenzt werden. Das SPD-Konzept geht davon aus, daß die Bundesrepublik de facto ein Einwanderungsland ist und daher eine den Bedingungen der Wirtschaft und des Wohnungsmarkts angepaßte gesetzliche Regelung notwendig ist. Die Zuwanderer
sollen eine "Hinwendung zu den Prinzipien des demokratischen Rechtsstaates" zeigen und ausreichende Sprachkenntnisse besitzen; zugleich erneuert die SPD ihre Forderung nach einem modernen Staatsangehörigkeitsrecht. SZ 02.08.96 // Welt 02.08.96
Reformmodell der CDU zum Staatsbürgerschaftsrecht Als Reaktion auf den im Juni geäußerten Reformaufruf dreier junger CDU-Abgeordneter sucht die Union einen Kompromiß in Sachen Staatsangehörigkeitsrecht. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag Scholz fordert in einem Reformvorschlag eine erleichterte Einbürgerung für Angehörige der dritten Ausländergeneration, die allerdings nur auf Antrg und nicht, wie von den jungen Reformern gefordert, automatisch bei
der Geburt gewährt werden soll. Da das Kompromißmodell die Vermeidung der doppelten Staatsbürgerschaft vorsieht, hat es Chancen auf eine breite Akzeptanz in der CDU. taz 08.08.96 // SZ 09.08.96
Bundesverwaltungsgericht: Kein Asyl für bosnische Muslime Laut einer Entscheidung des Bundsverwaltungsgerichts in Berlin haben muslimische Flüchtlinge, die vor serbischer Verfolgung aus ihrer Heimat Bosnien-Herzegowina geflohen sind, keinen Anspruch auf politisches Asyl in Deutschland, da die Republik Bosnien-Herzegowina in der Lage sei, die Muslime innerhalb ihres Territoriums vor Verfolgung zu schützen. Die bosnischen Muslime genössen jedoch Schutz als Bürgerkriegsflüchtlinge und dürften
daher nicht abgeschoben werden. Dieses Urteil hebt eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster auf, die bosnischen Muslimen Asylrecht zugesprochen hat, da ihnen bei einer Rückkehr Verfolgung durch die bosnischen Serben drohe und keine innerstaatliche Fluchtmöglichkeit existiere. Bundesinnenminister Kanther begrüßt die Asyl-Grundsatzentscheidung und sieht die Entscheidung der Innenminister zur Rückführung der Flüchtlinge bestätigt. SZ 07.08.96 // FR 07.08.96 // FAZ 08.08.96
Scheinehe rechtfertigt sofortige Ausweisung Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz kann die Aufenthaltserlaubnis eines Ausländers widerrufen werden, wenn sich herausstellt, daß er sie durch eine Scheinehe mit einem deutschen Partner erhalten hat. Er erhält auch kein Bleiberecht bis zum Abschluß des Verfahrens. dpa 01.08.96 // FR 02.08.96
Zunehmende Schleuserkriminalität an deutschen Grenzen Das Bundesinnenministerium teilt mit, daß im ersten Halbjahr dieses Jahres weniger Personen beim Versuch der illegalen Einreise nach Deutschland aufgegriffen worden sind (1996 waren es 11.779 Fälle im Vergleich zu 13.779 in den ersten sechs Monaten 1995), was auf den verbesserten Einsatz von Grenzschützern an den Grenzen zu Polen und Tschechien zurückzuführen sei. Allerdings beobachten die Behörden mit Sorge die internationale Verflechtung
und wachsende Professionalisierung von Schleuserbanden. Im ersten Halbjahr 1996 sind 1.093 Schleuser festgenommen worden; bei den "eingeschleusten" Ausländern handelt es sich zum großen Teil um Osteuropäer (Rumänen und "Rest"-Jugoslawen). FAZ 09.08.96
UNICEF fordert besseren Schutz für Flüchtlingskinder Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF kritisiert, daß unbegleitete Flüchtlingskinder in Deutschland nicht genügend Schutz genießen und daß die oft schwer traumatisierten Kinder keine psychologische Betreuung in ihren Asylverfahren bekommen. Das Hilfswerk fordert ein generelles befristetes Aufenthaltsrecht für Kinder und die Einrichtung von Betreuungsstellen. Nach Schätzungen von Unicef leben allein in Hamburg etwa 10.000
Flüchtlingskinder, darunter 3.000 unbegleitete. FR 09.08.96
Kinkel für gemeinsames Konzept zur Rückführung der Jugoslawien-Flüchtlinge Bundesaußenminister Kinkel (FDP) schlägt die Einrichtung eines "Runden Tisches" zur Festlegung von einheitlichen Verfahren bei der Rückführung von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Ex-Jugoslawien vor, an dem Vetreter von Bund, Ländern, Gemeinden, Kirchen und Wohlfahrtsorganisationen teilnehmen sollen. Bayerns Innenminister Beckstein kündigt an, am 1. Oktober mit der Rückführung
von Flüchtlingen zu beginnen, die aus verhältnismäßig ruhigen Gebieten stammen. Bundesinnenminister Kanther hält zwar am Beschluß fest, die Rückführungen am 1.10. zu beginnen, allerdings deutet er an, sie würden flexibel und nicht zwangsweise erfolgen. Welt 19.08.96 // NZ 19.08.96 // FR 19.08.96 // FAZ 21.08.96
Asylklagen beim Bundesverfassungsgericht In den ersten sieben Monaten dieses Jahres wurden 489 Verfassungsbeschwerden gegen negative Asylentscheidungen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht; in bisher acht Fällen hat das Bundesverfassungsgericht die Ablehnung der Asylanträge durch die Verwaltungsgerichte als verfassungswidrig aufgehoben. FR 21.08.96 // taz 21.08.96
Auch deutsche Behörden an schleppender Rückführung von Vietnamesen beteiligt Das Auswärtige Amt meint, daß die langsame Abwicklung des deutsch-vietnamesischen Rückführungsabkommens nicht nur der vietnamesischen Regierung anzulasten sei, sondern daß auch das Bundesinnenministerium mitverantwortlich sei. Ausländer- und Polizeibehörden sowie der Grenzschutz hätten erhebliche praktische Probleme, den betroffenen Vietnamesen eine rechtswirksame Verfügung
zuzustellen
und die Ausweisung durchzuführen. SZ 21.08.96
Mindestlohn zur Bekämpfung von billiger ausländischer Konkurrenz im Baugewerbe Die Tarifparteien im Baugewerbe einigen sich auf einen verbindlichen Mindestlohn von 17.- DM im Westen und 15,64 DM im Osten, zu dessen Durchsetzung allerdings noch die Zustimmung des Arbeitgeber-Dachverbands fehlt. Dieser Mindestlohn müßte auch ausländischen Bauarbeitern, die auf deutschen Baustellen beschäftigt sind, gezahlt werden. Nach Schätzungen von Bauarbeitgeberverbänden sind in Deutschland
etwa 190.000 Bauarbeiter arbeitslos, während rund 200.000 Arbeiter aus dem Ausland zu geringen Löhnen beschäftigt werden. taz 24.08.96
Bayern: Sicherheitsbedenken wegen Österreichs Schengen-Beitritt Österreich, das bereits vor einem Jahr dem Schengener Abkommen beigetreten ist, möchte bis 01. Juli 1997 die Schengen-Auflagen erfüllen. Die bayerische Regierung weist auf die Gefahren hin, die nach dem Wegfall der Grenzkontrollen an der bayerisch-österreichischen Grenze auftreten könnten, denn sie befürchtet die Zunahme von grenzüberschreitender Kriminalität. Österreich verfüge nicht über einen speziell
ausgebildeten Grenzschutz, der die Grenzen zu Osteuropa mit den notwendigen intensiven Kontrollen sichern könne. SZ 24.08.96
Statistik: Illegale Zuwanderung Bundesinnenminister Kanther teilt mit, daß laut dem neuen Jahresbericht des Bundesgrenzschutzes (BGS) im vergangenen Jahr die Schleuserkriminalität bekämpft und die illegale Einwanderung eingedämmt werden konnten. Dies sei in erster Linie dem verstärkten Einsatz des BGS zu verdanken, der 1995 2.323 Schleuser festgenommen hat (30% mehr als 1994); desweiteren wurden an den Ostgrenzen, über die 80% der illegalen Einwanderer nach Deutschland gelangen, 29.604 Personen
bei der illegalen Einreise aufgegriffen; insgesamt seien 125.742 Personen an den Grenzen zurückgewiesen worden, 36.455 wurden meist per Flugzeug abgeschoben. Die Zahl der aufgegriffenen illegalen Einwanderer sei gegenüber 1994 um 4,7% gesunken. Für das erste Halbjahr 1996 sei eine Fortsetzung dieses Trends festzustellen: Bisher wurden 11.779 Ausländer bei der illegalen Einreise aufgegriffen. Der Bundesinnenminister betont die Bedeutung des BGS bei der erfolgreichen Umsetzung des neuen Asylrechts und plant für das kommende Jahr eine weitere Ausgabenerhöhung für den BGS um
4 %. SZ 30.08.96 // FAZ 30.08.96 // NN 30.08.96 // Welt 30.08.96
Asylstatistik Im August 1996 wurden 9.548 Asylantragsteller, das sind 2.371 oder knapp 20% weniger als im Vorjahr registriert. Gegenüber Juli 1996 (9.511 Anträge) blieb die Zahl etwa konstant. Die größte Flüchtlingsgruppe stammt weiterhin aus der Türkei (1.833 Flüchtlinge), gefolgt von Ex-Jugoslawien (1.359 Flüchtlinge) und Irak (1.011 Flüchtlinge). Die Anerkennungsquote betrug 7,2% (928 Personen); weitere 559 Flüchtlinge (4,3%) erhielten Abschiebeschutz. dpa
04.09.96
August 1996 | | | | |
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