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Workshop on Human Smuggling: Transatlantic PerspectivesThema dieses Projektes war die Schleusung von Migranten mit dem Ziel, Expertenwissen über den Atlantik hinweg zu bündeln und darauf basierend Politikempfehlungen zu erarbeiten. Das Projekt wurde durch den German Marshall Fund of the United States gefördert. Im Frühjahr 2000 haben das efms und das Institute for the Study of International Migration at Georgetown University, Washington, zwei inhaltlich aufeinander aufbauende Seminare zum Thema durchgeführt, von denen das erste in Deutschland, das zweite in den USA stattfand. Teilnehmer waren internationale Experten aus Ministerien, Verwaltung und Justiz, aus der Migrationsforschung sowie weiterer Organisationen (NGOs), die sich aus verschiedenen Perspektiven mit dem Problem beschäftigen. Neben dem Austausch der Teilnehmer über Mechanismen, Formen und Ursachen des weltumspannend wachsenden Phänomens wurde dabei das Fundament für ein internationales Netzwerkes gelegt. Seminar in Tutzing, 8. und 9. März 2000 Am 8. und 9. März fand in Zusammenarbeit mit der Akademie für Politische Bildung in Tutzing das erste der beiden Expertenseminare statt. Folgende Themenschwerpunkte wurden dabei diskutiert: 1. Formen, Routen und Ursachen der Schleusung von Migranten Ziel der Eröffnungssitzung war, eine gemeinsame Diskussionsplattform zu schaffen. Gingen Schätzungen für 1993 noch davon aus, dass ca. 50.000 illegale Migranten in die EU-Mitgliedsländer geschleust wurden, so muß für 1999 EU-weit von ca. 400.000 Schleusungsfällen ausgegangen werden. Als problematisch erwies sich die Datensituation zu diesem Thema überhaupt, da es kaum valide Daten gibt. Erfasst werden können naturgemäß immer nur solche Schleusungen, die an den staatlichen Gegenmaßnahmen scheitern. Doch selbst diese Zahlen registrieren in der Regel nur die Anzahl der Fälle, die nicht notwendig mit der Anzahl der Geschleusten übereinstimmt. Ein stimmiger internationaler Vergleich der Daten wird durch national variierende Erfassungsmodi erschwert. Zusätzlich wurde erläutert, auf welche Datenquellen die offiziellen Stellen zugreifen, um über die von Schleusern genutzten Routen Aufschluß zu erhalten. Es zeigte sich eine große Bandbreite von Formen der Schleusung. Ein Trend geht zur Professionalisierung von Schleuserorganisationen. Ein Merkmal ist dabei das differenzierte, arbeitsteilige Vorgehen solcher Schleuserorganisationen. Die Führungsebene und die mittlere Stufe sind zumeist ethnisch homogen. Ganz unten in der Hierarchie stehen diejenigen, die die Migranten bei ihrem illegalen Grenzübertritt begleiten. Hierfür wird bevorzugt auf Ortsansässige zu beiden Seiten der betreffenden Grenze zurückgegriffen. Die Professionalisierung schlägt sich auch in einer breiter werdenden Palette von in Zusammenhang mit der Schleusung begangener Delikte nieder. Exemplarisch wurde hier die Beschaffung von Dokumenten angesprochen. Andererseits entsprechen längst nicht alle Schleuserorganisationen dem bei Medienmachern so beliebten Bild der skrupellosen Kriminellen. Fallstudien haben gezeigt, dass häufig Verwandte und Bekannte die illegale Migration ermöglichen. Vertrauen ist dann die Basis, auf der die Schleusung stattfindet. Ein soziologischer Ansatz, der versucht, die zunehmende illegale Migration zu erklären, geht von einem weltweit zusammenwachsenden Wertsystem aus. Die Attraktivität der Zielländer beruht darauf, dass sich hier diese Werte am ehesten verwirklichen lassen. Gleichzeitig wächst auch in Entwicklungsländern die Mobilität. Beides zusammen führt dazu, dass sich der Migrationsdruck erhöht. Nachdem dieser auf legalem Wege nicht abgebaut werden kann, entsteht eine große Nachfrage nach Dienstleistungen, die die Migration dennoch ermöglichen, also nach Schleusung. 2. Folgen der Schleusung und Situation illegaler Migranten Vor dem Hintergrund verschiedener Studien wurde die schwierige Situation illegaler Migranten beleuchtet. Durch die ständige Angst vor Entdeckung und Abschiebung stehen die Migranten unter einem extremen Anpassungsdruck. Sie sind mit ihrer Illegalität erpressbar. Diesen Umstand nutzen gut organisierte Schleuserbanden, um Migranten im Zielland auszubeuten, sie z.B. zur Prostitution zu zwingen. Arbeit finden die Migranten häufig über in den Zielländern bestehende Netzwerke der eigenen Ethnie. Auch hier geraten die illegalen Migranten leicht in Abhängigkeiten. Ihre Arbeit wird in der Regel schlecht bezahlt und findet oft unter unzumutbaren Bedingungen statt. In diesem Zusammenhang wurde die Doppelmoral der westlichen Gesellschaften angesprochen, die einerseits die illegale Einwanderung bekämpfen, andererseits aber einen Bedarf an dieser Form der Schwarzarbeit haben. Eingedenk dessen, dass eine immer schärfere Bekämpfung illegaler Migration die Entstehung und Ausdehnung von Schleuserorganisationen fördert, wurde auf alternative Lösungsansätze wie Legalisierungsprogramme und Amnestien verwiesen. 3. Bekämpfungsmaßnahmen der Zielländer und ihre Effektivität Hier wurden vor allem die Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland und der USA erörtert. Nach einer Einfürung in die deutsche Rechtslage wurde dargestellt, wie seit 1996 die Landeskriminalämter zusammen mit dem Bundeskriminalamt eine gemeinsame Strategie zur besseren Bekämpfung der Schleusung erarbeitetet haben, die seit 1998 umgesetzt wird. Dazu gehören u.a. der regelmäßige Informationsaustausch, die intensivere Zusammenarbeit mit verschiedenen weiteren Behörden sowie Richtlinien über die Belohnung von Zeugen. Aufgrund seiner geographischen Lage ist das Bundesland Bayern stark von Schleuserkriminalität betroffen. Die Schleierfahndung hat sich dabei als erfolgreiche Gegenstrategie bewährt. Erstmals wurde hier 1997 auch das beschleunigte Gerichtsverfahren in Schleusungsprozessen eingeführt. Eine vergleichende Studie über die bundesweite gerichtliche Sanktionierung von Schleusungsdelikten brachte gravierende Unterschiede der in den verschiedenen Bundesländern verhängten Strafen zutage. Neben den Maßnahmen auf nationaler Ebene wurde die Wichtigkeit internationaler Kooperationen besonders hervorgehoben. Auch die USA setzen bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität auf die verstärkte behördliche Zusammenarbeit. Dies gilt sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. So bestehen beispielsweise Kooperationen mit Rußland und Mexiko. Illegal eingewanderten Zeugen werden im Gegenzug zu ihren Aussagen in Schleusungsprozessen Aufenthaltgenehmigungen erteilt. In Anbetracht brutaler Schleuserpraktiken wird die Bekämpfung der Schleuserkriminalität in den USA als Gebot zum Schutz der Menschenrechte verstanden. 4. Vorbeugende Maßnahmen und ihre Effektivität In diesem Abschnitt ging es zunächst um Strategien, die Zielländer innerhalb ihrer eigenen Grenzen verwirklichen können. Dabei wurde die These aufgestellt, daß die Hilfe professioneller Schleuser umso mehr nachgefragt wird, je massiver illegale Grenzübertritte bekämpft werden. Zur Ausschaltung von Schleusern setzt der Gegenentwurf daher auf erleichterte legale Einreisemöglichkeiten bei gleichzeitiger Verschärfung der Kontrollen illegaler Migration im Inland. Diesem Entwurf wurde der insgesamt anwachsende Migrationdruck mit dem Hinweis entgegengehalten, dass schwer überwindbare Grenzen nicht geeignet seien, die steigende Nachfrage nach Schleusungen zu erklären. In der Folge wurden verschiedene Aufklärungskampagnen vorgestellt, die in Herkunftsländern ein Gegengewicht zu den Versprechungen der Schleuser zu schaffen versuchen, indem sie darstellen, was illegale Migranten in den Zielländern tatsächlich erwartet. Auch wenn sich der Erfolg solcher Kampagnen nicht quantifizieren läßt, so konnte doch über die positive Resonanz bei potentiell Betroffenen berichtet werden. Den Aufklärungskampagnen zuwider wirken das oft positive Image und das hohe Sozialprestige, das Schleuser in Herkunftsländern genießen. Es wurde außerdem darauf hingewiesen, daß es auch in den Zielländern an Aufklärung über das Phänomen mangelt. 5. Internationale Kooperationen im Kampf gegen Schleusung Ausführlich vorgestellt wurden hier Entstehung und Arbeit des Budapester Prozesses als dem Gremium mit der weltweit größten internationalen Beteiligung im Kampf gegen Schleusung und Menschenhandel. Anschließend ging es um die drei Ebenen, auf denen die Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten in der Bekämpfung der Schleuserkriminalität kooperiert: Zuerst ist hier die grenzsichernde Zusammenarbeit mit Nachbarländern zu nennen, zum Zweiten die Kooperationen entlang von Schleuserrouten und drittens die Beteiligung an multinationalen Projekten wie z.B. Europol oder Interpol. Schlußendlich wurde darauf hingewiesen, daß die Verbindung zwischen der globalisierten Wirtschaft, internationaler Migrationen und transnationaler Kriminalität von der Wissenschaft immer noch vernachlässigt werde, obwohl die Politik schon längst begonnen habe, auf diese Verknüpfung zu reagieren. Seminar in Washington, 4. und 5. Juni 2000 Das zweite Seminar der Reihe wurde am 4.-5. Juni 2000 in Washington in Zusammenarbeit mit dem Institute for the Study of International Migration at Georgetown University, Washington, und dem Center for Global Change and Governance at Rutgers University, Newark, durchgeführt. Förderung: The German Marshall Fund of the United StatesAbschluss: 2000 Bearbeiter: Tanja Wunderlich
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