efms Migration Report
April 1995 | | | | |
Erste Bilanzen nach Inkraftsetzen des Schengener Abkommens Seit dem 26.03.1995 passieren Franzosen, Deutsche, Bürger der Benelux-Staaten, Spanier und Portugiesen die westeuropäischen Binnengrenzen ohne Kontrollen. Alle Außengrenzen werden dagegen schärfer kontrolliert. Die deutsche Polizei versucht, mit Sonderkontrollen die Sicherheitsdefizite auszugleichen; sie kann bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität im gesamten Bundesgebiet operieren. Das deutsche Innenministerium
und
der BGS ziehen eine positive Bilanz der bisherigen Kontrollmöglichkeiten. Die Weigerung Frankreichs, die vereinbarte grenzüberschreitende Kontrolle durch ausländische Polizeieinheiten zuzulassen, löst Verstimmung beim Innenministerium Baden-Württenbergs aus: es fordert ein Verbleiben der BGS-Beamten zur Grenzkontrolle, solange Frankreich die Umsetzung des Abkommens verzögert. Der bayerische Innenminister Beckstein beklagt, daß angesichts der vielen Grenzübertritte aus Zeitgründen eine gründliche Kontrolle unmöglich sei. Folgende Mängel
und Lücken des Abkommens werden beklagt: Uneinheitlichkeit in den verschiedenen Visavorschriften, Strafgesetzen und besonders die unterschiedlichen Asylregelungen haben unkontrollierbare illegale Einwanderung und grenzüberschreitende Kriminalität zur Folge. Das Europaparlament fordert von den sieben Unionsländern verbesserten Schutz von Flüchtlingen und verlangt Mindestgarantien für gerechte Asylverfahren. Welt 01.04.95 // Welt 03.04.95 // Focus 03.04.95 // dpa 06.04.95 // Welt 13.04.95
Arbeitsministerium geht gegen Billig-Arbeitskräfte aus EU-Ländern vor Da nach EU-Recht "entsandte" EU-Bürger zu Bedingungen ihres Heimatlandes in Deutschland beschäftigt werden können, arbeiten etwa 140.000 in ihrem Heimatland bezahlte und versicherte Bauarbeiter, überwiegend aus Portugal und England, für deutsche Bauunternehmen. Arbeitsminister Blüm versucht mit dem Vorschlag des "Arbeitsbedingungen- Angleichungsgesetz", das eine tarifliche Gleichstellung aller in Deutschland Beschäftigten
vorschreibt, gegen die Lohndrückungen vorzugehen. Spiegel 03.04.95
Ausländische Schwarzarbeiter im deutschen Gastronomiegewerbe Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit (Nürnberg) waren in fast einem Drittel der 3.600 im März überprüften Gaststätten in ganz Deutschland Ausländer ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt. Ein Teil der illegal Beschäftigten halte sich ohne Aufenthatserlaubnis im Land auf. SZ 06.04.95
Deutschland vereinbart Zusammenarbeit mit osteuropäischen Staaten zur Kriminalitätsbekämpfung Das deutsche Innenministerium Abkommen mit Lettland (30.3.1995), mit Polen (5.4.1995) und mit Kasachstan zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität. Vorgesehen sind grenzüberschreitender Informationsaustausch und aufeinander abgestimmte Polizeieinsätze und Maßnahmen. Die größten Kriminalitätsprobleme zwischen Deutschland und Osteuropa stellen Auto-Hehlerei,
Drogenhandel und Menschenschmuggel dar. FR 06.04.95 // SZ 06.04.95 // dpa 30.03.95 // SZ 11.04.95
Mehr Einbürgerungsanträge von Türken Die Zahl der Türken, die deutsche Staatsbürger werden möchten, ist stark angestiegen. In Berlin wurden 1994 4.000 türkische Einwanderer eingebürgert; es liegen etwa 27.000 Einbürgerungsanträge vor. Nach Meinung des Präsidenten der türkischen Gemeinde in Berlin bedeutet dies, daß viele Türken sich in Deutschland zunehmend heimisch fühlen und sich aufgrund sprachlicher und sozialer Identitätsprobleme
von
ihrem Herkunftsland distanzieren. FAZ 10.04.95
Kritik an Abschiebungen in die Türkei und an Abschiebehaft Für Amnesty International und für den Istanbuler Menschenrechtsverein stellen die Rechtsschutz-Zusagen der türkischen Behörden über die Betreuung abgeschobener Kurden keine ernstzunehmenden Garantien dar: Die Absichtserklärungen von Verfolgerstaaten dürfe nicht asyl-und ausländerrechtliches Vorgehen entscheiden. Die Menscherechtsorganisation Pro Asyl fordert eine Gesetzesreform zur Abschaffung der jetzigen Form
der Abschiebehaft für abgelehnte Asylbewerber. Der bayerische Innenminister Beckstein fordert den Bundesaußenminister Kinkel auf, mehr Druck auf die Herkunftsländer der Flüchtlinge auszuüben, damit die Rücknahme der abgelehnten Asylbewerber beschleunigt werden könne. FAZ 08.04.95 // FR 11.04.95
Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Vietnam Die im Februar unterbrochenen Verhandlungen zwischen Bonn und Hanoi über die Rückführung von Vietnamesen, die sich ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufhalten und von denen ein Großteil ehemalige DDR-Vertragsarbeiter sind, wurden am 11.4.1995 wieder aufgenommen. Deutschland wird Vietnam 25 Mio. Mark für die Reintegration der Rückkehrer bezahlen und sieht in diesem Jahr Entwicklungshilfezahlungen an Vietnam in Höhe von 100
Mio. Mark vor. In Deutschland leben nach Aussage der Bundesregierung 97.000 Vietnamesen, von denen 47.000 keinen Aufenthaltstitel besitzen oder sich im Asylbefahren befinden. FR 12.04.95 // taz 15.04.95 // SZ 15.04.95 // SZ 26.04.95
148 Anschläge auf türkische Einrichtungen seit Februar 148 Angriffe wurden seit Beginn der Anschlagsserie auf türkische Einrichtungen in Deutschlend von der Polizei registriert. Die Innenminister der Länder bemühen sich um besonderen Polizeischutz. Als Tatverdächtige nennt das Innenministerium vor allem PKK-Anhänger und daneben linksextremistische türkische Gruppierungen. Welt 20.04.95 // FAZ 21.04.95 // SZ 22.04.95
Abschiebestopp für Kurden in mehreren Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Saarland, Hamburg und Rheinland-Pfalz werden vorerst keine Kurden aus den Bürgerkriegsgebieten im Südosten der Türkei abschieben. Der Abschiebestopp wurde auf ein Urteil des OVG Schleswig Holstein hin erlassen, das Kurden aus den türkischen Notstandsgebieten automatisch Asyl gewährt. SZ 29.04.95
Asylstatistik Die Zahl der Asylbewerber ist im April 1995 deutlich gesunken; sie beläuft sich auf 8500. Dies ist die niedrigste Zahl seit Juni 1989. 2.002 Anträge wurden von türkischen Staatsangehörigen egestellt, 1.262 von Jugoslawen und 441 von Bosniern. In den ersten vier Monaten dieses Jahres beantragten 40.427 Personen Asyl; im Vergleich zum gleichen Zeitraum vergangenen Jahres sind dies 9,4% weniger. Im April betrug die Anerkennungsquote 10,9%; weitere 2,3% erhielten Abschiebeschutz. SZ
05.05.95
April 1995 | | | | |
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