Integrationsangebote in ausgewählten hessischen Kommunen und ihre institutionelle Umsetzung
Studie zur institutionellen Umsetzung von Integrationsangeboten
mit Migranten auf der kommunalen Ebene
am Beispiel von elf ausgewählten hessischen Kommunen
In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich vor allem auf kommunaler Ebene eine Vielzahl von Angeboten zur Förderung der Integration von Zuwanderern herausgebildet, die meist durch die Wohlfahrtsverbände, freie Träger und kommunale Einrichtungen getragen werden. Diese Angebote wurden angesichts des in den letzten beiden Jahrzehnten zugenommenen Problemdrucks und aus den Erfahrungen der Praxis heraus durch die jeweiligen Träger bereits erheblich umstrukturiert und als Migrationsarbeit neu konzipiert. Die Ansätze orientieren sich jedoch oft noch an einer Defizitperspektive und greifen Chancen und Ressourcen einer aktiven Einbindung der ansässigen Migranten kaum auf. Weiterhin bestehen nach wie vor erhebliche Mängel in der Information über die Angebote, in der Koordinierung und Vernetzung der vielfältigen Angebote in den Gebietskörperschaften, in der Erreichbarkeit und Beteiligung der ansässigen Migranten und in der interkulturellen Öffnung der Regeldienste. Es ist sinnvoll, diese Problemlage auf der kommunalen Ebene anzugehen, da Integration in ein Gemeinwesen immer in einem konkreten lokalen Umfeld erfolgt und eine aktive Beteiligung der Wohnbürger am Gemeindeleben eine wichtige Voraussetzung eines funktionierenden Gemeinwesens darstellt.
Eine Reihe von Kommunen in Hessen hat diese Problematik bereits mit unterschiedlichen institutionellen Ansätzen aufgegriffen; hier ist besonders Frankfurt am Main zu nennen, das mit dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten eine auch international beachtete Vorreiterrolle übernommen hat. Das Interesse vieler Gebietskörperschaften an geeigneten institutionellen Lösungen ist hoch, und es ist sinnvoll, die bislang gemachten Erfahrungen systematisch auszuwerten und daraus Empfehlungen und Handreichungen zur institutionellen Koordinierungen der Integrationsangebote unter Berücksichtigung der Erreichbarkeit und Beteiligung der ansässigen Zuwanderer auf kommunaler Ebene zu entwickeln.
Dies sollte das Gutachten leisten, indem es unterschiedliche institutionelle Lösungen in ausgewählten Kommunen Hessens untersucht, nach Kriterien der bestmöglichen Strategien für die oben beschriebene Problemstellung analysiert und daraus entsprechende Empfehlungen ableitet. Die Empfehlungen des Gutachtens nennen eine Palette von möglichen Lösungsansätzen und bereiten eine Checkliste für Kommunen vor, die neue Aktivitäten in diesem Bereich planen. Schließlich wurden auch Empfehlungen an das Hessische Sozialministerium formuliert, insbesondere was die Aspekte Qualitätssicherung, Dokumentation und wissenschaftliche Begleitung anbelangt.
Die Forschungsarbeit untersuchte die institutionelle Umsetzung von Integrationsmaßnahmen und Konzepte zur Koordination auf kommunaler Ebene am Beispiel von elf ausgewählten hessischen Gebietskörperschaften. Die Auswahl wurde so getroffen, dass sowohl große Kommunen mit bereits entwickelten oder begonnenen Koordinierungsaktivitäten, mittlere Kommunen mit konkreten Planungen als auch Kommunen im ländlichen Umfeld mit besonderem Integrationsbedarf und laufenden Projekten aufgenommen wurden; die Kommunen sind überwiegend aus dem süd- und mittelhessischen Bereich ausgewählt, da hier der Anteil von Wohnbürgern mit Migrationshintergrund in Hessen am größten ist.
Zunächst wurde ein Überblick zu Integrationsangeboten und ihrer institutionellen Umsetzung in etablierten bzw. aktuellen hessischen Eckfällen (Interkulturelles Büro Darmstadt, Leitstelle für Zusammenleben Offenbach, Amt für Integration Wiesbaden) erhoben. Der Sonderfall des AMKA Frankfurt wurde dabei zu analytischen Zwecken als Referenz herangezogen. Weiterhin wurden Planungen im städtischen Umfeld (Wetzlar, Marburg und Limburg,) sowie im Landkreis Offenbach und Projekte in ländlichen Kommunen (Lollar, Rodgau und Hofgeismar), die teilweise durch das hessische Sozialministerium gefördert werden, untersucht. Dabei wurden auch die relevanten Charakteristika und Besonderheiten der jeweiligen Gebietskörperschaft erhoben, um den Stand der Integrationsangebote und ihrer Koordinierung in Bezug zur konkreten Lage vor Ort setzen zu können.
Für jede untersuchte Kommune werden mit Rahmendaten und Besonderheiten dargestellt, bestehende Integrationsmaßnahmen diskutiert, und abschließend die in der Kommune bestehenden Koordinationsstrukturen, Konzepte und Entwicklungspläne vorgestellt.
In allen ausgewählten Gebietskörperschaften wurden mit einer schriftlichen Befragung der Wohlfahrtsverbände, freien Träger und kommunalen Einrichtungen die durch das Sozialministerium zur Verfügung gestellten Daten ergänzt und insbesondere der Grad der Vernetzung zwischen den Angeboten, eine eventuell vorhandene Koordinationsstruktur sowie der Koordinationsbedarf erhoben. In Frankfurt, Wiesbaden, Offenbach, Landkreis Offenbach, Darmstadt, Marburg, Wetzlar und Limburg wurden mehrstündige Experteninterviews mit zuständigen Mitarbeitern der Kommunalverwaltung oder Koordinationsstellen vor Ort durchgeführt; in Rodgau, Lollar und Hofgeismar wurden mehrere telefonische Experteninterviews durchgeführt. Das Interesse seitens der Interviewpartner war fast immer sehr hoch; insbesondere zu den Hintergründen der Migrationssituation vor Ort und dem Stand sowie Perspektiven der Koordinationsaktivitäten konnten umfassende Informationen gesammelt werden, die erarbeitete Befunde aus den Dokumentanalysen ergänzten.
Baiserend auf der empirischen Erhebung wurden die Ergebnisse der Studien in den Kommunen analytisch aufgearbeitet. Dabei wurden zunächst relevante Dimensionen und Akteure des Integrationsprozesses diskutiert sowie der dabei entstehende Koordinationsbedarf auf kommunaler Ebene dargestellt. Dem wurden die Lösungsansätze gegenübergestellt, die sich in den untersuchten Kommunen finden, und abschließend weitere Lösungsansätze und Perspektiven vorgestellt. Dabei wurden "best practices" sowohl hinsichtlich der praktischen Umsetzungsmöglichkeit als auch der integrationspolitischen Zielsetzung und den Erkenntnissen der Integrationsforschung hervorgehoben.
Abschließend wurden als Schlussfolgerungen aus den Befunden und der Analyse eine Reihe von Empfehlungen entwickelt; diese sind in Empfehlungen an interessierte Kommunen, an das Land Hessen und an dem Bund gegliedert. Bei den Empfehlungen werden auch Ergebnisse von bereits durch das efms vorgelegten Studien auf kommunaler und bundesdeutscher Ebene berücksichtigt.
Auftraggeber: Hessisches Sozialministerium, Wiesbaden
Abschluss: 3. April 2002
Bearbeiter: Wolfgang Bosswick, Gisela Will
Veröffentlichung:
Bosswick, Wolfgang / Will, Gisela: Integrationsangebote in ausgewählten hessischen Kommunen und ihre institutionelle Umsetzung. Wiesbaden 2002, 166 Seiten (deutsch) mit 67 Tabellen und 5 Abbildungen.
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