efms Migration Report
August 1995 | | | | |
Aufnahme von Flüchtlingen aus Ex-Jugoslawien In der Frage nach der Aufnahme weiterer Flüchtlinge teilen sich die Meinungen in der Bundesregierung: Während Bundesinnenminister Kanther der Ansicht ist, Deutschland sei überlastet und habe "seine Pflicht erfüllt," mehren sich in der Koalition Stimmen, die aus humanitären Gründen gegen die Schließung der Grenzen sind. Die UNO spricht von mehr als 50.000 Hilfesuchenden; weiterhin wird über eine gerechte Lastenverteilung innerhalb der EU
diskutiert. Spiegel 07.08.95 // Focus 07.08.95 // Welt 08.08.95 // taz 19.08.95
Rückführung kroatischer Flüchtlinge vorläufig ausgesetzt Angesichts der Kriegsgefahr in Kroatien beschließt das Innenministerium einen vorläufigen Abschiebestopp für kroatische Flüchtlinge. Das im April abgeschlossene Abkommen zwischen Deutschland und Kroatien sieht die schrittweise Rückführung der etwa 100.000 kroatischen Flüchtlinge vor. FR 04.08.95 // FAZ 04.08.95
Kritik an Rückführungsabkommen mit Vietnam Vertreter von Betroffenenorganisationen üben heftige Kritik an dem Regierungsabkommen zwischen Deutschland und Vietnam, das die Rückführung von 2.500 Personen noch in diesem Jahr vorsieht. Kritisiert werden folgende Punkte: Als erste müssen die am besten integrierten Vietnamesen das Land verlassen, nämlich die ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter; als rasch abzuschiebende "Straftäter" zählen schon Personen, die sich leichte Vergehen
(Straßenverkehr) zu Schulde kommen lassen; und vor allem gibt es keine Garantien bezüglich der Eingliederungsbedingungen und Integrationshilfen. FR 01.08.95
Konflikte zwischen kurdischen Demonstranten und Polizei Bundesaußenminister Kinkel erklärt nach kurdischen Angriffen auf Türken und nach den anhaltenden gewalttätigen Zusammenstößen zwischen kurdischen Demonstranten und der Polizei, daß türkisch-kurdische Konflikte nicht in Deutschland ausgetragen werden dürfen. CDU/CSU-Politiker fordern die Abschiebung von gewalttätigen PKK-Anhängern in die Türkei. Nach den Protestkundgebungen von Kurden fordert
CSU-Bundestagsabgeordneter Zeitlmann die Möglichkeit der Einschränkung des Versammlungsrechts für Ausländer. Die Spannungen belasten die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei: Ankara fordert von Deutschland einen besseren Schutz für Türken vor kurdischen Angriffen und die Auslieferung von PKK-Aktivisten. Nach Angaben von Sicherheitsexperten setzt die PKK in Deutschland lebende Kurden unter Druck und sammelt jährlich schätzungsweise 30 Millionen Mark Spenden. FR 04.08.95 // SZ 07.08.95 // SZ 03.08.95
// Welt 17.08.95
Menschenrechts-Rat in Asylfragen gefordert Der hessische Justizminister Plottnitz (Bündnis 90/Die Grünen) fordert einen "Rat für Menschenrechtsfragen", der Vorgaben für die Asyl- und Abschiebungpolitik gebe. Angesichts des "offensichtlich gescheiterten Asylkompromisses" solle eine unabhängige Kommission Menschenrechtsverletzungen feststellen. FR 04.08.95 // dpa 03.08.95
Türkische Regierung fordert Integrationsmaßnahmen für türkische Migranten Zur besseren Integration türkischer Einwanderer in Deutschland fordert die türkische Ministerpräsidentin Ciller die Einführung des kommunalen Wahlrechts für Türken und befürwortet die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft. taz 07.08.95 // Welt 07.08.95
Abschiebungen auf dem Frankfurter Flughafen Seit Jahresbeginn wurden bis zum 15.07.1995 4.527 Ausländer vom Frankfurter Flughafen in insgesamt 90 verschiedene Länder abgeschoben. 640 Abschiebungen gingen nach Rumänien, 505 nach Polen, 307 nach Algerien, 264 nach Bulgarien, 237 nach Mazedonien, 219 nach Indien und 211 in die Türkei. Die Zahlen nennt das hessische Innenministerium gegenüber der SPD-Landtagsfraktion, die sich über Abschiebeeinrichtungen auf dem Flughafen informiert. FR 07.08.95
Ärzte gegen Abschiebungen In einem öffentlichen Apell fordern mehrere Ärzteorganisationen ihre Berufskollegen auf, ärztliche Hilfeleistungen bei der Abschiebung von Ausländern abzulehnen. Desweiteren verurteilt der Verband demokratischer Ärzte die Praxis, jugendliche Flüchtlinge zur Altersbestimmung zwangsweise zu röntgen. FR 14.08.95 // FR 12.08.95
Ex-Minister und CSU-Mitglied kritisiert Abschiebepraxis Der frühere bayerische Justiz- und Innenminister Lang (CSU) distanziert sich vom Asylkompromiß, dessen "Unmenschlichkeit" ihm im Falle eines seiner Mandanten, eines 19jährigen abgschobenen Kroaten, bewußt wird. SZ 04.08.95 // FR 15.08.95
Kritik am Flughafenverfahren für Flüchtlingskinder Mitglieder der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich gegen die herrschende Praxis aus, bei der minderjährige Flüchtlinge denselben Verfahren wie Erwachsene unterzogen werden. Sie halten die Awendung des beschleunigten Flughafenverfahrens und die nicht kindgerechte Unterbringung der Kinder für einen Verstoß gegen die UNO-Kinderschutzkonvention. Stattdessen solle das 1994 abgeschaffte Clearing-Verfahren, bei dem vor
dem Asylverfahren das Jugendamt eingeschaltet wird, wieder angewendet werden. SZ 16.08.95
Erneuter innenpolitischer Streit über Asylgesetz Eine einstweilige Anordnung des Verfassungsgerichts, die die heftig umstrittene, vom Innenministerium angeordnete Abschiebung von sieben sudanesischen Flüchtlingen im letzten Moment untersagt, sorgt für neue Kontroversen über den Asylkompromiss. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das Asylverfahrensgesetz wird im November erwartet. Indessen ensteht neuer Streit über die Asylpolitik im Parlament. Während die CDU/CSU (Bundesinneniminister
Kanther) das derzeitige Asylpolitik verteidigen, mehren sich bei FDP und SPD Forderungen nach einer Korrektur des Asylgesetzes. Focus 21.08.95 // FAZ 26.08.95 // SZ 26.08.95 // FAZ 28.08.95
Ausländerbeiräte drohen mit EU-Klage bei fehlender Wahlinformation Die bayerischen Ausländerbeiräte befürchten, daß die wahlberechtigten EU-Ausländer vor den Kommunalwahlen 1996 nicht ausreichend über ihre Rechte informiert würden. Daher drohen die Ausländerbeiräte mit einer Klage gegen die bayerische Staatsregierung am Europäischen Gerichtshof, durch die die Kommunalwahlen für ungültig erklärt werden könnten. dpa
10.08.95 // NZ 12.08.95
Im vergangenen Jahr 42 Prozent weniger illegale Einreisen Der Jahresbericht des Bundesgrenzschutzes spricht von mehr als 31.000 vereitelten illegalen Einreisen im Jahr 1994; im Jahr 1993 waren mehr als 54.000 illegale Einwanderer aufgegriffen worden. 84% der Aufgriffe fanden an den Grenzen zu Polen und der Tschechischen Republik statt. Auf den Flughäfen wurden 21.900 Personen ohne Papiere gefaßt. Der Bundesgrenzschutz schätzt die Dunkelziffer der tatsächlichen illegalen Einwanderer auf dreimal so hoch wie die festgestellten
illegalen Einreisen.Nach Angaben des Kanzleramts nehmen illegale Grenzübertritte an der deutsch-polnischen Grenze Einreisen zu; von Januar bis Juli 1995 seien dort über 8.000 Personen aufgegeriffen worden. 52% der illegal Einreisenden stamme aus Rumänien, 14% aus der ehemaligen Sowjetunion. Täglich werden rund 60 der aufgegegriffenen Rumänen zurückgeflogen. FAZ 30.08.95 // SZ 30.08.95 // FR 21.08.95
Asylstatistik Die Zahl der Asylanträge ist im August 1995 insbesondere aufgrund des Flüchtlingszustroms aus Ex-Jugoslawien leicht angestiegen. 11.919 Personen, das sind rund 1.700 mehr als im Vormonat und rund 1.600 mehr als im August des Vorjahres, beantragten Asyl. Über 3.000 stammen aus Ex-Jugoslawien, über 2.000 aus der Türkei. Die Anerkennungsquote lag bei 9,6%; 53,1% der Antragsteller wurden abgelehnt. Seit Beginn des Jahres stellten insgesamt 80.551 Flüchtlinge einen Asylantrag; dies
ist
eine Verringerung im Vergleich zum Vorjahr um 1,6%. SZ 07.09.95 // FR 07.09.95
August 1995 | | | | |
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