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Einwanderungsgesellschaft Deutschland - Zukunftsszenarien: Chancen und Konfliktpotentiale

Das Projekt im Auftrag der Enquéte Kommission "Demographischer Wandel" des Deutschen Bundestages untersuchte die Erfahrungen des klassischen Einwanderungslandes USA und des in Europa ältesten Einwanderungslandes Frankreich und machte Vorschläge für die Weiterentwicklung einer Politik der Integration von Migranten in Deutschland.

Für die USA läßt sich eine Periode eher erfolgreicher Einwandererintegration (1921-1965) von einer Periode eher problematischer Integration (ab ca. 1966) unterscheiden. Integration von Einwanderern verläuft erfolgreich in den USA auf der Basis eines politischen Nationskonzepts mit starker Bindungsforderung und Bindungskraft. Der Zugang zur Nation ist über relativ schnelle Einbürgerung und durch Geburt nach dem ius soli-Prinzip offen. Integration verläuft auf der Grundlage einer breit geteilten Überzeugung von der Wünschbarkeit kultureller und sozialer Annäherung von Einwanderern und Einheimischen. Positiv auf Integration wirkende Faktoren sind: kontrollierte Einwanderung, wachsende Wirtschaft, Akkulturationsstrategien statt Minderheitenpolitik, kulturelle Nähe der Migranten, Rückgang von Rassismus und ethnischen Vorurteilen. Mittel, Methoden und Instrumente, die Integration fördern, sind: Staatsangehörigkeit, Bürgerrechte und politische Beteiligung, ein kulturelle Gemeinsamkeit förderndes, nicht kulturelle Unterschiede betonendes Bildungssystem, gemeinsame Sprache und das Konzept individueller Chancengleichheit. Seit etwa Mitte der 60er Jahre kann man von einer Krise der Integration sprechen. Die Einwanderung nimmt stark zu, die ethnische Zusammensetzung der Einwanderer ändert sich, Gesellschaft und Staat verlieren an Sicherheit bei der Akkulturation der Migranten (Leitbildunsicherheit) und das Konzept einer amerikanischen Nation wird zunehmend widersprüchlich interpretiert. Problematische Mittel, Methoden und Instrumente, die Integration nicht fördern, sind: Minderheitenbildung, Gruppenrechte, bilinguale, getrennte Erziehung, Förderung durch gruppenbezogene Quoten ( affirmative action").

Integration verläuft in Frankreich relativ erfolgreich in der Periode 1945-1974. Integration von Einwanderern erfolgt als Teil einer gesamtgesellschaftlichen Integrationsstrategie, die dem Leitbild kultureller Homogenität verpflichtet ist. Auf der Basis eines politischen Nationskonzepts ist der Zugang zur Staatsangehörigkeit über relativ schnelle Einbürgerung und über das ius soli-Prinzip bei Geburt offen. Wachsende Wirtschaft und eine Akkulturationsstrategie, die vor allem im Bildungssystem ansetzt, sind wesentliche Bedingungen und Methoden des Erfolgs. Seit Mitte der 70er Jahre werden trotz Kontinuitäten erfolgreicher Integration Krisenphänomene sichtbar. Sie haben mit wirtschaftlichen Problemen, einer Leitbildunsicherheit und Inkongruenzen zwischen einer kulturellen Angleichungsstrategie und sozialpolitischen Maßnahmen zu tun: Man strebt kulturelle Gemeinsamkeit an, bestärkt aber durch wohnungspolitische Fehlentscheidungen ethnische Konzentration und soziale Segregration.

Für Deutschland werden folgende, integrationsbezogene Hauptaufgaben herausgearbeitet: Umgang mit ethnischer Heterogenität, Überprüfung des Nationsbegriffs und der Staatsangehörigkeitskonzeption, Auseinandersetzung mit ethnischer Schichtung und Benachteiligung sowie migrationsbezogene Verwaltungs- und Forschungsaufgaben. Die Ergebnisse, die sich aus den Analysen der Erfahrungen der USA und Frankreichs ergeben, und die für Deutschland herausgearbeiteten Notwendigkeiten werden zu drei Szenarien verarbeitet, die unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten in Abhängigkeit von bestimmten Entscheidungen und Maßnahmen zeigen: Szenario "Ambivalente Politik", Szenario "Minderheitenbildung - Unterschichtung" und Szenario "Akkulturation - neue Nationenbildung". Aus den Projektergebnissen wurde eine Akkulturationsstrategie für Deutschland entwickelt, die zusammen mit der Integration Ostdeutschlands einen Prozess neuer Nationenbildung beinhaltet.

Förderung: Deutscher Bundestag
Abschluss: 15.6.1997
Bearbeiter: Friedrich Heckmann, Verónica Tomei
Veröffentlichung:
Heckmann, Friedrich/Tomei, Verónica: Einwanderungsgesellschaft Deutschland - Zukunftsszenarien: Chancen und Konfliktpotentiale. Gutachten für die Enquetekommission Demographischer Wandel des Deutschen Bundestages, 1997. In: Zweiter Zwischenbericht der Enquete-Kommission Demographischer Wandel", Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode, Drucksache 13/11460, 05.10.1998; ebenso in: Enquete-Kommission Demographischer Wandel", Deutscher Bundestag (Hg.): Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft an den einzelnen und die Politik. Studienprogramm. Heidelberg, v.Decker, 1999, Bd.4, S.825-912


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